Sonntag, 26. Mai 2024

Präsidentenwahl am 1. Juni 2024

Der Präsident Islands, Guðni Jóhannesson,
hier mit uns vor seinem Amtssitz in Bessastaðir
im August 20233

Nachfolger gesucht


Bei seiner Neujahrsansprache 2024 verkündete der amtierende Präsident Islands, Guðni Jóhannesson, er habe nach reiflicher Überlegung entschieden, nicht für eine dritte Amtszeit zu kandidieren. 

Guðni ist Jahrgang 1968, verheiratet und hat insgesamt fünf Kinder. Er ist Historiker, war Hochschullehrer in Bifröst und London und dann Professor an der Universität Islands. Sein Fachgebiet ist die moderne Geschichte Islands. Er hat u.a. über die Kabeljaukriege zwischen Island und England (1958 - 1976) geforscht, die isländische Finanzkrise von 2008 und die Geschichte der isländischen Präsidenten. Zudem hat er mehrere Bücher von Stephen King ins Isländische übersetzt. 

Guðni hatte als unabhängiger Bewerber mit 39 % der Stimmen die Präsidentenwahl am 25.06.2016 gewonnen und trat am 1. August 2016 die Nachfolge von Ólafur Ragnar Grímsson an, der von 1996 bis 2016 fünf Amtsperioden lang Präsident gewesen war. Bei seiner zweiten Wahl am 27.06.2020, gewann Guðni mit 89,4 % der abgegebenen Stimmen. Es gab bei der Wahl nur einen Gegenkandidat. 

Guðni hat sich in seiner Amtszeit aktiv für die Rechte der LGBTQ-Community eingesetzt, so trat er z.B. als erster Präsident Islands vor der Gästen der Gay-Pride-Parade in Reykjavík auf. Weltweit bekannt wurde sein Einsatz auch beim Besuch des ultra-konservativen damaligen US-Außenministers Mike Pence im September 2019 in Reykjavík: 

Pence war bekannt dafür, dass er nicht an die Evolution, den Klimawandel und die Gefahren durch Rauchen glaubt - und für LGBTQ-feindliche Reden und Aktionen in den USA. Bei der offiziellen Begrüßung des Staatsgasts durch den isländischen Präsidenten trug Guðni ein Armband in Regenbogenfarben am rechten Handgelenk - und sorgte erfolgreich dafür, dass dieses Armband auch auf allen offiziellen Fotos vom Händeschütteln mit Mike Pence deutlich erkennbar war. 

Foto: Reuters 

Guðni sieht die "Souveränität der Nationen" als ein "dehnbares Konzept" an, das auch von den Umständen der Zeit abhängt. Er erklärte nach seinem Austritt aus der katholischen Kirche, dass er nicht an einen Gott glaube, sondern an die UN-Menschenrechtskonvention. Er ist außerdem international dafür bekannt, dass er sich in seiner "pítsuræða", seiner "Pizza-Rede", im Februar 2017 gegen Ananas auf Pizza ausgesprochen hat: Wenn er könnte, würde er Ananas verbieten, hatte er bei einem Treffen mit Studierenden in Akureyri erklärt. Aber er habe als Präsident und Mensch weder die Macht noch den Willen, das verbieten zu lassen. 


Wahl am 01. Juni 2024

Die Präsidentschaftswahlen auf Island finden am 1. Juni 2024 statt, die Amtszeit des neuen Präsidenten beginnt am 1. August 2024.

Entsprechend der isländischen Verfassung wird der Präsident Islands in direkter geheimer Wahl von allen Personen gewählt, die auch bei Parlamentswahlen wahlberechtigt sind, d.h. alle isländischen Staatsbürger über 18 Jahren, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in Island haben (Isländer ohne Wohnsitz auf Island können die erste Zeit auch noch wählen, danach müssen sie sich gesondert zur Wahl anmelden).

