Sonntag, 17. August 2025

Í norðurhluta landsins

Im Norden des Landes


Wir haben spontan zwei Tage Urlaub gemacht und sind in den Norden Islands gefahren, zumindest bis nach Sauðárkrókur. 

Wir waren am Basaltfelsen Hvítserkur, an den Wasserfällen Kolufossar und haben Jón Ósmann getroffen. Wir haben im Kaffi Schwarzwald in Helluland leckere Schwarzwälder Kirschtorte und Frankfurter Kranz gegessen. Wir haben im Jahr 1238 in der "Battle of Iceland" gekämpft. 

Und auf dem Rückweg haben wir noch kurz beim Kirchdort Glaumbær, mein Mann hat an der neuen Pfarrkirche von Blönduos immerhin nicht an der Kirchenglocke geläutet und zum Schluss waren wir noch beim Seehundzentrum von Hvammstangi. Danach sind wir dann durchgefahren nach Hause.

Mehr über die einzelnen Stationen unseres Urlaubs erzähle ich Euch dann noch in den nächsten Blog-Beiträgen.

In Sauðárkrókur waren wir übrigens zum ersten Mal im Jahr 2004, auf unserer ersten Island-Reise haben wir damals im Hótel Tindastóll übernachtet. Wir haben uns beide kaum verändert in den letzten 21 Jahren, das Hótel Tindastóll und ich, findet Ihr nicht auch?!? 




Montag, 11. August 2025

Und wieder ein neuer Lopapeysa

Alles dasselbe Strickmuster, sieht aber in unterschiedlichen Farben immer wieder ganz unterschiedlich aus..!

Dieses Muster hier stammt aus  aus einem finnischen Strickbuch für isländische Muster, an dem auch eine auf Island lebende Deutsche mitgewirkt hat (irgendwie ist die Island-Welt manchmal doch ziemlich klein!). Das Buch habe ich mir im Februar 2023 gekauft. 

Im Buch ist angegeben, dass sich das Muster "leicht strickt", und tatsächlich finde ich es herrlich einfach und es entwickelt sich so aus sich selbst heraus, dass es mir wirklich reicht, einmal zum Anfang jeder Reihe auf das Muster im Buch zu schauen und der Rest der Reihe ergibt sich dann quasi von selbst. 

Von daher ist das hier immer noch mein aktuelles Lieblingsmuster

Es lässt sich herrlich schnell stricken, finde ich - deshalb habe ich es schon mehrfach verstrickt und bin immer noch ganz begeistert. Alle Pullover und Jacken sind übrigens aus Léttlopi-Wolle, also mittlere Dicke bei Island-Wolle.

Ich glaube, ich habe das Muster mittlerweile in 7 verschiedenen Varianten gestrickt:

Zuerst habe ich das Muster zuerst für mich als Strickjacke gestrickt, mit Kapuze für möglichst viel Alltagstauglichkeit, in einem richtig schönen frischen Gritzegrün mit Gelb, Rot und Lila. 


Und weil die Jacke meiner Schwester so gut gefallen hat, habe ich ihr dann dasselbe Muster auch als Jacke gestrickt - Grundfarbe Schwarz mit Braun, Gelb und Grün. 


Später hat mein Mann dasselbe Muster als klassischen Lopapeysa (= Pullover) bekommen, in Islandfarben - Hauptfarbe Blau mit Rot und Weiß.


Eine liebe Freundin hat das Muster dann als Pullover in Lila, Grau und Weiß bekommen - passend zu den lila Lupinen hier.


Und einer anderen lieben Freundin habe ich das Muster als Rollkragen-Pullover in Türkisgrün, Hellgrün und Pink gestrickt. Es war ein Überraschungsgeschenk zu ihrem Umzug und irgendwie waren das einfach die Farben, die ich spontan mit ihr verbinde. Dieses Mal gab es den Lopapeysa mit passender Mütze dazu mit schönen plüschigen Bommeln.


