Samstag, 2. September 2023

Reykjavík - Frankfurt

Eine unerwartete Reise


Wir hatten für heute Nacht einen Flug mit Icelandair von Keflavík nach Frankfurt. Unpraktischerweise war ab gestern Abend Wetterwarnung - der erste Herbststurm des Jahres wurde erwartet. 

Tatsächlich sind wir auch geflogen, mit knapp 1,5 Stunden Verspätung ging es doch noch los - aber es war bis zuletzt spannend und ein ständiges Auf und Ab. Selbst als wir am Gate standen, war noch nicht klar, können wir fliegen oder nicht - und falls ja, wann?!? 

Wetterwarnungen vor dem ersten Herbststurm

Es war Sturm und Regen angesagt, ab Freitag gegen 18 Uhr sollte es anfangen, der Höhepunkt auf Reykjanes wurde zwischen 21 und 22 Uhr erwartet, mit den heftigsten Winden.
 
Icelandair hatte uns, aufgrund der Wetterwarnung, vorab angeboten, wir könnten ohne Aufpreis auf einen Flug 24 Stunden vorher umbuchen, ansonsten sollten wir halt abwarten und auf aktuelles Updates achten und unsere Kontaktdaten aktuell halten, damit man uns im Zweifelsfall erreichen könne. Wir haben uns für "abwarten" entschieden. 

Als wir gestern Nachmittag bei uns losgefahren sind, wurde es zwar schon zunehmend windig, aber alles noch sehr unaufregend. Ich habe auch noch mal auf der Homepage vom Flughafen geschaut - zu dem Zeitpunkt waren zwei Flüge abgesagt, ausländische Fluglinien, die nach Island und zurück hätten fliegen müssen. Na gut, klang ja auch noch alles ziemlich unspektakulär... 


Auf dem Schild vor der Hellisheiði wurde die Windgeschwindigkeit auf der Strecke mit 19 m/s angegeben, also knapp 70 km/h. Laut der Windwarn-Skala des deutschen Wetterdienstes also "stürmischer Wind", aber noch eine Stufe unter "Sturm". Und vor allem - es gab noch keine Warnung vor starken Böen. Ermutigend! 

Auf dem Weg von Hveragerði hoch zum Aussichtspunkt bei Kambar wackelte das Auto zwar ein paar Mal, aber alles gut, und danach war zwar Wind, aber zum Glück wirklich keine großen Böen. 

Unterwegs hatten wir mitbekommen, dass der Lufthansa-Flug, der ebenfalls um 0.25 Uhr von Keflavík nach Frankfurt gehen sollte, wegen der Wetterwarnungen abgesagt worden war. Gut, der Hinflug aus Frankfurt hätte um 23.30 Uhr auf Island ankommen sollen, also mitten in der schlimmsten Phase des Sturm laut Wettervorhersage, dass man da Bedenken hat, ob man überhaupt landen kann und ob man dann ggf. dort strandet, kann ich nachvollziehen. Lufthansa ist da ja oft vorsichtig. 

Wir kamen auf jeden Fall problemlos und heil über die Hellisheiði nach Reykjavík. Mittlerweile setzte der Regen ein und als wir am Anfang von Reykjavík ankamen, peitschte der Regen wirklich schon ordentlich und die Bónus-Tüte wehte im Wind über den Asphalt.


Böen auf der Reykjanesbraut bis zu 30 m/s

Etwas unangenehmer wurde die Fahrt auf der Reykjanesbraut, der Straße 41 von Reykjavík nach Keflavík. Es schüttete und es stürmte schon ordentlich. Laut App waren es zu dem Zeitpunkt dort gerade 20 m/s, in Böen 30 m/s - also gut 70 km/h und in Böen knapp 110 km/h. Und das ist dann schon "orkanartiger Sturm". Wir sind aber heil am Flughafen angekommen! 

Hinterher habe ich in den isländischen Nachrichten gelesen, dass es kurz vorher wohl einen Unfall auf der Strecke gegeben hatte, als ein Auto am späten Nachmittag während des Sturms von der Straße abkam... 

Wir waren vorsichtshalber, extra wegen der Wetterwarnung, schon gegen halb 9 am Flughafen, um 0.25 Uhr sollte unser Flug gehen. An den Schaltern herrschte gähnende Leere, dafür gab es eine riesige, lange Menschenschlange quer durch das Terminalgebäude. Weshalb..? Es waren gerade kurzfristig 8 Icelandair-Flüge in die USA abgesagt wurden und es kam dann die Durchsage, man solle sich anstellen für den Transfer mit einem Bus in ein Hotel... (Wie viele Hotelbetten, die kurzfristig frei und verfügbar sind, gibt es eigentlich in Keflavík, oder wenigstens in Reykjavík..?) 

Auf der Toilette traf ich eine junge Frau, die eigentlich mit Wizz Air nach Mailand fliegen wollte, der Flug sollte am Freitagabend kurz nach 18 Uhr gehen. Dann wurde er verschoben, erst auf 22 Uhr, dann auf kurz vor Mitternacht... Die junge Frau richtete sich in Gedanken schon auf eine Nacht am Flughafen ein. 


Es wurden dann nach und nach weitere Flüge kurzfristig abgesagt. 

Wir hatten unser Gepäck aufgegeben, waren durch die - sehr leere - Sicherheitskontrolle gegangen und saßen dann in der großen Halle. Irgendwelche Informationen gab es nicht, es war also Warten angesagt. 

