Sonntag, 27. Juli 2025

Druslugangan 2025

Der Schlampen-Marsch 2025


Der Drusluganga, der Schlampenmarsch oder auf Englisch Slutwalk, ist eine Bewegung, die sich gegen die Täter-Opfer-Umkehr bei Opfern sexueller Gewalt richtet und eine Plattform für die Opfer darstellt.

Ziel des „Schlampenmarsches“ ist es, die Verantwortung für Sexualverbrechen nicht von den Tätern auf die Opfer zu verlagern und den Menschen klar zu machen, dass Kleidung oder Verhalten des Opfers keine mögliche Entschuldigung für die Tat sein kann und darf.

Quelle: Profilbild der Seite
Drusluganga auf Facebook
Ég er drusla - Ich bin eine Schlampe

Die Bewegung geht zurück auf eine Präventionsveranstaltung gegen sexuelle Gewalt an einer Universität in kanadischen Toronto im Januar 2011, bei der ein Polizist damals sagte, Frauen sollten vermeiden, sich wie Schlampen anzuziehen, um nicht zum Opfer zu werden

Die Polizeisprecherin von Toronto erklärte später, die Äußerung stünde in komplettem Widerspruch zu allem, was Polizeibeamten beigebracht werde, und der Polizist selbst entschuldigte sich für seine Äußerung und bezeichnete sie als "schlecht durchdacht". 

Der Grundgedanke, Frauen seien im Zweifelsfall doch selbst schuld, wenn sie sich zu aufreizend anzögen, ist jedoch immer noch weltweit stark verbreitet. Immer noch hören Frauen nach einer Vergewaltigung, sie seien "selbst schuld", weil sie einen zu kurzen Rock oder einen zu tiefen Ausschnitt oder was auch immer getragen hätten, sich zu "aufreizend" verhalten hätte oder zu viel Alkohol getrunken. Die Tatsache, dass auch eine Frau in einem kurzen Rock nicht belästigt oder vergewaltigt werden möchte, hat sich scheinbar noch nicht überall herumgesprochen - und genau darum geht es bei diesen "Schlampenmärschen": Es sind die Täter, die für sexuelle Gewalt verantwortlich sind, nicht die Opfer.

Der erste Slutwalk fand bereits Anfang April 2011 in Toronto statt, der erste deutsche Schlampenmarsch war im Juli 2011 im niederbayrischen Passau und die ersten deutschlandweiten Schlampenmärsche in Großstädten wie Berlin, Frankfurt, München und Hamburg folgte im August 2011.

Der erste Drusluganga in Reykjavík fand am 23. Juli 2011 statt. Seitdem findet er (ausgenommen 2020 wegen Covid) alljährlich hier statt, die Parade startet an der Hallgrímskirkja und führt über Skólavörðustígur und Laugarvegur. Der Marsch endet lautstark mit einer großen Bühne vor dem Parlament auf dem Austurvöllur, mit Musik und Reden. Hier treten auch bekannte Musiker auf, die den Drusluganga unterstützen, darunter u.a. schon Friðrik Dór oder dieses Jahr auch Páll Óskar. 

Tonprobe vor dem Drusluganga

Mætum og styðjum þolendur kynferðisofbeldis 

Der Drusluganga steht unter dem Motto "Treffen wir uns und unterstützen Opfer sexueller Gewalt". 


Am Samstag, den 26. Juli 2025 um 14 Uhr läuteten die Kirchenglocken der Hallgrímskirkja, danach setzten sich erst die Polizei-Motorräder in Bewegung und dann startete der Drusluganga 2025.




In diesem Jahr war der Drusluganga dem Gedenken an Ólöf Tara Harðardóttir gewidmet und all denjenigen, die die erlebte Gewalt nicht überlebt haben. 

Wer war Ólöf Tara?

Ólöf Tara wurde am 9. März 1990 geboren und wuchs in Hafnarfjörður und Grafarvogur auf. Bereits als Jugendliche wurde sie in ihrer Beziehung Opfer von Gewalt und später lebte sie über Jahre mit Gewalt durch ihren Partner. Erst nach einer schweren Krankheit konnte sie sich 2018 aus der Beziehung befreien. 

Die selbständige Fitnesstrainerin und Personal Trainerin für Frauen wurde zur Aktivistin und war u.a. Mitbegründerin von Öfgar (= "Extreme") und von Vitund (= "Bewusstsein"), einem gemeinnützigen Verein gegen geschlechtsspezifische Gewalt und für Veränderungen in diesem Bereich, sowohl im Rechtssystem als auch im gesellschaftlichen Bewusstsein. Sie war auch eines der Gesichter der isländischen #metoo - Bewegung. Mit Öfgar erhielt Ólöf Tara zahlreiche Auszeichnungen für ihre Arbeit, u.a. von der Mannréttindaskrifstofa Íslands, dem isländischen Menschenrechtszentrum. 

Am Ende war ihre Kraft zu Ende, Ólöf Tara wurde am 30. Januar 2025 im Alter von 34 Jahren tot in ihrer Wohnung aufgefunden.

Ihre Beerdigung fand am 10. Februar in der Kirche von Grafarvogur statt. Die Zeremonie wurde von Guðrún Karls Helgudóttir geleitet, der Pfarrerin der Gemeinde und Bischöfin von Island. An der Beerdigung nahmen u.a. auch Kristrún Frostadóttir, die isländische Premierministerin, Þórunn Sveinbjarnardóttir, die derzeitige Sprecherin des isländischen Parlaments, und die isländische Präsidentin Halla Tómasdóttir teil. 

Der Erlös aus dem Verkauf aller Merchandise-Artikel zum Drusluganga geht in diesem Jahr an den Minningarsjóður Ólafar Töru, an den Gedenkfonds für Ólöf Tara. 


Ein af hverjum fjórum

Eine von vier Frauen in Island wird Opfer sexueller Gewalt, d.h. jede vierte Frau. Das sagt die Statistik. Tatsächlich ist davon auszugehen, dass die Zahl höher ist, weil nicht jede Frau sich dafür entscheidet, Anzeige zu erstatten. 

Auch bei der Arbeit von Ólöf Tara ging es in besonderem Maße darum, über diese reine Statistik hinauszuschauen - jede vierte Frau, das ist mehr als nur eine Nummer, eine Zahl, es geht um den Menschen dahinter. Letztlich auch um die Statistik der Frauen, die die Folgen der Gewalt, die sie erlebt haben, nicht überlebt haben - ein sexueller Übergriff oder eine Vergewaltigung stellen Risikofaktoren für einen späteren Suizid dar - so wie bei Ólöf Tara.


Lautstark mit Megafon begleitete startete der Marsch mit dem Ruf "Ég er drusla! Ég er drusla!" "Ich bin eine Schlampe!" 


Hinter den Trägerinnen mit dem Banner schloss sich dann der weitere Protestzug an, ganz viele ganz unterschiedliche Menschen, viele davon mit selbstgebastelten Schildern - von "Fuck Patriarchy" über "feðraveldi hvíl í friði" (= "Das Patriachat ruhe in Frieden") und  "skilum skömminni" (= "Geben wir die Schande zurück") bis zu vielen verschiedenen Varianten von "ég er drusla".  




Der Marsch führte die Skólavörðustígur hinunter, über den Laugarvegur und endete schließlich auf dem Austurvöllur. 

Bei der Abschlussveranstaltung dort waren wir allerdings nicht mehr dabei. 

 

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