Und weil Kind 4 irgendwie doch größer geworden ist und seinen bisherigen Lopapeysa mit Wikinger-Muster ausgewachsen hat, gab es für ihn dann Anfang des Jahres auch einen neuen Pullover - auf Wunsch des Bestrickten mit offenem Kragen zum Umschlagen. Die Farben hat er sich selber ausgesucht im Laden, und sich als Grundfarbe für "Hafblár" entschieden (= "Meerblau"), dazu "Vertrarbraut" (= "Sternennebel") und "Bleik samkemba" (= "pinke Symphonie"). Ach so, ja - auf dem Foto hier trägt mein Mann den neuen Lopapeysa unseres Jüngsten. 


Diese aktuelle Version hier habe ich zu Beginn des Sommers für eine liebe Verwandte gestrickt - ich hatte sie vorher gefragt, was ihre Lieblingsfarben sind - die Antwort war: Orange, Dunkelrot, Lila, Schwarz und ein saftiges Grün. Na gut, wie saftig das Grün ist, darüber kann man wahrscheinlich geteilter Meinung sein, aber im Großen und Ganzen konnte ich die Farben ganz gut umsetzen, finde ich. Und ich habe den Lopapeysa mit Kapuze gestrickt - weil ich weiß, wie sehr sie Hoodies liebt. Geht mir ja genauso! 


Noch bin ich etwas gehandicapt nach meinem Terrassen-Sturz im Juli, so ganz richtig ist meine linke Schulter leider immer noch nicht und ich kann noch nicht wieder so stricken, wie ich gerne würde - das fehlt mir wirklich sehr! Aber ich hoffe, das wird schon wieder... zwei angefangene Strick-Projekte habe ich hier noch liegen und Wolle für das nächste Projekt habe ich auch schon gekauft! 


Frostlausi kaflinn á enda runninn

Mitternacht
Die frostfreie Zeit geht zu Ende


Der Sommer geht zu Ende. 

Letzte Nacht (vom 10. zum 11. August) wurden im Südwesten Islands wieder Temperaturen unter dem Gefrierpunkt gemessen. Die niedrigste Temperatur wurde vom Wetterdienst in Þingvellir gemessen mit - 1,3° C

Damit dauerte die Zeit ohne Nachtfrost im Hochsommer dieses Jahr 27 Tage

Das letzte Mal war am 13. Juli in Þykkvibær eine Nachttemperatur von - 0,1° C gemessen worden. 

Zum Vergleich:

Im Rekordsommer 2021 (mit hohen Temperaturen und wenig Niederschlag, besonders im Norden und Osten Islands) dauerte die frostfreie Zeit vom 1. Juli bis zum 6. September, d.h. beachtliche 67 Tage

Dafür hatten wir letzte Nacht schon die ersten Nordlichter der Saison, wenn auch nur recht schwach zu erkennen, weil es doch noch relativ hell ist... 




Sonntag, 10. August 2025

Gleðigangan 2025

Reykjavík Pride am 9. August 2025


Gestern war ein ereignisreicher Tag - es ist das "norræna rósahelgi", das "Wochenende der nordischen Rosen", unsere einen Nachbarn hatten mindestens 30 Rosenzüchter-Freunde hier, die ihre Rosen fachkundig bewundert haben. Die anderen Nachbarn hatten scheinbar ihren Motorrad-Club zu Besuch. Und wir waren wieder beim Gleðiganga, der alljährlichen Pride Parade in Reykjavík.

Das isländische Wort "gleðiganga" bedeutet übersetzt "Lauf der Freude". 

