Der zwölfte Vulkanausbruch hat heute Nacht begonnen
Da wacht man morgens friedlich auf, wirft einen ersten Blick auf das Handy - und sieht direkt eine WhatsApp-Nachricht mit "Eruption".
Ups! Ja, sicher, die Landhebung auf Reykjanes war seit dem letzten Ausbruch weitergegangen, es war mittlerweile das Niveau vom letzten Ausbruch überschritten, man konnte also potentiell mit dem nächsten Ausbruch rechnen. Aber wann es nun wirklich losgeht, kann man eigentlich erst sagen, wenn es soweit ist...
Ich habe dann den Fernseher eingeschaltet - erst einmal war nur dichte graue Wolke zu sehen.
Es wechselt sehr, ob man aufgrund der von der Eruptionsspalte aufsteigenden Wolke etwas erkennen kann oder nicht.
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Sondersendung ab 12 Uhr im Fernsehen zum Ausbruch (mit Gebärdendolmetscherin) |
Es handelt sich aktuell um den zwölften Ausbruch auf Reykjanes seit dem ersten Ausbruch am Fagradalsfjall im März 2021, es ist der neunte Ausbruch in der Sundhnúkur-Kraterreihe (Sundhnúksgígar) seit Dezember 2023.
Der Ausbruch kündigte sich ab Mitternacht an:
Gestern Abend um 23.55 Uhr begann ein Erdbebenschwarm in der Sundhnúkur-Kraterreihe, über hundert Erdbeben wurden innerhalb eine Stunde registriert. Der Katastrophenschutz stufte die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs als hoch ein. Grindavík und Svartsengi wurden evakuiert. Hiervon waren auch rund 200 Menschen im Hotel an der Blauen Lagune betroffen sowie die Besucher auf dem Campingplatz in Grindavík.
Grindavík ist geschlossen, ausgenommen Rettungskräfte, Anwohner und Mitarbeiter vor Ort.
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Quelle: vedur.is |
Der Ausbruch begann dann kurz vor 4 Uhr nachts. Auf einer Webcam von RUV kann man die erste rotglühende, sprudelnde Lava aus dem Spalt um 3.53 Uhr erkennen.
Die Ausbruchsstelle befindet sich südöstlich von Litla-Skógfell, in einem ähnlichen Gebiet wie bei der Eruption im August 2024. Der Spalt war zunächst etwa 700 Meter lang (s. Karte), mittlerweile hat sie sich aber bis 10 Uhr vormittags auf etwa 2 km verlängert. Die Experten der zuständigen Behörde gehen aktuell davon aus, dass es sich - gemessen am Lavafluss - um eine eher kleinere Eruption handelt. Im Moment fließt der Lava hauptsächlich nach Osten, zum Teil aber auch nach Westen.
Bei einem Erkundungsflug der Veðurstofa, der isländischen Wetterbehörde, mit einem Hubschrauber der isländischen Küstenwache wurde heute Vormittag festgestellt, dass die Eruption nicht mehr auf eine einzige Spalte beschränkt ist:
Die größere Spalte, die sich heute Nacht geöffnet hat, wird jetzt auf ca. 2,4 km geschätzt. Aber auch weiter westlich vom Fagradalsfjall hat sich eine zweite Spalte aufgetan, deren Länge aktuell auf rund 500 Meter geschätzt wird.
Die Gaswolke vom Vulkan zieht derzeit von der Ausbruchsstelle Richtung Nordwesten. Die Anwohner in Reykjanesbær, Vogar, Sandgerði und Garður werden gebeten, wegen der Gasbelastung durch den Vulkanausbruch Türen und Fenster geschlossen zu halten, Klimaanlagen abzuschalten und nach Möglichkeit durch die Nase zu atmen.
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Quelle: vedur.is |
Die Messwerte für Schwefeldioxid sind heute Morgen gegen 8 Uhr in Njarðvík in den roten Bereich gestiegen. Mittlerweile geht der Wert wieder zurück. Der Höchstwert lag bisher bei 6.284 μg/m³, aber 2.600 μg/m³ gilt es als "ungesund" für Menschen.