Wählbar sind wahlberechtige Isländer, die mindestens 35 Jahre alt sind. Die Person, die bei der Wahl die meisten Stimmen erhält, wird neuer Präsident. Es gibt keine Stichwahl


Die Kandidaten 2024

Nachdem der amtierende Präsident im Januar 2024 erklärt hatte, nicht zur Wiederwahl anzutreten, haben sich bis März 2024 fast 90 Personen öffentlich zu Wort gemeldet, dass sie für eine Kandidatur zur Verfügung stünden. Bei Präsidentenwahlen auf Island hat es 2024 so viele Kandidaten gegeben wie nie zuvor. 

Die Frist für die Anmeldung der Kandidatur endete am 26. April 2024 um 12 Uhr. Die Kandidaten mussten ihre Kandidatur an diesem Tag persönlich zwischen 10 und 12 Uhr bei der Nationalen Wahlkommission in Harpa einreichen, es gab allerdings auch die Möglichkeit zur elektronischen Anmeldung, die allerdings nur ein Kandidat (Kári Vilmundarson Hansen) nutzte. 

Für die Zulassung zur Wahl mussten die Kandidaten mindestens 1.500 Unterstützungserklärungen von Wählern einreichen, die nach einem bestimmten Proporz aus allen Teilen des Landes kommen mussten. Am 26. April verfügten noch 82 Personen über eine aktive elektronische Empfehlungssammlung (auf der offiziellen staatlichen Website Ísland.is), weitere Personen hatten zuvor entsprechende Sammlungen durchgeführt, diese aber bereits wieder beendet.

Tatsächlich haben am 26. April 13 Personen offiziell ihre Kandidatur bei der Nationalen Wahlkommission angemeldet. Bei drei Kandidaten gab es Reklamationen oder Unstimmigkeiten bei den Listen der Unterstützer, es gelang aber allen, vor Ablauf der Frist korrigierte Unterlagen einzureichen, so dass 12 von 13 Bewerbern vom 26. April auch zur Wahl zugelassen wurden. Lediglich Kári Vilumdarson Hansen erreichte nicht die erforderliche Anzahl an Unterstützern.

Aus den aktuellen Umfragen ergeben sich derzeit folgende Umfragewerte für die führenden sechs Kandidaten:

- Katrín Jakobsdóttir 27 %
- Halla Hrund Logadóttir 19 %
- Baldur Þórhallsson 18 %
- Halla Tómasdóttir 17 %
- Jón Gnarr (Jón Gunnar Kristinsson) 9 % 
- Arnar Þór Jónsson 7 %

Die Wahl am nächsten Samstag bleibt aber weiterhin offen. Bisher gab es am Wahltag durchaus noch Abweichungen zwischen den Umfragewerten und dem tatsächlichen Wahlergebnis zwischen 5 und 10 %. Voraussichtlich wird also einer der o.g. ersten vier Kandidaten der nächste Präsident oder die nächste Präsidentin von Island. 


Die führenden Kandidaten 2024


Katrín und Guðni
beim Nationalfeiertag 2018

Katrín Jakobsdóttir 

Katrín Jakobsdóttir wurde 1976 in Reykjavík geboren. Sie ist verheiratet und hat drei Kinder. 

Sie erzielte bei ihrer Abiturprüfung 1996 die höchste Durchschnittsnote, die bis dahin jemals auf Island erreicht wurde, anschließend studierte sie Isländisch und im Nebenfach Französisch und machte 2004 ihren Magister an der Universität Island, Thema ihrer Arbeit war der Krimi-Autor Arnaldur Indriðason. 

Sie arbeitete als Sprachwissenschaftlerin zunächst beim staatlichen Nachrichtensender RÚV, anschließend im Bereich Weiterbildung, Redakteurin und Dozentin. 

Zusammen mit ihrem Studienfreund, dem bekannten isländischen Krimi-Autoren Ragnar Jónasson, hat Katrín übrigens während der Corona-Pandemie den Thriller "Reykjavík" geschrieben. Der Roman, in dem ein junger Journalist einen alten Fall neu aufrollt, war das meistverkaufte Buch Islands 2022.