Die "hinsegin dagar", die "queeren Tage", werden seit 1999 in Reykjavík gefeiert. Die Pride Parade ist der Höhepunkt der Reykjavík Pride. Sie bringt lesbische, schwule, bisexuelle und pansexuelle Menschen, Transmenschen, Intersexuelle und andere queere Menschen zusammen, gemeinsam mit ihren Familien und Freunden. Der Marsch ist sowohl ein Marsch für queere Menschen, der Gleichberechtigung, Beseitigung von Diskriminierung und Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft fordert, als auch eine Plattform, um das zu feiern, was bisher in diesem Kampf erreicht wurde. Die erste Parade hier fand im Jahr 2000 statt, mit rund 12.000 Besuchern. Heute ziehen die hinsegin dagar regelmäßig rund 100.000 Menschen an; mehrere 10.000 Besucher feiern mit an der Strecke der Pride Parade.

Frelsi til að vera þú - 
Die Freiheit, Du selbst zu sein

Auch eine Ministerin nahm dieses Jahr am Gleðiganga teil, Hanna Katrín Friðriksson, Ministerin für Industrie und Mitglied der Partei Viðreisn (= liberale und EU-freundliche "Reformpartei", 2016 von ehemaligen Mitgliedern der "Unabhängigkeitspartei" gegründet). 

Gegenüber Medienvertretern erklärte die Ministerin, dass "Reykjavík Pride selten so wichtig war wie heute". Sowohl in Island als auch auf der ganzen Welt gibt es "Rückschläge", so die Ministerin, daher war es "selten so wichtig wie jetzt, zusammenzukommen und Solidarität zu zeigen", "zu zeigen, dass wir hier in Island die Freiheit aller Menschen respektieren und wissen, wie man Spaß hat". "Wir wollen eine freie, offene Gesellschaft."

Reykvaík - Borgin okkar allra
Unser aller Stadt

Island gilt als eines der LGBTQ+-freundlichsten Länder der Welt. In der Gesetzgebung war Island immer wieder Vorreiter für die vollen Rechte von queeren Menschen. Auch die gesellschaftliche Akzeptanz ist auf Island höher als in den meisten anderen Ländern. Aber auch auf Island gibt es Rückschritte, es kommt auch hier zunehmend zu Anfeindungen. 

Umso wichtiger ist es, jetzt Solidarität und Unterstützung für queere Menschen und ihre Freiheit zu bekräftigen. Sagt Páll Óskar, queerer isländischer Sänger und Ikone und ESC-Sänger für Island 1997, der auch dieses Jahr 2025 wieder beim Gleðiganga dabei war und seine Version von "I am what I am" (= "Ég er eins og ég er") beim Umzug gesungen hat. Sagt Hanna Katrín Friðriksson, die Industrie-Ministerin. Sagen die rund 100.000 Menschen, die am Zug gestanden und der Parade zugejubelt haben. Sagen auch wir. 

Wir waren gestern rechtzeitig vor Beginn der Parade an der Hallgrímskirkja. Hier konnten wir noch zuschauen, wie die Teilnehmer sich vorbereitet haben, die Wagen rangiert wurden, alles bei strahlend blauem Himmel und absolut traumhaften Wetter. 






Auch die Stadt hatte sich vorbereitet und herausgeputzt - selbst die Blumenrabatten vor der Hallgrímskirkja waren mit Blumen in Regenbogenfarben bepflanzt. Richtig schön!



Nach dem Glockenläuten der Kirche um 14 Uhr setzte sich die Parade in Bewegung. 


Voran zwei Polizisten auf Motorrädern und dahinter ein Meer an Regenbogenfahnen, fröhlich, bunt und laut. 


Himmel und Menschen waren auf den Beinen - und das ist gut so!










Öll velkomin -
alle willkommen!



Der Wagen, auf dem Páll Óskar und sein Mann Antonio dieses Jahr mitfuhren, war ein großer bunter Schmetterling, mit vielen anderen Schmetterlingen dabei. Schmetterlinge beginnen ihr Leben als Puppe und werden dann ein großer, bunter Schmetterling - Páll Óskar verglich das mit der Erfahrung queerer Menschen, wie es sich anfühlt, wenn man über die Schwelle tritt und sich outet. 