Auch bei gesunden Menschen können bei solchen Werten Husten, Kopfschmerzen und Reizungen von Augen, Nase und Rachen auftreten, empfindliche Personen können schwerwiegendere Symptome entwickeln. Hier wird von einem Aufenthalt im Freien abgeraten.
Die Straßen rund um Grindavík sind gesperrt, ebenso wie der Zugang zu der Stadt für die Öffentlichkeit. Auch die Blaue Lagune ist geschlossen.
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Quelle: umferdin.is |
Nornahár - Hexenhaare
Im Moment gibt es zahlreiche Berichte von Anwohnern auf Reykjanes über die sog. "Hexenhaare", auch auf dem Parkplatz vom Flughafen in Keflavík wurden diese "Haare" auf den Autos gefunden. Scheinbar gibt es dieses Mal mehr "Hexenhaare" als bei den vergangenen Ausbrüchen.
Hier ist unbedingt Vorsicht geboten!
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Quelle: mbl.is |
Dieses Bild hier hat lt. Morgungblaðið der Parlamentarier Jóhann Friðrik Friðriksson, ein Abgeordneter der Fortschrittspartei im Alþingi, der in Reykjanesbær wohnt, heute auf Facebook gepostet.
Die "Hexenhaare" sind sehr dünne, zerbrechliche Glasfasern, die sich bei Vulkanausbrüchen bilden, wenn Lavaspritzer sich schnell abkühlen und dabei vom Wind in die Länge gezogen werden. Diese "Haare" sind hell und leicht goldblond, so dass sie optisch an menschliche Haare erinnern. Sie sind sehr leicht und können sich, je nach Wind und Wetterbedingungen, in einem relativ großem Umkreis verbreiten.
Die sog. Hexenhaare sind spröde und spitze Splitter können leicht in die Haut eindringen. Daher wird empfohlen, es nicht mit bloßen Händen zu berühren. Es ist auch keine gute Idee, die Hexenhaare mit der Hand vom Auto zu entfernen! Das kann sowohl zu Verletzungen an den Händen als auch zu Kratzern im Lack führen. Es wird empfohlen, die Hexenhaare von Autos und Scheiben wegzublasen und mit Wasser abzuspülen.
Hexenhaare können Haut- und Augenbeschwerden verursachen, die Menschen auf Reykjanes werden daher dringend zur Vorsicht aufgefordert.
Auf Deutsch werden diese "Hexenhaare" oft als "Pele-Haare" bezeichnet, nach Madame Pele, der hawaiischen Göttin des Feuers und der Vulkane, die in einem Krater beim Vulkan Kilauea lebt.
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Blick vom Flugzeug auf den Vulkanausbruch vom 13. April 2024 |
Für den Flugverkehr besteht nach derzeitigem Stand keine Gefahr, ebenso wie bei den letzten elf Ausbrüchen der Flugverkehr nicht beeinträchtigt war.
Nur zwei Flüge der Fluggesellschaft United Airlines wurden abgebrochen und sind in der Luft wieder umgekehrt. Der Flug UA 138, der gestern Abend gegen 21.20 Uhr Ortszeit in Newark im US-Bundesstaat New Jersey gestartet war, drehte vorsichtshalber auf halbem Weg über Neupfundland wieder um und landete nach 6 Stunden Flug wieder in Newark. Und auch der Flug UA 912, der gestern zur selben Zeit in Chicago gestartet war, drehte unterwegs wieder um und kam gegen 4 Uhr wieder in Chicago an. Bei dem Flug von Newark habe ich bei Facebook gelesen, es habe eine Durchsage im Flieger gegeben, dass die Bedingungen in Keflavík wegen einer möglichen Aschewolke nicht sicher sei. Alle anderen Flüge, darunter auch die Flüge von Icelandair von Newark (gelandet um kurz von 6 Uhr) und von Chicago (gelandet 9.40 Uhr), wurden problemlos durchgeführt.
Der Flughafen Keflavík ist ganz normal in Betrieb.
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