Montag, 8. September 2025

1238

1238 - The Battle of Iceland


Das hier war der Anlass für unseren spontanen Urlaub im Norden - eine Freundin war im Sommer mit ihrem Sohn in Nordisland unterwegs. Sie fertigt begeistert Quilts und wollte unbedingt ins Textilmuseum in Blönduós. Davon war ihr Sohn wohl nicht ganz so begeistert, daher durfte er sich wünschen, dass sie auch noch das Museum 1238 in Sauðárkrókur besuchten. Tatsächlich war dann nicht nur der Sohn (ein begeisterter Wikinger-Fan) von diesem Museum begeistert, sondern auch die Freundin selbst war hin und weg. 

Für uns ein schöner Anlass zu sagen, lass uns doch da mal hinfahren! 

Ich hatte bisher tatsächlich noch nichts davon gehört. Dabei befindet sich das Museum 1238 (Orrustan - The Battle of Iceland) bereits seit 2019 hier in den Räumlichkeiten mitten in Sauðárkrókur, in der Aðalgata 21


Das Museum ist ein interaktives Erlebnis, es führt den Besucher direkt zu den Wikingern und in die Schlacht von 1238. Durch virtuelle Realität kann man hier in die Vergangenheit reisen und in der Schlacht mitkämpfen. 


Im ersten Raum erfährt man etwas über die Hintergründe und die Verhältnisse in Island rund um die Schlacht von Örlygsstaðir 1238. Wer kämpfte gegen wen und warum und wie kam es dazu und was passierte dann? Die Schautafeln und interaktiven Bereiche hier im ersten Raum versuchen, auf diese Fragen eine Antwort zu geben.


Im zweiten Raum erfährt man anhand von neu angefertigten Kleidungsstücken etwas über die Gewänder, die von den Wikingern damals wohl getragen wurden.



Im dritten Raum schließlich wurde man von einem netten Mitarbeiter in Empfang genommen, in seine VR-Bucht gebracht, mit Brille und Weste und Steuergeräten ausgestattet und schließlich in die virtuelle Schlacht geschickt. 


Nach ersten technischen Problemen war mein Mann ganz begeistert von dieser Erfahrung, er fand es witzig. Ich persönlich - na ja, es war ein Erlebnis. Auch wenn ich fast umgefallen wäre, als ich mich nach den Steinen zum Werfen bücken sollte und mich anschließend lieber nur hinter meinem Schild verstecken wollte und abwarten, dass die Schlacht vorbei geht... 

Allerdings ist die virtuelle Realität teilweise doch recht eigenwillig - manche Sachen gehen einfach nicht. Zum Schluss muss man einen bestimmten Speer ergreifen und ihn dem siegreichen Anführer übergeben. Die Freundin versuchte, das Pferd zu streicheln statt den Speer zu übergeben, aber das ging nicht. Und mein Mann versuchte, während der Schlacht mit einem Speer das Pferd zu treffen - nach dem Motto, wenn er mit den Steinen schleudert, trifft er nie was, das Pferd war so groß und so nah, da dachte er, vielleicht trifft er wenigstens das - aber das ging nicht, der Speer löste sich im Flug immer vorher auf. Da lies die Realität einfach nicht mit sich reden...

Nach der siegreichen Schlacht ging es dann nicht direkt zurück in die Gegenwart, sondern zunächst konnte man sich noch in einer Ecke aus dem relativ großen Fundus des Museums bedienen und sich auch optisch in einen Wikinger verwandeln. Das Verkleiden hat Spaß gemacht! Auch wenn ich hinterher zu hören bekommen habe, dass ich ausgesehen hätte wie ein Waldwichtel mit Met-Horn... na dann, Prost! 


Schließlich waren wir noch kurz in der Gránabúð, dem Souvenir- und Geschenkeladen des Museums. Der Laden hat sich auf handgefertigte Produkte, isländisches Design und Wikinger-Souvenir spezialisiert und für das eine oder andere Stück hätte ich mich schon begeistern können...


Insgesamt haben wir uns deutlich länger im Museum aufgehalten, als wir gedacht hätten, etwa 2 Stunden haben wir hier verbracht. Und es war definitiv ein Erlebnis.



Exkurs: Worum ging es in der Schacht von 1238?

Bei der Schlacht von 1238 handelt es sich wohl um die größte Schlacht, die je auf isländischem Boden stattfand. Es sollen insgesamt rund 3.000 Mann in der Schlacht gekämpft haben, 49 Mann wurden dabei getötet. Es war eine Schlacht zwischen drei verfeindeten Clans, die schließlich das Ende der Unabhängigkeit Islands einleitete. 

