Grýla, das fiese alte Trollweib, lebt
in einer Höhle, hoch oben in den isländischen Bergen, im Schnee
und Eis des Hochlandes. Sie liegt meistens in ihrer Höhle, zu faul
zum Aufstehen, aber wenn ihr Hunger gar zu groß wird, entfacht sie
doch ihr überbrodelndes Höllenfeuer und scheucht ihre Söhne, ihr einen Menschen oder noch lieber ein zartes frisches Kind zum Essen zu bringen. Wenn Grýla
kocht, bricht der Vulkan aus.
Grýla hatte in jüngeren Jahren einen
ziemlichen Verschleiß an Männern, aber ihr dritter Ehemann Leppalúði
darf jetzt doch bleiben, denn er ist (so für einen Troll) recht
umgänglich und vor allem viel zu faul, um fremdzugehen oder gar
seiner Frau zu widersprechen.
Neben Grýla und ihrem dritten Ehemann
leben in den Höhlen dort oben noch Grýlas zahlreiche Söhne –
dreizehn der Söhne, nämlich die Jólasveinar, die 13
Weihnachtsgesellen, stammen von Leppalúði
und zusammen mit der großen schwarzen Katze Jólakötturin, der
Weihnachtskatze, ist es ihre Aufgabe, unartige Menschenkinder zu
fangen, damit Grýla sie dann kochen kann.
Bei ihrer Suche nach bösen Kindern
streiften die Jólasveinar durch die Höfe der Menschen und, da sie
nun einmal Trolle sind und ständig Unheil stiften, klauten sie
irgendwann auch das Essen der Menschen – und stellten begeistert
fest, dass es viel leckerer war als die Gerichte, die Grýla ihnen so
vorsetzen konnte. Also begannen die Jólasveinar, bei ihren Ausflügen
zu den Menschen denen das Essen zu klauen – und was sie sonst noch
so Schönes dort finden konnten. Und in der Weihnachtszeit findet man
natürlich besonders viele schöne Sachen und besonderes leckeres
Essen dort!
Aber da die 13 Weihnachtsgesellen
eigentlich recht umgänglich sind, wenn auch ein bisschen
ungehobelt und tapsig, bekamen sie mit der Zeit ein schlechtes
Gewissen, weil sie die Menschen immer heimlich beklaut haben, und
legten ihnen als Entschuldigung etwas Hübsches in den Garten oder
auf den Hof, also ganz besonders schöne, große Steine. Leider
mussten sie feststellen, dass die Menschen sich darüber so gar nicht
freuten – aber selbst Trolle sind manchmal ein wenig lernfähig,
und heutzutage stellen die Kinder in Island ihre Schuhe auf die
Fensterbänke oder hängen Socken an die Türklinken, und wenn sie
brav waren, legen ihnen die Jólasveinar kleine Geschenke hinein, um
den Menschenkindern eine Freude zu machen – aber wenn sie nicht
brav waren, findet das eine oder andere Kinder auch mal eine
verfaulte Kartoffel in seiner Socke.
Jedenfalls hat Grýla schon lange kein
Kind mehr zwischen ihre morschen Zähne bekommen, da die Jólasveinar ihrer Aufgabe nicht mehr nachkommen, und die Gesellen sind bei den Kindern
in Island sehr beliebt und werden in der Weihnachtszeit immer
sehnsüchtig erwartet. Wegen der Geschenke, die sie den Kindern in
die Schuhe und in die Socken legen, gelten sie mittlerweile als die
„13 isländische Weihnachtsmänner“, und kaum einer denkt noch
daran, dass sie eigentlich Trolle sind.
Besucht man zur Weihnachtszeit
Reykjavík, kann man überall die isländischen Weihnachtsmänner
treffen – und natürlich die Weihnachtskatze...
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