Wir kamen noch mit einer jungen Frau ins Gespräch, die eigentlich mit Lufthansa um 0.25 Uhr nach Frankfurt hatte fliegen wollen: Sie hatte erst die Absage für ihren Flug bekommen. Eine halbe Stunde später dann die Mitteilung, dass sie auf den Icelandair-Flug um 0.25 Uhr nach Frankfurt umgebucht wurde. Also doch zum Flughafen - und warten... warten... warten... 

Wegen schwerem Sturm waren die Gangways ab 18 Uhr außer Betrieb

Irgendwann habe ich im Internet eine Zeitungsmeldung gefunden, dass am Flughafen die Gangways um 18 Uhr außer Betrieb genommen worden waren. Der Wind lag zu diesem Zeitpunkt bei mehr als 25 m/s (rund 50 Knoten, also über 90 km/h, d.h. schwerer Sturm, und man konnte die Passagiere nicht sicher aus den Flugzeugen bringen oder hinein.

Ab 18 Uhr konnten die Maschinen zwar noch landen, die Menschen saßen aber in den Flugzeugen fest und konnten nicht aussteigen, weil es zu windig war. Mindestens vier Maschinen standen auf dem Rollfeld und es ging gar nichts mehr. 

Zu dem Zeitpunkt dachte ich dann - Mist, sieht schlecht aus, wenn die Menschen nicht aussteigen können, wir sollen wir denn dann einsteigen können und abfliegen..?!?

Um kurz vor Mitternacht kam dann die Durchsage für die Passagiere nach Mailand: Sie sollten bitte ihr Handgebäck nehmen und wieder zurückgehen, alles abgesagt, der Flug könne erst am nächsten Tag um 13 Uhr starten. Juchhu... 

Ab 23.45 Uhr wieder eingeschränkter Betrieb

Für uns ging es  irgendwann weiter ans Gate, das wurde offiziell bekannt gegeben - aber auch hier tat sich erstmal so gar nichts und es gab auch keinerlei offizielle Informationen. 

Irgendwann kam ein bisschen Bewegung ins Spiel: Kurz vor Mitternacht kamen uns Menschen entgegen, die aus den Maschinen kamen, die auf dem Rollfeld standen. Um 23.45 Uhr waren die Gangways wohl wieder in Betrieb genommen wurde, die Passagiere konnten doch noch aussteigen, teilweise hatten sie über 5 Stunden in ihren Flugzeugen warten müssen. 

Also waren wir doch wieder ein bisschen optimistisch, vielleicht könnten wir doch noch starten..?!? 

Wir saßen dann am Gate und warteten. Eigentlich sollte der Flug um 0.25 Uhr starten, stand auch so am Gate - um halb eins stand es immer noch da, wurde aber doch langsam unwahrscheinlich... Dann erschien die Anzeige "0.40 Uhr", es tat sich immer noch nichts. Irgendwann ging dann Anzeige auf 1.10 Uhr, die Passagiere aus der gelandeten Maschine waren ausgestiegen, die beiden Mitarbeiter mit dem Putzwagen waren durchgegangen, aber es tat sich nichts, es gab keine Informationen... abwarten.


Die Leute, die direkt vorne am Einstieg standen, fragten nach - irgendwann bekamen sie dann wohl die Antwort, dass der Wind wieder zugenommen hatte, alles ungewiss.

Eine Maschine hatte Glück gehabt und hatte ein kurzes Zeitfenster nutzen können, das Flugzeug nach Gdansk war um 0.59 gestartet. Danach hatte der Wind aber wohl wieder zugenommen... Also weiter abwarten und hoffen. 

Ehrlich gesagt - ich wünsche mir in solchen Situationen eigentlich schon mehr Information / Kommunikation. Wenn man uns gesagt hätte, im Moment ist der Wind zu stark, aber wir hoffen, er lässt nach, dass wir beladen und starten können, aber es ist nicht sicher - dann hätte man sich zumindest darauf einstellen können. Aber so ganz ohne jede offizielle Kommunikation, keiner weiß, was los ist... das schafft mich dann noch zusätzlich... 

Irgendwann hieß es dann, die Maschine kann starten, wir dürfen einsteigen. Um 1.53 Uhr ging es tatsächlich doch los. Abflug!


Der Flug selber war relativ ruhig, glaube ich, auch wenn es natürlich sehr windig war und es auch ordentlich geregnet hat. 


Mit knapp einer Stunde Verspätung sind wir dann heute Morgen erfolgreich in Frankfurt angekommen. 


Heute früh habe ich übrigens online gesehen, dass der Flug nach Mailand, der eigentlich gestern Abend um 18 Uhr hatte starten sollen und nach mehreren Verschiebungen dann von Mitternacht auf 13 Uhr verlegt worden war, mittlerweile auf 18 Uhr abends verschoben worden war. Als ich dann später noch mal nachgeschaut habe, weil ich doch an die junge Frau denken musste, die ich auf der Toilette getroffen habe, habe ich gesehen - jetzt war der Flug endgültig abgesagt. Aflýst. Cancelled. 

Den halben Tag heute habe ich im Bett verbracht und verschlafen, und irgendwie bin ich immer noch k.o. Ich geh dann mal wieder schlafen. Gute Nacht, Welt! 




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