Katrín gehört den Links-Grünen an. Sie war 2002/03 Vorsitzende der Jungendorganisation der Partei, anschließend stellvertretende Parteivorsitzende und ab 2013 Vorsitzende der Partei. Seit 2007 war sie als Abgeordnete für den Wahlkreis Reykjavík-Nord Mitglied des isländischen Parlaments. Von 2009 bis 2013 war sie Bildungsministerin unter der Premierministerin Jóhanna Sigurðardóttir. Nachdem die Links-Grünen bei der Parlamentswahl im Oktober 2017 mit fast 17 % zweitstärkste Partei wurden, führte Katrín die Regierungskoalition mit der Unabhängigkeitspartei und der Fortschrittspartei und wurde 2017 Ministerpräsidentin Islands. Zunächst war sie als Politikerin bei der Bevölkerung sehr geschätzt, diese Zustimmung ließ jedoch nach. 

Bei den Parlamentswahlen im September 2021 konnte die amtierende Regierung ihre Mehrheit zwar verteidigen, aber innerhalb der drei Regierungsparteien kam es zu Verschiebungen: Die Unabhängigkeitspartei von Bjarni Benediktsson konnte ihre 16 Parlamentssitze halten, aber die Links-Grünen verloren 3 von bisher 11 Sitzen und die Fortschrittspartei (die 1916 aus der Bauernpartei und der Unabhängigen Bauernpartei hervorgegangen war) mit ihrem Vorsitzenden Sigurður Ingi Jóhannesson gewann 5 weitere Sitze hinzu (auf nunmehr 13 Sitze). Katrín blieb trotz der Verluste ihrer Partei weiter Ministerpräsidenten. Viele warfen ihr jedoch vor, dass sie sich zu stark von den anderen Regierungsparteien, insbesondere der Unabhängigkeitspartei und deren Vorsitzendem Bjarni Benediktsson abhängig gemacht habe, zumal Bjarni, oft als der unbeliebteste Politiker Islands bezeichnet, für eine gewisse "Teflon-Mentalität" bekannt ist, mit der er Skandale und Vorwürfe über Vetternwirtschaft etc. seit Jahren scheinbar ungerührt von sich abprallen lässt.

Am 09. April 2024 trat Katrín als Ministerpräsidentin zurück, um sich als Präsidentschaftskandidatin zu bewerben. Dadurch wurde der Weg frei für Bjarni Benediktsson, den Vorsitzenden der Unabhängigkeitspartei, die Regierungskoalition nunmehr als Ministerpräsident anzuführen. Auch dies wird Katrín von etlichen Wählern vorgeworfen.

Sie bewirbt sich nach eigenen Angaben für das Amt des isländischen Präsidenten, weil sie für die Grundwerte der isländischen Gesellschaft eintreten will: Für die Sicherung der isländischen Sprache und der isländischen Wirtschaft, für Grundwerte wie Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit auf nationaler und internationaler Ebene. So trägt sie z.B. konsequent Kleidung isländischer Designer, auch auf internationaler Bühne, verwendet isländische Produkte etc. 

Im Präsidentschaftswahlkampf war es u.a. Thema, dass Katrín sich für eine Ausweitung des Recht auf Abtreibung bis zum Ende der Schwangerschaft eingesetzt hat. Bis 2019 waren Abtreibungen auf Island innerhalb von 16 Wochen nach der Empfänger erlaubt, seitdem durch eine Gesetzesänderung bis zu 24. Schwangerschaftswoche (= 22 Wochen nach Empfängnis). 

Zum Thema Verfassungsreform sagte Katrín im Interview mit Reykjavík Grapevine, dass Änderungen an der Verfassung "längst überfällig" sind. Trotz viel Arbeit in den letzten 10, 15 Jahren sei es dem Parlament nicht gelungen, in dieser Angelegenheit einen breiten Konsens zu erzielen. Der Änderungsentwurf, den ihre Regierung in der letzten Legislaturperiode vorgelegt hatte, wurde vom Parlament nicht angenommen. Die Arbeit für Reformen müsse fortgesetzt werden und sie werde sich auch als Präsident für entsprechende Reformen der Verfassung einsetzen.


Halla Hrund Logadóttir 
Quelle: hallahrund.is

Halla Hrund wurde 1981 in Reykjavík geboren. Sie wuchs in Árbær auf, aber ihre Großeltern (väterlicherseits) hatten einen Bauernhof in Südisland bei Kirkjubæjarklaustur, wo Halla Hrund regelmäßig die Sommerferien verbrachte. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder (aktuell 11 und 4 Jahre alt).

