Veränderungen - Erhöhte Aktivität im Geysir-Gebiet
Seit dem 19. Oktober 2024 berichtet die isländische Wetterbehörde (Veðurstofa Íslands), die auch für die Überwachung der Naturgewalten und der hiervon ausgehenden Gefahren zuständig ist, von einer ungewöhnlichen und erhöhten Aktivität der heißen Quellen im Geothermalgebiet Haukadalur.
Aufgrund der Meldungen in den Medien habe ich am Sonntag (27.10.) das gute Wetter genutzt, mir diese Veränderungen vor Ort anzuschauen. Dieselbe Idee hatten offenbar auch viele isländische Familien, so viel Isländisch habe ich hier normalerweise sonst selten gehört.
Der Strokkur bricht öfter, stärker und höher aus als sonst
Normalerweise bricht der Strokkur, der große aktive Geysir in diesem Gebiet, im Abstand von etwa 5 bis 10 Minuten aus, meist ein Mal, manchmal zwei Mal, sehr selten auch drei Mal hintereinander. Die Wassersäule erreicht dabei eine Höhe von bis zu 20 Metern, kann aber auch immer mal wieder deutlich kleiner ausfallen.
Foto vom August 2024 |
Durch die erhöhte Aktivität im Gebiet bricht der Strokkur aktuell aber immer wesentlich stärker aus.
Die Wolke der Wassereruption erreicht dabei eine Höhe von bis zu 30 Metern. Dabei sind die Eruptionen teilweise wohl sogar so heftig, dass auch Gesteinsmaterial und Steine mit in die Luft geschleudert werden.
Als ich gestern schon dabei war zu gehen, "eskalierte" der Strokkur gefühlt - erst hörte ich die Wasserfontäne und die Rufe der Menschen hinter mir, dreht mich noch einmal um und machte noch ein "Abschiedsfoto". Aber dann ging es weiter, der nächste Ausbruch folgte, und wieder einer, und wieder einer... Beim Mitzählen kam ich auf 9 oder 10 Ausbrüche hintereinander, aber ich war so überrascht, dass ich beim Zählen vielleicht durcheinander gekommen bin.
Anhand meiner Fotos komme ich jedenfalls auf mindestens 8 Ausbrüche hintereinander, zwischen dem ersten und dem letzten Foto liegen laut meiner Kamera etwas weniger als 3 Minuten.
In einem Zeitungsbericht vom 24. Oktober berichtete der Parkranger im Haukadalur übrigens von 12 Ausbrüchen innerhalb von 2 Minuten. So eine "Eskalation" vom Strokkur kommt derzeit also offenbar wirklich vor, ist aber an sich ausgesprochen ungewöhnlich.
Die Thermalquelle Blesi liegt oberhalb vom Strokkur. Normalerweise ist es hier ruhig, aber aktuell sieht das ganz anders aus. Der Weg direkt vor der Quelle, der erst diesen Sommer schön gepflastert wurde, ist abgesperrt, und es steht ein großes, solides Holzschild davor: "Lokað / Closed" und zwar "vegna hættulegra aðstæðna / due to dangerous condition".
Blesi ist eine heiße Quelle mit zwei verschieden farbigen Becken. Das Wasser aus der Quelle läuft zuerst in das erste Becken, das gefüllt ist mit farblosen, kochend heißem Wasser. Durch das heiße Wasser dampft dieses Becken auch je nach Außentemperatur unterschiedlich stark. Aus dem ersten Becken fließt ein Teil des Wasser dann über in das zweite Becken. Dabei kühlt sich das Wasser ab und die im Thermalwasser enthaltene Kieselsäure reagiert mit der Luft. Die Wasseroberfläche im zweiten Becken reflektiert dann die Umgebungsluft und so entsteht meistens eine herrlich leuchtende, intensivblaue Farbe.
Aktuell "kocht" Blesi aber geradezu - es dampft ganz gewaltig, an der einen Seite steigen kleine Blasen auf, die Blasen werden größer, es steigt langsam eine kleine Wassersäule auf, spritzt, sprudelt und blubbert, spritzt bis ins andere Becken und flutet die Umgebung. Dann wird es kurzzeitig wieder weniger - und beginnt dann erneut.