Als wir nach dem Umzug zurück zum Auto gingen, kam uns auf der noch gesperrten Skólavörðustígur schon der Kehrwagen entgegen, der die Straße wieder sauber machte, und ein Baufahrzeug, das die Straßensperre wieder wegbrachte. 


In diesem Sinne: Gleðilega hátið - Happy Pride!




Freitag, 8. August 2025

Uppfærsla: Banaslysið við Reynisfjöru

Altes Foto vom Dez. 2011
Update zum tödlichen Unfall in Reynisfjara 


Am Samstag (02.08.2025) gab es einen tödlichen Unfall in Reynisfjara, bei dem ein 9-jähriges Mädchen aus Deutschland ums Leben kam, das mit seiner Familie dort am Strand war. 

Das Mädchen, seine ältere Schwester und ihr Vater wurden von einer Welle erfasst. Vater und Schwester konnten sich retten, das 9-jährige Mädchen nicht mehr. Rettungsteams, Polizei und freiwillige Helfer waren im Einsatz. Nach 2 Stunden meldete die Polizei, die Besatzung des Hubschraubers habe das Mädchen gefunden. Es konnte nur noch der Tod des Kindes festgestellt werden. 

Von Augenzeugen sind mittlerweile weitere Einzelheiten zu den Bedingungen vor Ort im Unfallzeitpunkt bekannt. 

Beim Morgunblaðið (mbl.is) ist ein Artikel erschienen mit dem Bericht eines Ehepaares aus Estland, die mit ihren Kindern und Freunden Zeugen des Unfalls am Strand von Reynisfjara wurden. 

Außerdem haben wir zufällig diese Woche in einem Kaffi in Sauðárkrókur zwei deutsche Frauen getroffen, die ebenfalls Zeuginnen des Unfalls waren und davon erzählt haben. 

Sowohl das estnische Paar als auch die deutschen Frauen berichten übereinstimmend, dass im Unfallzeitpunkt die Ampel am Strand auf Gelb stand. Es war aber starker Wind und Wellengang und das Wasser reichte, wie man auch auf diesem Foto aus dem MBL-Artikel sehen kann, bereits bis an die Ecke des Felsens. Als der Unfall passierte, sollen sich rund 200 Besucher am Strand befunden haben.

Quelle: mbl.is
(Foto von Raiko Suurna)


Auf dem Bild hier ist die Wasserlinie relativ weit von den Basaltsäulen vorne an der Ecke entfernt. Im Unfallzeitpunkt reichte das Wasser bis zu den Basaltsäulen. 

Man konnte nicht um die Basaltsäulen am Strand herumgehen, daher kletterten offenbar etliche Besucher (wie hier auf diesem alten Bild in einem anderen mbl-Artikel zu Reynisfjara) über die Basaltsäulen unten, um zur hinteren Höhle zu gelangen. Das ist potentiell lebensgefährlich!

Quelle: mbl.is
(Foto Kristinn Magnússon)

Laut Augenzeugen waren bereits andere Besucher direkt vor dem Unglück in schwierige Situationen geraten, es sei "absehbar" gewesen, dass etwas passieren könne bei den Bedingungen und den Besuchern vor Ort.

Die Mutter der deutschen Familie war offenbar vorne am Strand geblieben, während der Vater und die Töchter über die Basaltsäulen zur hinteren Höhle gegangen waren. 

Nach den Berichten der Augenzeugen waren der Vater und die beiden Töchter wohl in der hinteren Höhle vom Wasser eingeschlossen, als plötzlich eine unerwartet hohe Welle die Familie erwischt. Alle drei wurden demnach von der Welle umgerissen. Der Vater und das 12-jährige Mädchen schafften es, sich an Land zu halten, aber das 9-jährige Mädchen wurde von der Welle aufs Meer mitgerissen.