Sie macht 2001 in Reykjavík ihr Abitur und beendete ihr Studium der Politikwissenschaften mit einem BA-Abschluss an der Universität Island, außerdem hat sie einen Master-Abschluss in Internationaler Zusammenarbeit mit Schwerpunkt Wirtschaft und Energie einer privaten Universität bei Boston und einen Master-Abschluss in öffentlicher Verwaltung der Harvard University mit Schwerpunkt Umwelt und Energie

Nach ihrem Abschluss 2005 ging Halla Hrund zunächst im Auftrag des isländischen Außenministeriums nach Brüssel und war dort für kulturelle Events tätig, die Island im Ausland veranstaltete, u.a. in Zusammenarbeit mit dem Nationaltheater, der Icelandic Dance Company, Iceland Airwaves, dem Reykjavík Art Museum etc. Anschließend war sie für ein Innovationsprojekt in Togo, Westafrika, tätig und für die OECD in Paris im Bereich wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, bevor sie ihr Master-Studium fortsetzte. 

Ab 2011 war Halla Hrund zunächst Direktorin für internationale Entwicklung an der Universität Reykjavík (RU), anschließend Geschäftsführerin an der Íslenski Orkuháskólinn, einer internationalen Graduiertenschule innerhalb der Fakultät für Ingenieurwissenschaften der Universität Reykjavík, seit 2015 auch in Teilzeit Dozentin an der RU im Bereich Energiepolitik mit Schwerpunkt Klimafragen sowie Mitglied im Verwaltungsrat des Energiefonds. 

Zusätzlich engagiert Halla Hrund sich in internationalen Projekten für die Gleichstellung von Mädchen.

2021 wurde sie als erste Frau zum Generaldirektor für Energie der Nationalen Energiebehörde (Orkustofnun - OS) berufen und ist in dieser Position Berater der Regierung in Energie- und anderen Ressourcenangelegenheiten, für die die Nationale Energiebehörde zuständig ist. 

Außerdem arbeitet sie als Lehrbeauftragte an der Harvard University

Sie tritt nach eigenen Angaben dafür ein, das Land und die Natur Islands für zukünftige Generationen in gutem Zustand wiederherzustellen und zu nutzen, für die Qualität des Landes zu sorgen und die Natur zu respektieren. Sie will den Zusammenhalt und die Solidarität der Nation stärken, für alle die Chancen im In- und Ausland erhöhen und eine nachhaltige und friedliche Zukunft fördern

Im Interview auf die Frage der umstrittenen Verfassungsreform angesprochen, erklärt Halla Grund, dass es ihrer Meinung nach viele Aspekte der Verfassung gäbe, die überarbeitet werden könnten, insbesondere in Frage der Ressourcen der Nation. Die Diskussion solle jedoch "von den Menschen und dem Parlament" geführt werden. 


Baldur Þórhallsson

Baldur und Felix 
Quelle: mbl.is
Baldur wurde 1968 in Selfoss geboren, seinen Eltern gehört der Hof Ægissíða 4, wo sich die "Höhlen von Hella" befinden, die im Besitz der Familie sind.  

Er ist mit dem Schauspieler, Sänger und Moderator Felix Bergsson (geb. 1967) verheiratet, sie haben zwei erwachsene Kinder.  

Auf dem Hof Ægissíða ist Baldur auch aufgewachsen. Er ging zunächst in Hella zur Schule, machte 1988 Abitur in Laugarvatn und studierte Politikwissenschaften zunächst an der Universität Island und westeuropäische Politik an der University of Essex in England, wo er 1999 auch promovierte.

Baldur war ab 2002 für das Institut für Internationale Angelegenheiten an der Universität Islands tätig, u.a. für das "Zentrum für Kleinstaatenstudien", war im Vorstand des isländischen Studenterwerks und ist seit 2014 ist der Dekan an der Fakultät für Politikwissenschaften. Als Professor für Politikwissenschaften hat er sich auf Studien über kleine Staaten in Europa spezialisiert und war als Gastdozent auch an ausländischen Universitäten tätig. 

