Donnerstag, 19. Juni 2025

Nammidagur

Süßigkeiten-Tag


Auf Island ist am Samstag "nammidagur", also "Süßigkeiten-Tag". 

Grundgedanke des "Süßigkeiten-Tags" war die Idee, dass die Kinder nicht jeden Tag Süßes essen sollten, und damit ihnen das nicht zu schwer fiel, gab es einen Tag, an dem sie naschen durften - eben am Samstag, dem "Süßigkeiten-Tag". 

In den Geschäften ist daher oft am Samstag "nammidagur", dann gibt es Rabatt auf die Süßigkeiten, die es zum Selbst-Abpacken in solchen Plastik-Boxen o.ä. in der "Nammibar" gibt - und das Süßigkeiten-Regal sieht am Ende des Tages auch ordentlich geplündert aus!

Süßigkeit heißt auf Isländisch sælgæti, weitere Synonyme sind zum Beispiel gotterí, gott, sætindi oder nammi

Daneben gibt es teilweise noch eher regionale Ausdrücke

So sagte man früher oft auch bolsía (Plural bolsíur) zu Süßigkeiten. Dieser Begriff geht auf das dänische Wort bolsje für Bonbon zurück. Der Ausdruck bolsía für Süßigkeiten hat sich aber offenbar im Norden Islands in der Region rund um Akureyri noch bis heute gehalten. 

In Húsavík spricht man dagegen teilweise von mæra statt von sælgæti o.ä. Im Sommer findet hier seit 1994 immer ein großes Stadt- und Familienfest statt, die mærudagar, zunächst im April, dann ab 1996 im Juni und mittlerweile immer am letzten Wochenende im Juli. Dabei schmücken die Bewohner farbenfroh ihre Stadtviertel, es gibt Kunstevents, Musik und Party und für Kinder gibt es einen Süßigkeiten-Wurf (nammikast). Es gibt sogar einen speziellen mærudagshlaup, bei dem die Kinder losziehen und sich in speziell markierten Häusern Süßigkeiten (= "mæra") abholen können. 

Süßigkeiten in der Nammibar

In vielen isländischen Geschäften wurden Süßwaren in der nammibar verkauft, in einem separaten Bereich im Laden, wo Süßigkeiten in speziellen durchsichtigen Plastikboxen o.ä. angeboten und nach Gewicht verkauft werden.

Teilweise gibt es das auch heute noch, ich kenne es z.B. aus dem Hagkaup-Supermarkt am Skeifan in Reykjavík, man nimmt sich ein Plastiktütchen und eine kleine Schaufel und füllt sich die gewünschten Leckereien ab, wiegt die Tüte und der Preis richtet sich dann entsprechend nach dem Gewicht. 

Nammiland im Supermarkt Hagkaup

Die Geschichte vom Nammidagur 

Soweit ich es gefunden habe, geht der nammidagur (= Süßigkeiten-Tag) auf eine Initiative der isländischen Zahnärzte in den 1980er Jahren zurück. 

Im Interesse der Zahngesundheit der isländischen Kinder und der späteren Erwachsenen vertraten die Zahnärzte die Auffassung, dass es besser ist, einen "Süßigkeiten-Tag" in der Woche zu haben, an dem dann auch mal etwas mehr gegessen werden durfte, statt jeden Tag etwas Süßes zu essen und so die Zähne oft Zucker und klebrigen Süßigkeiten auszusetzen. Dahinter stand wohl auch der Gedanke, dass es für die Kinder einfacher wäre, sechs Tage die Woche eben keine Süßigkeiten zu essen, wenn sie wüssten, am "nammidagur" dürfen sie dann aber naschen, so viel sie wollten. 

Die Initiative hatte somit zwei Hauptziele

Einerseits sollte die Menge an Süßigkeiten, die die Kinder aßen, reduziert werden, wenn sie Süßkram nicht mehr täglich, sondern nur noch einmal in der Woche essen dürften, zum anderen sollten die Kinder am Süßigkeiten-Tag, wenn sie sich satt gegessen hatten, nach dem Essen die Zähne putzen

Bei den Isländern, einer Nation, die im Allgemeinen süßen Leckereien sehr zugetan ist, fiel dieser Gedanke des nammidagur offenbar auf fruchtbaren Boden und in vielen Familien wurde der Süßigkeiten-Tag einmal die Woche am Samstag zur Tradition. 

Süßigkeiten in der Nammibar

Daraufhin begannen die Geschäfte, am Samstag bis zu 50 % Rabatt auf ihre Süßwaren zu geben, also auf die Süßigkeiten, die zum Selbst-Abfüllen in solchen Plastik-Boxen verkauft wurden. Allerdings nahm das teilweise schon beachtliche Ausmaße an und der Boden "Nammibar" war am Samstagnachmittag dann übersät mit heruntergefallenen Süßigkeiten.  


Nammigrís - Naschkatze

Ein Schleckermaul bzw. eine Naschkatze, also eine Person, die gerne nascht, ist auf Isländisch übrigens ein "nammigrís", wörtlich ein "Süßigkeiten-Ferkel". 

Dieser Begriff wird allerdings nicht abwertend verwendet, sondern eher scherzhaft. Der Ausdruck hat also nichts damit zu tun, dass die nammibar am Ende des nammidagur vielleicht mal wieder aussieht wie ein Saustall... 



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