Den Augenzeugen-Berichten nach lief die 12-jährige Schwester wohl direkt zurück zum vorderen Strandbereich und schrie verzweifelt um Hilfe. Der estnische Mann rief nach eigenen Angaben sofort die Notrufnummer an und versuchte dann selbst zu helfen bzw. Hilfe zu holen, seine Frau versuchte, sich um das ältere Mädchen zu kümmern. Sie warnten auch andere Touristen vor Ort, die vor lauter Wind und Wellen nichts von dem Unfall mitbekommen hatten. 

Mehrere Besucher versuchten offenbar, dem Mädchen im Meer einen Rettungsring zuzuwerfen, aber ohne Erfolg. Das Seil sei zu kurz gewesen, gab der Augenzeuge an. Drei oder vier Männer hatten demnach große Probleme, das Seil wieder zurückzuziehen, nachdem sie den Ring immer wieder geworfen hatten. Sie konnten das Mädchen mit dem Rettungsring, den es am Strand gab, nicht mehr erreichen. 

Ausschnitt aus einem Instagram-Video
(Quelle: mannlíf.is)

Andere Besucher kümmerten sich derweil offenbar um die ältere Schwester bzw. hielten den Vater und die Mutter des verunglückten Mädchens fest, die wohl versuchten, in die Wellen zu rennen, um irgendwie ihrem Kind doch noch zu helfen. 

Laut Augenzeugenberichten sah man das Kind etwa 20 Minuten lang im Meer treiben, in unterschiedlichen Positionen, aber es gab keine Möglichkeit zur Hilfe. Die Wellen waren zu stark und stiegen weiter an. 

Quelle: mbl.is
(Foto von Raiko Suurna)

Dann riss kurz der Himmel auf, ein Sonnenstrahl durchbrach die Wolken und das Mädchen im Meer war nicht mehr zu sehen - so die Schilderung von einer der Augenzeuginnen. 

Irgendwann räumten die Rettungskräfte den Strandabschnitt.  

Quelle: mbl.is
(Foto von Raiko Suurna)

Neu ankommende Besucher verstanden aber scheinbar nicht, dass hier gerade etwas Schreckliches passierte, manche versuchten offenbar, trotzdem an den Strand zu gehen, andere kehrten wieder um, nachdem sie erfuhren, was passiert war. 

Zukünftig weitere Präventionsmaßnahmen

Die Bedingungen am Strand sind sehr schwierig, die Wellen in der Brandung "drehen sich wie in einer Waschmaschine", so dass man nicht mehr weiß, wo oben und unten ist, sagte der Projektleiter der Abteilung Katastrophenschutz bei der Polizei in Südisland in einem Interview gegenüber MBL. Es ist extrem schwierig, Menschen zu retten, wenn sie in Reynisfjara im Meer gelandet sind. Von außerhalb der Welle habe man kaum eine Chance, einen Menschen in der Welle einen Rettungsring o.ä. zuzuwerfen und ihn zu erreichen. Außerdem sei die Wahrscheinlichkeit, dass der Mensch im Meer nach ein paar Minuten dort noch in der Lage ist, den Rettungsring greifen zu können, "leider nur sehr gering". "Wir haben nur sehr wenig Zeit, um Menschen zu retten, die ins Meer geraten, daher ist die Prävention in der Region extrem wichtig", so der Programmleiter vom Katastrophenschutz.

Zwar gibt es fast ein Dutzend Informationsschilder in Reynisfjara, mit denen Besucher gewarnt werden sollen, aber die Botschaft scheint oft nicht anzukommen

Immer wieder reagierten Touristen auch mit Unverständnis, wenn man versucht, sie auf die Gefahren vor Ort hinzuweisen, berichtete auch einer der Landeigentümer vor Ort. 

Besucher können die Situation oft überhaupt nicht einschätzen

In vielen Fällen ist dieses Unverständnis nicht einmal böse Absicht, viele Besucher können die Situation vor Ort einfach überhaupt nicht einschätzen. 