Die fortgesetzte Fehden zwischen den isländischen Familien-Clans führte schließlich zum Eingreifen des norwegischen Königs Haakon IV. (1204 - 1263). Die isländischen Häuptlinge unterwarfen sich dann 1262, von den ständigen gegenseitigen Kämpfen geschwächt und angesichts der Drohung eines Handelsboykotts durch Norwegen, dem norwegischen König und schworen ihm die Treue. 

Örlygsstaðabardagi - Die Schlacht von Örlygsstaðir

Die Schlacht von Örlygsstaðir fand am 21. August 1238 beim Hof Örlygsstaðir statt, im Skagafjörður, auf der Ostseite des Héraðsvötn, etwa 35 km südlich des heutigen Orts Sauðárkrókur. 

Hierbei kämpfte der Familienclan der Sturlungar aus dem Norden von Snæfellsnes gegen die Familie der Ásbirningar, der Nachkommen von Öndóttur kráka Erlingsson, einem der ersten Siedler im Skagafjörður, und seinem Urenkel Ásbjörn Arnórsson, sowie gegen die Familie der Haukdælir, die von Ketilbjörn dem Alten abstammte, der im Haukadalur in Biskupstungur lebte. 

Die Schlacht gilt als die größte Schlacht, die je auf Island ausgetragen wurde - es heißt, auf Seiten der Sturlungar kämpften etwa 1.300 Mann, auf Seiten der Ásbirningar und Haukdælir kämoften etwa 1.700 Mann

Bei der Schlacht sollen auf Seiten der Sturlungar 42 Mann getötet worden sein, darunter die beiden Anführer, sowie 7 Männer der Gegenseite

Die Sturlungar

Der "Stammvater" der Sturlungar gilt Sturla Þórðarson (1115 - 1183), nach seinem Wohnsitz Hvammur auch "Hvamm-Sturla" genannt. Er hatte von seinem Vater das dortige Godentum geerbt. Er war als Sturkopf bekannt und lag mit vielen Männern im Streit. Sturla war mindestens zwei Mal verheiratet und hatte mindestens fünf eheliche und sieben nichteheliche Kinder. 

Aus zweiter Ehe hatte er die Söhne Þórður Sturluson (1165 - 1237), Sighvatur Sturluson (1170 - 1238) und Snorri Sturluson (1179 - 1241). Snorri ist heute noch als Historiker, Politiker und Dichter berühmt, u.a. als Autor der Snorra-Edda

Ihre Anführer in der Schlacht von 1238 waren Sighvatur Sturluson und sein Sohn Sturla Sighvatsson (1199 - 1238). 

Sighvaturs ältester Sohn Tumi (1198 - 1222) war mit Guðmundur Arason (1161 - 1237) aneinander geraten, dem Bischof von Hólar, genannt Guðmundur der Gute. Tumi hatte den Bischof aus Hólar vertrieben. Daraufhin überfielen eines Nachts die Männer des Bischofs Tumi und seine Männer und töteten ihn - offenbar zum Missfallen des Bischofs. Der Bischof floh vor der Rache der Sturlungar mit seinen Männern nach Grímsey. Aber das half ihm nicht viel, denn Sighvatur und sein Sohn Sturla setzten ihnen nach und rächten im Frühjahr 1222 den Tod von Tumi, in dem sie viele Gefolgsmänner des Bischofs erschlugen und den Bischof selbst für einige Jahre in die Verbannung nach Norwegen schickten. 

Schließlich kam es 1233 zur Aussöhnung zwischen dem Bischof, Vater Sighvatur und Sohn Sturla. Allerdings musste Sturla für die Taten von seinem Vater und ihm eine Pilgerreise nach Rom unternehmen und dort Buße tun. Sturla reiste dann zunächst nach Norwegen und machte sich anschließend im Auftrag von König Hakon IV. Hakonsson (1204 - 1263) auf den Weg nach Island, mit dem Auftrag, Island unter die Herrschaft des norwegischen Königs zu bringen. 

Mit seinem Vater Sighvatur wollte Sturla ihren Herrschaftsbereich und damit den Einflussbereich des norwegischen Königs ausweiten. So planten die beiden wohl, Kolbeinn den Jungen aus der Familie der Ásbirningar auf seinem Hof in Flugumýri zu überfallen. (Kolbeinn der Junge hatte übrigens 1224 Hallbera Snorradóttir, der Tochter von Snorri Sturluson, geheiratet, die Ehe war jedoch nicht erfolgreich und endete nach wenigen Jahren mit der Scheidung.) 

Allerdings ließen sich die Sturlungar dabei wohl zu viel Zeit. 

Bevor sie ihren Angriff begannen, kam Kolbeinns Verbündeter Gissur Þorvaldsson aus der Familie der Haukdælir mit seinen Männern nach Ostern über Héraðsvötn. (Gissur hatte übrigens auch 1224 in erster Ehe Ingibjörg, einer Tochter von Snorri Sturluson, geheiratet, die Ehe scheiterte jedoch relativ bald nach dem Tod des gemeinsamen Sohnes.)