Ich habe das so absolut noch nie gesehen. Bekannte haben aber versichert, dass sie Aktivitäten in der Quelle schon erlebt haben. Phasenweise soll das Wasser hier schon früher eine Höhe von 0,5 bis 1 Meter erreicht haben. Ich kann es wirklich schlecht schätzen, aber gemessen an den Menschen im Hintergrund denke ich, dass das Wasser gestern teilweise sicherlich eine Höhe von mehr als 1 Meter erreicht hat.
Am Geysir selbst bisher keine Veränderung
Am Großen Geysir selbst gibt es wohl, trotz der gestiegenen Aktivität, bisher keine Veränderungen. Der Wasserspiegel lag gestern jedenfalls glatt und ruhig da, es stieg nur leichter Dampf auf aus der heißen Quellen.
Subjektiv: Auffallend hoher Wasserstand
Mein subjektiver Eindruck gestern war, dass die Wasserstände überall ungewohnt hoch waren. Ich hatte beim Strokkur das Gefühl, dass der Wasserstand im Becken höher war als sonst, es lief rundum über und die "Einfassung", aus der die Wassersäule nach oben schießt, was unter dem wogenden Wasser kaum zu erahnen.
Bei Blesi, wo man normalerweise gut die beiden Becken der Thermalquelle erkennen kann, hatte sich zwischen den beiden Becken scheinbar noch ein drittes Wasserbecken gebildet.
Und der Wasserlauf, der normalerweise sanft neben dem Weg zum Ausgang vor sich hin plätschert, rauschte gestern deutlich hörbar und und führte mehr Wasser, als ich es bisher je erlebt habe.
Die Umweltbehörde bittet die Touristen im Geysir-Gebiet aufgrund der erhöhten Aktivität um besondere Vorsicht und Abstand.
Die Situation vor Ort wird überwachtet, bisher konnte aber wohl noch keine eindeutigen Ursachen für die erhöhte Aktivität ermittelt werden. Möglicherweise haben Veränderungen des Grundwasserspiegels für mehr Druck in den heißen Quellen gesorgt. Die Behörde geht derzeit aber wohl davon aus, dass die Veränderungen noch im Rahmen der üblichen Variabilität des geothermischen Systems liege.
Das Geysir-Gebiet im Haukadalur ist eines der bekanntesten Gebiete mit Springquellen (goshverir) in der Welt, zumal eines der wenigen, die seit Jahrhunderten bekannt sind. Der Große Geysir ist damit wohl der älteste bekannte und noch (gelegentlich) aktive Geysir der Welt.
Im Jahr 1294 gab es ein großes Erdbeben in Südisland und in Schriften aus dem Ende des 13. Jahrhundert wurde der Große Geysir als heiße Springquelle in diesem Gebiet erstmals beschrieben. Geologische Untersuchungen weisen allerdings daraufhin, dass das Geothermalgebiet im Haukadalur wohl schon seit Ende der letzten großen Eiszeit auf Island vor rund 10.000 Jahren aktiv ist.
Der Große Geysir wurde 1647 erstmals namentlich erwähnt, nach mehreren großen Beben in Südisland ab 1630. Der Geysir brach damals zwar nicht regelmäßig aus, seine Wassersäule erreichte zu dieser Zeit aber wohl eine Höhe von ca. 60 bis 80 Metern. Im Laufe der Jahrhunderte veränderte sich die Aktivität des Geysirs immer wieder erheblich. Um 1845 schaffte er wohl eine Höhe von bis zu 170 Metern, ab 1900 nahm seine Akvitität jedoch stark ab, wohl weil die Oberfläche des Sees (= Kühlfläche) zu groß wurde. Teilweise wurde er durch Seifenlauge zum Ausbruch gebracht. Nach Erdbeben im Sommer 2000 bracht der Geysir erneut aus, mittlerweile ist der letzte Ausbruch aber schon eine Weile her.
Strokkur - Foto vom Dez. 2023 |
Strokkur-Ausbruch, Foto vom Febr. 2023 |
Das Gebiet unmittelbar um die heißen Quellen Geysir, Strokkur und Blesi wurde 1935 von dem isländischen Unternehmer Sigurður Jónasson (1896 - 1965) gekauft und dem isländischen Staat geschenkt. Das übrige Gebiet befindet sich aber weiter in Privatbesitz.
Das Geysir-Gebiet im Haukadalur wurde am 17. Juni 2020 als Naturdenkmal unter Schutz gestellt.
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