Man kann nicht erwarten, dass Menschen, die noch nie an einer Stelle wie Reynisfjara am Meer waren, die Verhältnisse dort einschätzen können, selbst wenn Warnschilder und Lichter dort gut sichtbar sind, schrieb z.B. ein ehemaliger Kapitän der Küstenwache auf Facebook. Wer weiß denn schon, was z.B. eine Sneaker-Welle ist, wie weit solche Wellen reichen können, oder wie verdammt tief das Meer vor der Küste dort ist? 

Da hilft es auch nicht, wenn manche fordern, man solle seinen gesunden Menschenverstand o.ä. einschalten - zu viele Menschen können die Gefahren offenbar wirklich nicht begreifen, weil ihnen jede spezifische Erfahrung dazu fehlt. Ja, man weiß, das Meer kann gefährlich sein - aber WIE gefährlich, das können scheinbar viele Menschen gar nicht ermessen.


Wir haben es auch selbst erlebt - wir waren mit Freunden zum Strand dort gefahren, wir hatten sie auf der Fahrt gewarnt und ausführlich von den Unfällen dort erzählt (Stichwort: "Chinese Takeaway", nachdem dort chinesische Touristen von den Wellen erfasst worden waren). Wir hatten mit ihnen vor der gelben Ampel gestanden. Das volle Programm. Und was machten sie..? Liefen als erstes direkt bis zum Wasser, ließen Steine flitschen und strahlten uns dann mit großen Augen an: Und bei schlechtem Wetter ist das echt gefährlich hier..?!? Nein, auch bei genau solchem Wetter - aber wir haben es nicht geschafft, das unserem Besuch verständlich zu machen. Leider. Seit dieser Erfahrung sehe ich einiges anders und glaube persönlich nicht mehr daran, dass "Eigenverantwortung" und "gesunder Menschenverstand" ausreichen, um Besucher dort ausreichend zu schützen.

Ja, in sehr vielen Fällen geht es glimpflich aus, die meisten Menschen, die dort ins Wasser geraten, werden nur nass. Die meisten werden nicht so schlimm erwischt, dass die Welle sie aufs Meer hinauszieht und sie dort ums Leben kommen. Aber jeder Tote, der dort ums Leben kommt, ist einer zu viel. 

In Zukunft soll der Gefährdungsfaktor im Wellenvorhersagesystem angepasst und für die Prognose auf weitere Daten zurückgegriffen werden, um die Schaltung der Ampelanlage vor Ort zu ändern, damit das rote Licht früher angeht. Außerdem sollen Tore und Ketten installiert werden, um zu zeigen, dass das Gebiet in so einer Situation geschlossen ist. 

Ich persönlich finde es gut, dass weitere Präventionsmaßnahmen ergriffen werden, um Besuchern die Gefährlichkeit dieses Ortes zu verdeutlichen. Man wird nicht jeden erreichen, das ist mir klar. Aber ich glaube, kein Elternteil geht mit Kind in so eine Situation, wenn ihm wirklich klar ist, WIE gefährlich das ist. 



Dienstag, 5. August 2025

Banaslysið við Reynisfjöru

Wieder ein tödlicher Unfall in Reynisfjara


Am 2. August 2025 gab es wieder einen tödlichen Unfall am Strand von Reynisfjara, bei dem ein 9-jähriges Mädchen aus Deutschland ums Leben kam.

Was ist bisher bekannt?

Laut den Berichten in den isländischen Medien war das Mädchen mit seinem Vater und seiner Schwester am Strand in Reynisfjara. Eine Welle erfasste die Familie und warf alle drei um. Der Vater und das eine Kind konnten sich aus dem Wasser retten, das andere Kind nicht mehr. 

Laut Polizei ereignete sich der Unfall um kurz vor 15 Uhr am Nachmittag. Rettungsteams, Polizei und freiwillige Helfer waren im Einsatz. Der Hubschrauber der Küstenwache hob 26 Minuten nach Eingang des Notrufs ab. 