Er war 2011 und 2012 stellvertretendes Mitglied im isländischen Parlament für die Sozialdemokraten im Wahlkreis Reykjavík-Nord.

Während seines Studiums beteiligte sich Baldur aktiv an der Arbeit der Studentenbewegung und war 1999 einer der Gründer von Félag samkynhneigðra stúdenta (FSS), dem Verein homosexueller Studenten, einer Vereinigung innerhalt von Samtökin '78. Der Verein setzt sich für die Rechte queerer Menschen innerhalb und außerhalb der akademischen Gemeinschaft ein und organisiert u.a. Veranstaltungen und Wissenschaftsreisen für junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren. 
 
Baldur engagiert sich aktiv im Kampf für queere Rechte. 

Als Präsident Islands will er für die Nation sprechen, der Regierung und dem Volk die Türen öffnen und sich für den Frieden einsetzen. In einer Zeit von Fehlinformationen und Hassrede, Unruhen in Europa und einer herzzerreißenden Situation im östlichen Mittelmeerraum will er sich für die Demokratie und den Schutz der grundlegenden Menschenrechte einsetzen, insbesondere von Kindern, Jugendlichen, Frauen und LGBTQ+-Personen

Baldur betont, für ihn sei ein EU-Beitritt Islands ohne Referendum der Bevölkerung keine Option. Er spricht sich auch gegen die Einrichtung eines Militärs ohne Referendum aus. Er erklärt, Island ist eine "militärfreie Nation" und solle das auch weiterhin bleiben, er sei persönlich gegen die Einrichtung eines Militärs. 

Zum umstrittenen Thema einer Verfassungsreform erklärt Baldur, dass sich die Verfassung im Allgemeinen bewährt habe. Es sei aber notwendig, viele Punkte "in die heutige Zeit zu bringen", hierbei spricht er sich allerdings für "kleine Änderungen in guter Harmonie" aus.


Halla Tómasdóttir
Quelle: Reykjavik Grapevine
Halla Tómasdóttir 

Halla Tómasdóttir wurde 1968 in Reykjavík geboren und wuchs in Kópavogur auf. Sie ist Wirtschaftswissenschaftlerin, CEO, Dozentin und Referentin. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder, die aktuell beide in New York studieren. 

Halla machte 1986 ihren Abschluss an der Verzlunarskóli Íslands, der Handelsschule, studierte BWL mit dem Schwerpunkt Internationale Beziehungen und Sprachen in Island und den USA und promovierte mehrere Jahre an einer Universität in Großbritannien. Zunächst arbeitete sie 10 Jahre in den USA bei Mars und Pepsi Cola, bevor sie nach Island zurückkehrte. Hier engagierte sie sich an der Open Universtity, war Präsidentin der isländischen Handelskammer und gründete dann 2007 zusammen mit Kirstin Pétursdóttir das Finanzdienstleistungsunternehmen Auður Capital, das sich im Besitz von Gründern und Mitarbeitern befand und als Wertpapierhaus zugelassen war. Halla wurde hierfür, zusammen mit ihrer Kollegin von Auður Capital, 2009 zur "europäischen Unternehmerin" gewählt.  

Halla setzt sich insbesondere für Projekte für Stärkung von Frauen ein, insbesondere für Frauen in Führungspositionen und eine stärkere Vernetzung von Frauen - für echte Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter. Dabei geht es ihr um Transparenz in der Wirtschaft, insbesondere in den Bereichen Geschäftsethik, Nachhaltigkeit und Gleichberechtigung

Zum Thema der Verfassungsreform erklärt Halla Tómasdóttir im Interview, dass die Verfassung von 1944 geändert werden muss. Es wurden seitdem zwar einige wichtige Änderungen vorgenommen, insbesondere in Bezug auf die Menschenrechte. Es bleibe aber noch viel zu tun. Einige Vorschriften der Verfassung seien "archaisch und fast unverständlich". Sie bedauere, dass der bemerkenswerte demokratische Prozess für eine gründliche Überarbeitung der Verfassung 2010 zum Stillstand gekommen sei. 

Halla kandidierte bereits 2016 für das Amt des isländischen Präsidenten. Sie bekam damals 27,9 % der Stimmen und landete damit auf dem zweiten Platz hinter Guðni Jóhannesson.