Gemeinsam gelang es Kolbeinn, Gissur und ihren Männern, die Sturlungar zu überraschen, die auf dem Hof Örlygsstaðir Zuflucht suchten. Es war aber keine gute Zuflucht, die meisten Männer schafften es wohl nicht einmal zu ihren Pferden bzw. zu ihren Waffen, und es heißt, die Schlacht habe nicht lange gedauert.

In der Folgezeit wurde Gissur Þorvaldsson dann zu einem der mächtigsten Häuptlinge des Landes, insbesondere nachdem er im Auftrag des norwegischen Königs 1241 Snorri Sturluson, seinen ehemaligen Schwiegersohn, umbringen ließ. 

In der Schlacht von Haugsnes 1246, der blutigsten Schlacht in der isländischen Geschichte mit insgesamt rund 110 Toten, unterlagen Gissur und die Ásbirningar dann aber dem Anführer der Sturlungar, Þórður Sighvatsson (einem Sohn von Sighvatur Sturluson, der 1238 in der Schlacht bei Örlygsstaðir getötet worden war).

Gissur floh nach der verlorenen Schlacht nach Norwegen, geriet dort zunächst in Schwierigkeiten mit dem norwegischen König, konnte sich aber wieder dessen Gunst sichern und kehrte schließlich 1252 nach Island zurück, um zu versuchen, das Land unter die Herrschaft des Königs von Norwegen zu bringen. Er ließ sich 1253 in Flugumýri im Skagafjörður nieder, dem ehemaligen Hof von Ketill dem Jungen, der bereits 1245 gesrtorben war. 

Um den Konflikt zwischen den Familien der Sturlungar und der Haukdælir zu beenden, suchte Gissur die Versöhnung. 

Teil dieser Vereinbarung war am 18. Oktober 1253 die Hochzeit zwischen Gissurs 18.jährigem Sohn Hallur Gissurarson und Sturla Þórðarsons 13-jähriger Tochter Ingibjörg Sturludóttir aus der Familie der Sturlungar. 

Flugumýrarbrenna - Der Brand von Flugumýri 1253

Allerdings waren nicht alle Angehörige der Sturlungar mit dieser geplanten Versöhnung einverstanden.

So forderte Þuríður, eine uneheliche Tochter von Sturla Sighvatsson, ihren Mann Eyjólfur Þorsteinsson vor Zeugen auf, den Tod ihres Vaters zu rächen. 

Und als das Hochzeitsfest von Hallur und Ingibjörg in Flugumýri vorbei war und die meisten Gäste wieder abgereist, überfiel Eyjólfur mit seinen Männern am 22. Oktober 1253 den Hof und brannte ihn nieder. Bei dem Brand kamen viele Menschen ums Leben, darunter der Bräutigam, seine beiden Brüder und ihre Mutter. Gissur selbst überlebte, indem er sich in einem Fass Skyr versteckte. Auch die Braut überlebte, sie wurde von einem der Brandstifter, ihrem Vetter Kolbeinn Dufgusson, aus dem brennenden Haus getragen und in der Kirche des Hofes in Sicherheit gebracht. (Inibjörg heiratete einige Jahre später erneut und lebte mit ihrem Mann und ihren Kindern im Eyjafjörður.) 

Gissur schwor Rache, konnte Eyjólfur aber nicht ergreifen. 

Aber Eyjólfur zerstritt sich schließlich mit Þorgils Böðvarsson, einem Mitglied aus der Familie der Sturlungar, der aber mütterlicherseits aus der Familie der Ásbirningar stammte und nicht damit einverstanden war, dass Eyjólfur die Vorherrschaft im Skagafjörður beanspruchte. Eyjólfur wurde 1255 in einer Schlacht gegen Porgils und seine Männer getötet.

Im Jahr 1262 stimmten die isländischen Häuptlinge schließlich dem Alten Vertrag (Gamli sáttmáli) zu, der auch auf die Vermittlung von Gissur zustande gekommen war. Dabei unterwarfen sich die isländischen Häuptlinge dem norwegischen König Haakon IV. und erkannten ihn als König von Island an, auch mit entsprechenden Abgabepflichten an den König. Im Gegenzug verpflichtete sich der König, den Handel mit Island aufrecht zu erhalten und das Land alljährlich mit dem Nötigsten zu versorgen

Einen der Gegner des Vertrags tötete Gissur schließlich 1264, aber über die letzten Jahre von Gissur ist nicht mehr viel überliefert. Er soll Anfang 1268 gestorben sei, noch bevor er seinen letzten Plan, in ein Kloster einzutreten, umsetzen konnte.

Mit dem Alten Vertrag und dem Tod Gissurs ging dann endgültig die Sturlungar-Zeit und die Zeit der isländischen Unabhängigkeit zu Ende.



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