Um 16.54 Uhr meldete die Polizei, dass die Besatzung des Hubschraubers das Kind gefunden und geborgen habe. Es konnte nur noch der Tod des Kindes festgestellt werden.  

Am Tag nach dem Unfall wurde mittags bekannt gegeben, dass das Kind, das ums Leben gekommen war, ein 9-jähriges Mädchen aus Deutschland war. 

Mehr zum Unfallhergang oder zur Identität des Mädchens ist bisher nicht bekannt.

Wie waren die Umstände zum Zeit des Unglücks?

Nach dem letzten tödlichen Unfall in Reynisfjara 2022 wurde am Strand ein System mit Warnleuchten installiert. Nach bisherigen Meldungen stand die Ampel zum Unfallzeitpunkt auf gelb

Die Warnleuchten sind mit dem Wellenvorhersage-System der isländischen Straßenverwaltung Vegagerðin verbunden. Bei geringem Risiko blinkt das grüne Licht, bei mittlerem Risiko das gelbe Licht und bei hohem Risiko das rote Licht

Am Tag des Unfalls war es relativ stürmisch, der Wind kam von Süden vom Meer her. Etwa 70 km weiter in Landeyjahöfn wurde am Nachmittag die Fährverbindung auf die Westmännerinseln unterbrochen, weil die Wetterbedingungen zu schlecht waren und die Fähre nicht sicher anlanden konnte. Offiziell heißt es, die Werte seien am Samstag knapp unterhalb der roten Warnstufe gewesen. Ich habe aber auch die Vermutung gelesen, dass die Warnleuchten eventuell defekt gewesen sein könnten und eigentlich rot hätten anzeigen sollen; das ist nur eine Vermutung von einem Helfer vor Ort. Auf jeden Fall waren die Bedingungen vor Ort nicht gut, es leuchtete aber nur die gelbe Warnleuchte

Außerdem waren 2022 auch Warntafeln am Zugang zum Strand aufgebaut worden. Neben der Tafel mit den Warnleuchten wurde auf einer zweiten Tafel erklärt, was die Farben bedeuten und welche Bereiche dann jeweils nicht mehr betreten werden sollen (s. Bild unten).

Bei rotem Warnlicht sollte man nicht weiter als bis zum Warnschild gehen. 

Bei gelbem Warnlicht sollte man maximal bis zu den Basaltsäulen am Ende der vorderen Höhle gehen, nicht um die Ecke herum, nicht in die hintere Höhle, nicht an den Strandabschnitt weiter hinter. 

Das Schild, auf dem die Bereiche erklärt wurden, wurde allerdings im Frühjahr 2025 bei einem Sturm beschädigt und weggerissen, es fehlt seitdem - und damit auch die Erklärung für die Besucher, was die Warnleuchten genau bedeuten. Man weiß also, man muss vorsichtig sein - WIE vorsichtig man sein muss, erfährt man hier aber aktuell nicht. 


Bei gelben Licht wird es also gefährlich, wenn man weiter als bis zu dieser Ecke hier geht. 


Touristen sind sich der Gefahren der isländischen Natur nicht bewusst

Der schwarze Strand Reynisfjara westlich von Vík í Mýrdal ist eines der beliebtesten Touristenziele Islands. Der Strand ist aber auch das gefährlichste Touristenziel des Landes. Besucher können die Gefahr nicht einschätzen und gehen zu nah ans Wasser heran. 

Schild am Strand von Reynisfjara 
Ólagsöldur - Sneaker-Wellen

Der Strand hier ist bekannt für das Auftreten von sog. Sneaker-Wellen. Das sind unverhältnismäßig große Küstenwellen, die blitzartig und ohne Vorwarnung zwischen anderen, viel kleineren Wellen auftreten. Sie können bis zu 50 Meter weiter aufs Land reichen als andere Wellen derselben Wellenperiode und reißen alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist - Baumstämme, tonnenschwere Steine und Menschen. 

