Südöstlich von Reykjavík, ca. 20 km vom Stadtrand entfernt, kommt man an einem sehr aktiven Geothermalgebiet vorbei, direkt neben der Ringstraße. Wir machen hier gerne einen ersten Stopp, wenn wir Besucher vom Flughafen abholen, für einen ersten Island-Eindruck - denn hier dampft es und zischt und brodelt und riecht intensiv nach Schwefel. Ich mag den Geruch, dann weiß ich - ich bin wirklich in Island! Na gut, nicht alle Besucher reagieren positiv auf den Geruch, manche reden sogar von Gestank...
Im Juli 2024 hat es hier einen Erdrutsch gegeben, und die Veränderungen rund um den Fußweg durch das Hochtemperaturgebiet haben es mir wirklich bewusst gemacht, wie empfindlich die Natur ist und wie schnell einem alles mögliche um die Ohren fliegen kann - im wahrsten Sinne des Wortes.
Wenn man von Reykjavík über die Hochebene Hellisheiði Richtung Hveragerði fährt, kommt man an der Abzweigung zum Kraftwerk Hellisheiðarvirkjun vorbei. Fährt man hier Richtung Kraftwerk, zweigt nach wenigen Metern nach rechts noch eine kleine Straße (378) ab, die zur Skíðaskálinn führt, der Ski-Hütte in Hveradalir.
Hier gibt es ein kleines, aber sehr spannendes Geothermalgebiet, da man besuchen kann. Wie gesagt, wir machen hier gerne mit Besuch, den wir vom Flughafen abholen, einen ersten kurzen Stopp, und ich finde, es lohnt sich, auch wenn das Parken seit kurzem kostenpflichtig ist.
Dafür bekommt man hier aber auch etwas geboten:
Auf speziellen "schwebenden Gehwegen" kann man hier durch das Gebiet laufen und die Geothermie direkt erleben, riechen (es riecht wirklich ganz intensiv nach Schwefel!) und spüren. An den Wegen befinden sich Informationstafeln über die Geschichte dieses Geothermalgebiets und die Besonderheiten solcher Gebiete.
Dabei schweben diese Gehwege flexibel über der heißen Erde und haben nur wenige Kontaktpunkte zum Boden. So wird der Eingriff in die Natur miniert und die Wege können leicht verändern, angepasst und in Stand gehalten werden. Und die Anpassung an die sich verändernde Natur ist hier auch tatsächlich nötig.
Mitte Juli 2024 hat es hier einen Erdrutsch gegeben, am Hand südöstlich der Skihütte.
Vermutlich war es ein Zusammentreffen mehrerer Faktoren, das den Erdrutsch ausgelöst hat, so der zuständige Geologe von Reykjavík Energy vor Ort. Dabei hat sich ein breiter Strom grauer Ton vom Hügel herab zur Straße ergossen.
Laut dem Experten der Fernwärme-Firma gab es vermutlich eine Dampfaktivität in den Fumarolen im Boden, die die oberste Schichte der Erde schwächte, und bedingt durch die starken Niederschläge an dem Wochenende war der Boden wohl so mit Wasser gesättigt, dass er letztlich unter seinem eigenen Gewicht zusammen gebrochen sei. Der Erdrutsch habe die oberste Bodenschicht durchbrochen, dadurch sei es wohl zu einem starken Sieden in der heißen Quelle gekommen und der Quellton sei dann in alle Richtungen gespritzt. Der Erdrutsch, verbunden mit dem Ausfluss des Quelltons, sei vermutlich nicht allzu schnell vor sich gegangen, es habe wohl mehrere Minuten gedauert, bis der graue Schlamm die Schotterstraße erreicht hatte - und dort anhielt. Der Experte hält dieses Szenario zumindest für wahrscheinlicher, als dass eine plötzliche Dampfexplosion in der Quelle den Erdrutsch ausgelöst habe.
Im August 2024 wurden übrigens auch konkrete Pläne für eine geplante große Entwicklung an der Skíðaskáli bekannt gegeben:
Skizze der geplanten Neuerungen Quelle: mbl.is / Alternance |
In der Umgebung ist zudem eine Vielzahl von Aktivitäten geplant, darunter Lauf- und Radwege sowie Skipisten. Die Pisten sollen übrigens das ganze Jahr über nutzbar sein, der Hang soll hierfür mit entsprechenden Plastikmatten ausgelegt werden.
Ehrlich gesagt - ich bin mir noch nicht sicher, ob das Bauprojekt in dieser Form hier wirklich sinnvoll ist, mir persönlich wäre es jedenfalls zu riskant, hier Geld hinein zu stecken, in einem so aktiven Hochtemperaturgebiet, mitten zwischen heißen Wasserdampf, Gasen und spuckenden Schlammtöpfen, wo der heiße Dampf schon mal den Asphalt der Ringstraße zum Schmelzen bringt...
P.S.:
Foto von 2019 |
Falls Euch die Skihütte bekannt vorkommt, obwohl Ihr noch nie hier gewesen seit - dann liegt das vielleicht daran, dass Ihr den Film "Das erstaunliche Leben des Walter Mitty" gesehen habt.
Der Film ist ein US-amerikanisches Komödien-Drama von 2013, bei dem Ben Stiller Regie geführt und gleichzeitig die Hauptrolle gespielt hat.
Der Film handelt vom Leiter des Negativ-Archivs eines renommierten Magazins, der sich regelmäßig in Tagträumen verliert und dann plötzlich im realen Leben in Abenteuer gerät. So muss er in Grönland aus dem Helikopter eines betrunkenen Piloten in den eiskalten Nordatlantik springen und landet in einer Gruppe Haie, auf Island gerät er in den Vulkanausbruch des Eyjafjallajökull und schließlich wandert er zu Fuß durch Afghanistan - und die meisten Szenen seiner Abenteuer wurden auf Island gedreht, egal, ob sie in Grönland, Island oder Afghanistan spielen:
- Als Walter Mitty nach Grönland fliegt, landet er im Film am Flughafen von Nuuk - gedreht wurde die Szene am Inlandsflughafen Hornafjörður, 7 km nördlich von Höfn - in Island.
- Als Walter Mitty in einer Bar in Nuuk auf Grönland Bier aus Glasstiefeln trinkt - ist die Szene in Stykkishólmur gedreht, auf Snæfellsnes, wo die Fähre nach Flatey und in die Westfjorde ablegt.
- Als Walter Mitty im Film nach Stykkishólmur fährt, ist das wiederum in Seyðisfjörður gedreht - na ja, Stykkishólmur hatten sie ja schließlich schon für Nuuk verwendet.
- Als Walter Mitty schließlich durch Afghanistan radelt, kommt er am Skogafoss vorbei, an der Südküste Islands.
- In einer Szene, als der Vulkanausbruch auf Island unmittelbar bevorsteht, trifft Walter Mitty vor einem leeren Hotel / Restaurant eine isländische Familie und tauscht bei einem der Kinder seine Gummipuppe gegen ein Skateboard ein - diese Szene wurde hier vor der Skíðaskálinn gedreht.
Hier Bilder davon aus dem Film:
Man erkennt die Skíðaskálinn im Film auf jeden Fall gut, auch wenn die Farben im Film etwas verändert sind und das Nebengebäude mit dem verzierten Dach ergänzt wurde.
Mal abwarten, wie es hier in ein paar Jahren vielleicht aussehen wird...
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