Jón Gnarr 
Jón Gnarr als Hampelmann
(Reykjavík 2016)

Jón Gnarr wurde 1967 als Jón Gunnar Kristinsson in Reykjavík geboren. Er ist als Künstler über Island hinaus berühmt geworden. Er ist verheiratet und hat fünf Kinder (geboren 1985 bis 2005).

Als Kind wurde bei ihm u.a. ADS und Legasthenie festgestellt, er verbrachte einige Zeit in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie und war als Punk, Punkmusiker und Anarcho unterwegs. Als Hilfsarbeiter hatte er die unterschiedlichsten Jobs, u.a. bei Volvo in Göteborg, beim Bau der Blauen Lagune, als Taxifahrer, in der Pflege in einem Heim für körperlich und geistig Behinderte etc. 

Er machte seit den 1990er Jahren dann als Schauspieler, Künstler und Komiker sehr erfolgreich Karriere. 

Von 2010 bis 2014 war er für die "Beste Partei" Bürgermeister von Reykjavík und bei der Stadtbevölkerung sehr beliebt. 

Er hat mehrere autobiografische Bücher veröffentlich, darunter 2014 auf Englisch: Gnarr! Wie ich Bürgermeister einer Großstadt in Island wurde und die Welt veränderte.

Jón Gnarr spricht sich für die Demokratie aus, er habe "kein großes Vertrauen in Diktatur oder totalitäre Handlungen". Auf das Thema Abtreibungen angesprochen, erklärt er im Interview, dass er sich als Präsident unbedingt dagegen einsetzen würde, Abtreibungen auf Island generell zu verbieten. Auf der anderen Seite glaube er aber an Gott und die "Heiligkeit des Lebens" und er halte die derzeitigen Abtreibungsgesetze auf Island für "sehr sinnvoll". Es gebe Grenzen in alle Richtungen und es fühle sich für ihn nicht natürlich an, Abtreibungen bis zur Geburt zu erlauben.

Zum Thema Verfassungsreform erklärt Jón Gnarr, die Verfassung werde "immer ständig überarbeitet" und er sehe daran nichts Fragwürdiges.

Jón Gnarr ist Komiker und ist vor seiner Wahl zum Bürgermeister von Reykjavík 2010 mit seinen Wahlversprechen aufgefallen: Einen Eisbären für den Zoo in Reykjavík, kostenlose Handtücher und ein drogenfreies Parlament bis 2020. Außerdem hat er versprochen, alle seine Wahlversprechen zu brechen. 


Arnar Þór Jónsson 
Quelle: arnarthor.is

Der Jurist Arnar Þór Jónsson wurde 1971 auf Vestmannaeyjar geboren, aufgewachsen in Garðabær, wo er immer noch lebt. Er ist verheiratet. Seine Frau hat er 1990 kennengelernt. Sie hat Operngesang, Grundschullehramt und Naturheilkunde studiert, Pilates und Yoga gelernt und war lange Besitzerin eines Gesundheitsclubs in Garðabær - erzählt Arnar Þór auf seiner Homepage als Präsidentschaftskandidat. Gemeinsam haben sie fünf Kinder. 

Arnar Þór ist selbständiger Rechtsanwalt. Er hat an der Universität Islands studiert, zwei Auslandssemester in Denver und Wien gemacht und 1997 auf Island seinen Abschluss als Jurist gemacht, anschließend noch einen Abschluss an der Universität Cambridge 2004 und ein Diplom im Bereich Seelsorge 2000 in Island. Er hat als Jurist und Anwalt gearbeitet, u.a. im Ministerium, bei einer Bank und in der Lehre an der Universität Reykjavík, als Vorsitzender der Ethikkommission der isländischen Ärztekammer und Herausgeber einer juristischen Fachzeitschrift auf Island. Er wurde auch mehrfach zum Bezirksrichter bzw. Richter am Bezirksgericht Reykjavik ernannt. Dadurch habe er das Leben aus vielen Blickwinkeln kennen gelernt und beobachtet und könne diese Erfahrungen einbringen.