So eine Welle wirft den Menschen um, drückt ihn zuerst landeinwärts den Strand hinauf und reißt ihn dann mit dem zurückflutenden Wasser ins tiefe Meer. Wenn die Welle einen richtig erwischt, hat man eigentlich keine Chance mehr.

Das Meer ist wirklich tief hier

Wenn man an Reynisfjara am Strand steht, sieht man den langen flachen, schwarzen Strand. 

Aber es ist einem nicht bewusst, wie schnell wie verdammt tief das Meer hier wird - zumindest mir ging es so. Das habe ich erst begriffen, als ich Fotos von Buckelwalen hier vor der Küste von Reynisfjara gesehen habe. 

Die Bilder hier von den Buckelwalen an Reynisfjara sind vom August 2024. 

Quelle: RUV /
aus einem Video von Guðrún Helga Stefánsdóttir

So ein Buckelwal wird bis zu 17 Metern lang und wiegt im Durchschnitt etwa 30 Tonnen

Das entspricht etwa einem vollbeladenen Lkw mit Anhänger. Und wenn man sich jetzt vorstellt, das so ein Lkw mit Anhänger hier, nur ein kleines Stück von der Küstenlinie entfernt, genug Platz hat, um hier im Meer sicher zu schwimmen, dann wird einem bewusst, dass es hier, so nah an der Küste, schon verdammt tief sein muss, vermutlich schon mindestens 30 Meter tief. 

Quelle: RUV /
Foto von David Orvar Hansson

Es geht hier also nicht seicht ins Meer, es geht verdammt schnell verdammt tief hinein. Und wenn man von einer Welle hier reingezogen wird, hat auch der beste Rettungstaucher eigentlich keine Chance mehr. 

Bisher 7 tödliche Unfälle an dieser Küste seit 2007 

Der Unfall am Samstag ereignete sich an derselben Stellen bei den Basaltsäulen am Strand wie die beiden letzten tödlichen Unfälle davor. Insgesamt haben sich hier in Reynisfjara seit 2007 bereits 6 tödliche Unfälle ereignet. Vier Menschen ertranken, zwei starben nach einem Sturz bzw. nachdem das Meer sie gegen die Steine geworfen hatte.
 
Außerdem wurde im Januar 2017 etwas weiter am Strand Richtung Dyrhólaey eine deutsche Familie mit zwei Kindern von den Wellen erfasst. Der Vater und die beiden Kinder schafften es noch, sich in Sicherheit zu bringen. Für die Mutter kam jede Hilfe zu spät, sie konnte etwa eine Stunde später nur noch tot von den Rettungsmannschaften geborgen werden. 

Nach dem letzten Unfall 2022 wurden die neuen Warn- und Informationsschilder in Reynisfjara installiert, mit den Warnleuchten. Zusätzlich wurde eine 300 m lange Kette entlang des Parkplatzes aufgehängt, damit die Menschen den Fußweg zum Strand benutzen und dort zwangsläufig an den Schildern vorbeilaufen müssen. Zudem gibt es Überwachungskameras der Polizei am Zugang zum Strand.

Planung weiterer Sicherheitsmaßnahmen

Heute Nachmittag findet ein Treffen der Landbesitzer mit den Rettungskräften, Vertretern des isländischen Tourismusverbandes und der Polizei statt, um Maßnahmen zu diskutieren, wie die Sicherheit der Besucher in Reynisfjara in Zukunft besser gewährleistet werden kann, ggf. muss bei schlechtem Wetter der Strand oder Teile davon gesperrt werden. 

Es wird geplant, das Wellenvorhersage-System zu verbessern und den Gefahrenfaktor anzupassen, d.h. das rote Licht wird künftig früher aufleuchten. Außerdem soll ein Schließtor installiert werden, das bei rotem Licht den Zugang zum Strand absperrt.