Weihnachtsbäume auf Island
Weihnachtsbäume gibt es tatsächlich noch gar nicht so lange - es gibt erste Überlieferungen vom Anfang des 16. Jahrhunderts, in denen von Tannenbäumen die Rede ist, die zur Weihnachtszeit aufgestellt wurden.
Eine gewisse Verbreitung erfuhren die Weihnachtsbäume dann in Deutschland in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts, nach der Reformation, als die ersten Protestanten es als unpassend empfanden, dem katholischen Brauch folgende eine Weihnachtskrippe aufzustellen. Im Laufe der Zeit befestigte man dann noch Kerzen auf die Äste der Weihnachtsbäume und schmückte sie mit Äpfeln, Nüssen und Zuckerguss.
Der Brauch, zu Weihnachten immergrüne Tannenbäume aufzustellen, verbreitete sich aber erst ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Europa. Im 19. Jahrhundert kamen die ersten Weihnachtsbäume dann auch in die nordischen Länder.
Mitte des 19. Jahrhunderts gab es die ersten Weihnachtsbäume auf Island - vor allem bei reichen dänischen Kaufleuten und Beamten, die diesen Brauch aus ihrer Zeit in Dänemark kannten.
Da auf Island keine wilden Fichten wuchsen, waren die ersten Weihnachtsbäume auf Island selbstgemacht, aus Stangen und Stöcken und manchmal grün oder rot bemalt. Sie wurden oft mit Kerzen geschmückt, die mit Wachs am "Baum" befestigt wurden, oder die Bäume wurden z.B. mit Heidekraut dekoriert.
Der älteste dieser Weihnachtsbäume auf Island, der heute noch erhalten ist, stammt aus dem Jahr 1873.
Damals verbrachte die frischverheiratete Dänin Kamilla Briem im Pfarrhaus Hruni in Hrunamannahreppur ihr erstes Weihnachten auf Island, in der Nähe von Flúðir, und Jón Jónsson, der Bauer vom etwa 2 km entfernten Hof Þverspyrna, baute der jungen Pfarrfrau einen Weihnachtsbaum. Später erbte Kamillas Tochter Elín Steindórsdóttir (1881 - 1965) den Weihnachtsbaum. Sie lebte in Oddgeirshólar, einem Hof etwa 10 km östlich von Selfoss. Elín schenkte den Baum 1955 dem Heimatmuseum des Bezirks Árnessýsla. Heute wird der Weihnachtsbaum normalerweise im Museum in Eyrarbakki ausgestellt.
Hier auf dem Foto aus einem Artikel vom Morgunblaðið vom 15.12.2024 über eine Weihnachtsausstellung vom Nationalmuseum in Reykjavík sieht man links den originalen Weihnachtsbaum von 1873 und rechts einen Nachbau, geschmückt mit Heidekraut und bunten Kerzen auf den Enden der Stangen, wie der Baum vor rund 150 Jahren vermutlich aussah.
Anlässlich der 150-Jahr-Feier der Kirche von Hruni wurde der Baum beim Weihnachtsgottesdienst in der Hrunakirkja aufgestellt und geschmückt. Dieses Foto hier, das ich auf der Homepage des Byggðasafn Árnesinga aus dem Jahr 2015 gefunden habe, zeigt Ólöf Elísabet Árnadóttir (1920 - 2017), die Enkeltochter von Kamilla Briem, seinerzeit mit dem Baum bei der Weihnachtsmesse in der Kirche.
Quelle: byggdasafn.is |
Etwa Mitte des 20. Jahrhunderts gab es auch die ersten echten Weihnachtsbäume bei den Familien auf Island. Anfangs waren es noch teure, importierte Fichten, die viele Leute sich gar nicht leisten konnten. Um 1970 kamen dann auch die ersten isländischen Fichten als Weihnachtsbäume auf den Markt.
Heute holen sich wohl die meisten Isländer am liebsten einen echten Weihnachtsbaum ins Haus, den sie dann schmücken, oft bunt und mit selbstgebastelten Ornamenten, die sich im Laufe der Jahre ansammeln. Aber es ist auch nicht unüblich, sich einen künstlichen Weihnachtsbaum zu holen - gerade in einem so baum-armen Land wie Island vermutlich eine naheliegende Entscheidung, zumal man den Baum dann jedes Jahr wieder aufs Neue aufstellen kann.
Künstliche Weihnachtsbäume im Gartencenter in Selfoss |
Aber u.a. aus Nachhaltigkeitsgründen werden auch selbstgebastelte Weihnachtsbäume wieder beliebter.
Da liegen wir mit unserem schönen Holz-Baum, den mein Mann mir letztes Jahr geschenkt hat, gewissermaßen voll im Trend!
Einer der bekanntesten Weihnachtsbäume auf Island ist der sogenannte Oslo-Baum.
Seit 1951 schenkt die norwegische Hauptstadt Oslo jedes Jahr der isländischen Hauptstadt Reykjavík einen großen Weihnachtsbaum, als Zeichen der starken Freundschaft und der Verbundenheit zwischen den beiden Nationen. Der Baum wird auf dem Austurvöllur aufgestellt und am 1. Advent in einer feierlichen Zeremonie vom Bürgermeister zum ersten Mal entzündet.
Viele Jahre lang kam der Baum aus Norwegen und wurde mit dem Schiff nach Island gebracht, bis Oslo Anfang 2014 aus verschiedenen Gründen beschloss, keinen Weihnachtsbaum mehr zu verschenken - diese Entscheidung kam bei den Menschen in Reykjavík allerdings nicht besonders gut an.
Schließlich wurde einvernehmlich beschlossen, die Tradition doch fortzusetzen. Der Oslo-Baum kommt jetzt aber aus Heiðmörk, einer norwegischen Baumplantage in der Nähe von Reykjavík. Auch hier wachsen mittlerweile hohe, schöne Weihnachtsbäume, und man spart sich, auch aus Klimaschutz-Aspekten, den Transport des 10 bis 12 Meter hohen Baums aus Norwegen.
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