Arnar Þór war Mitglied der Unabhängigkeitspartei, einer liberal-konservativen Partei unter dem Vorsitz des aktuellen isländischen Premierministers Bjarni Benediktsson, er war sogar als stellvertretender Abgeordneter der Partei gewählt, ist aber im Januar 2024 nach seiner Bewerbung als Präsidentschaftskandidat aus der Partei ausgetreten und hat sein Mandat zurückgegeben. 

Arnar Þór sieht eine aktuelle Bedrohung für die freie isländische Gesellschaft durch Zwänge und Begehrlichkeiten, die von außen an sie herangetragen würden, und die Anmaßung ausländischer Interessen, die die Unabhängigkeit Island gefährdeten. Auf der Grundlage des EWR-Handelsabkommens versuche die EU, die Gesetze Islands immer stärker zu dominieren, deshalb müsse der ausländische Einfluss im Interesse des isländischen Volkes zurückgedrängt werden, insbesondere durch mehr direkte Demokratie. Daher trete er als Präsidentschaftskandidat dafür an, die Souveränität Islands nicht auf dem "Altar der internationalen Märkte" zu opfern. 

Der Präsident Islands habe nicht nur eine repräsentative Funktion, sondern müsse den Menschen im Land ein Gesicht geben und habe in kritischen Momenten die gesetzliche Verpflichtung, die Zügel in die Hand zu nehmen. 

So erklärt er beispielsweise in einem Interview, dass er sich als Präsident geweigert hätte, Bjarni Benediktsson nach seinem Rücktritt als Finanzminister als Außenminister zu ernennen. Er verurteilt es, wenn ein Minister "vorgibt, für seine Arbeit verantwortlich zu sein", um sich dann direkt "auf einen anderen Ministerstuhl zu setzen". (Nach einem Bericht des Ombudsmanns des isländischen Parlaments war bekannt geworden, dass das Finanzministerium bei der Privatisierung der Íslandsbanki nicht die Richtlinien der Regierung eingehalten hatte und ein Unternehmen, das dem Vater von Bjarni Benediktsson gehört, konnte zu guten Konditionen große Anteile an der Bank erwerben. Bjarni selbst erklärte, er habe erst nach Abschluss des Verkaufs von dem Vorgang erfahren, übernehme aber die politische Verantwortung und trat am 10. Oktober 2023 als Finanzminister zurück. Am 14. Oktober verkündete die Regierung, dass Bjarnis das Außenministerium übernehmen werde und die bisherige Außenministerin wechsele ins Finanzmnisterium.) 

Gemeinsam mit seiner Frau wolle Arnar Þór ein gutes Vorbild für die Isländer sein, und zwar für alle, die sich stolz Isländer nennen wollen, egal, ob auf Island geboren oder nicht. 

Zum Thema Verfassungsreform erklärt Arnar Þór im Interview mit Reykjavík Grapevine, als Liberaler sei er "nicht ganz gegen eine Verfassungsreform", denke aber, dass die Reform sehr sorgfältig durchgeführt werden sollte, damit keine Rechte und Freiheiten verloren gingen. Als Konservativer sei er gegen eine Änderung der Bestimmungen, die sich als "gut und nützlich" erwiesen hätten, und gegen Änderungen, wenn man sich nicht sicher sei, dass damit auch Verbesserungen verbunden seien.


Ergebnis der Präsidentenwahl 2024

Am Samstag, den 1. Juni, findet die Wahl statt. 

Die Vorsitzenden der Wahlausschüsse haben gegenüber dem Morgunblaðið (mbl) erklärt, dass aufgrund der Vielzahl der Kandidaten und der geringe Abstände bei den aktuellen Umfragen nicht sicher ist, wann mit ersten Zahlen und zuverlässigen Hochrechnungen zu rechnen sei.

Die vorläufigen Zahlen aus dem ersten Wahlkreis wohl am Samstagabend gegen 22.30 Uhr erwartet, die endgültigen Zahlen liegen aber wohl erst gegen 7 Uhr am Sonntagmorgen vor. Erst dann wird man sagen können, wer der nächste Präsident oder die nächste Präsidentin Islands sein wird.

Amtssitz der isländischen Präsidenten in Bessastaðir 


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