Dienstag, 31. Oktober 2023

Gott veður í haust

Gutes Wetter im Herbst


Manchmal hat man einfach Glück. Eine Freundin von uns ist aktuell gerade spontan in den Urlaub geflogen, in den Süden, weil sie hier auf Island in den letzten 6 Wochen gerade mal an 6 Tagen die Sonne gesehen hatte. Aber quasi direkt nach ihrer Urlaubsbuchung hat sich das Wetter hier geändert und aktuell ist es gerade richtig, richtig schön hier! 

Knackig kalt, stellenweise seit Tagen durchgehend gefroren, aber strahlend schön! 


Ausflug ins Haukadalur 

Ich habe das gute Wetter gestern noch mal genutzt, um einen Ausflug ins Hochtemperaturgebiet Haukadalur zu machen, ist nicht weit von uns. Einfach nur rumlaufen, Fotos machen und genießen! 

Ich hatte erst noch gewartet, ob die Sonne mir das Kratzen der Autoscheiben abnimmt, irgendwann habe ich mich dann aber doch aufgerafft und selber die Frontscheibe freigekratzt und ziemlich genau um 12 Uhr war ich dann beim Geysir Center. 

Als ich ankam, war noch ziemlich wenig Betrieb, es standen zwar mehrere Busse vor dem Eingang, der Pkw-Parkplatz vorne war aber noch ziemlich leer. 

Als ich dann gut 1,5 Stunden später wieder gefahren bin, sah das allerdings schon wieder ganz anders aus, da waren es dann weniger Busse, dafür war der Parkplatz für die Pkw sehr gut gefüllt bis in die hintersten Reihen. Es ist eben alles eine Momentaufnahme... 


Ich bin dann einfach rumgelaufen und habe das tolle Wetter und die strahlenden Herbstfarben genossen... 



Goshver - Geysir  

Ein Geysir ist eine heiße Quelle, die in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen kochend heißes Wasser und Dampf ausstößt, oft viele Meter hoch in die Luft.

In vielen Sprachen werden diesen Quellen nach dem Großen Geysir hier im Haukadalur benannt, auf Deutsch ist der Geysir oder der Strokkur also ein "Geysir", auf Englisch ist es ein "Geyser". 

Auf Isländisch sagt man zu einem Geysir übrigens goshver - "hver" ist eine "heiße Quelle" und "gos" kommt von "að gjósa" = "sprudeln, ausbrechen", ein Geysir (= goshver) ist also wörtlich eine heiße Quelle, die ausbricht. Von "gos" spricht man übrigens auch bei einem Vulkanausbruch ("eldgos") oder bei einem Softdrink mit Kohlensäure ("gos"). 


Der Geysir Strokkur

Der Geysir Strokkur spuckt seine heißen Wasserfontäne bis zu 35 Meter hoch in die Luft, je nach "Tagesform", Wetterbedingungen etc. Der Name "Strokkur" bedeutet übrigens "Butterfass". 

Am Strokkur hatte ich genug Zeit, mir etliche Ausbrüche aus verschiedenen Perspektiven anzuschauen. Gestern war diese "blaue Blase", die oft einem Ausbruch vorangeht, wirklich gut zu beobachten.


Ja, es war schon Betrieb hier, stoßweise schon viele Menschen, aber mit genügend Zeit ist das auch gar kein Problem. Da warte ich eben einen Ausbruch in der 2. Reihe ab, ddanach gehen die meisten Leute direkt wieder und ich kann vorrücken und habe dann für den nächsten Ausbruch eben meinen "Logenplatz" mit direktem Blick auf den spuckenden Geysir.


Schön finde ich auch oft die Gespräche der anderen Touristen - gestern hatte ich zwei ältere Touristinnen neben mir, die eine war fest überzeugt, der Strokkur bricht alle 7 Minuten aus, das hätte sie gelesen, die andere meinte, nein, alle 8 Minuten, sie hat auf die Uhr geguckt, in einer Minuten bricht er aus... 

Äh - nein, er spuckt unregelmäßig, manchmal zwei Mal direkt hintereinander, manchmal muss man ein bisschen länger warten, mal spuckt er höher, mal sieht es eher wie ein "Fehlversuch" aus - man weiß es vorher nie, und genau das finde ich wunderschön! 



Der Große Geysir 

Berichte überliefern den ersten Ausbruch des Großen Geysirs (Stóri Geysir - Großer Geysir) für das Jahr 1292, nach größeren Erdbeben im Geothermalgebiet Haukadalur. Er ist damit der älteste bekannte Geysir und gelegentlich immer noch aktiv. Namentlich erwähnt wurde er erstmals 1647. 

Nach einem großen Beben 1630 soll der Geysir besonders aktiv gewesen sein, die Wassersäule seiner Ausbrüche erreichte damals wohl Höhen von 60 bis 80 Metern. 

Im Laufe der Zeit änderte sich das Ausbruchsverhalten des Geysirs immer wieder drastisch, vor allem nach Erdbeben in der Region. Über längere Epochen stellte er seine Aktivität ganz ein. Ende des 19. Jahrhunderts brach der Geysir nur noch einmal in drei Wochen aus, nach einem Erdbeben 1896 sprang der dann wieder 1 bis 2 Mal am Tag. Danach nahm die Aktivität des Geysirs wieder deutlich ab, durch etliche Erdbeben war die Oberfläche (= Kühlfläche) wohl zu groß geworden und er "spuckte" nicht mehr. Zeitweise kippte man Seifenlauge in den Geysir, um ihn für Besucher doch noch zum "Überkochen" zu bringen - eine Praxis, die mittlerweile aus Umweltschutzgründen zum Glück verboten ist.  


Bei den Erdbeben in der Region im Juni 2000 brach der Geysir dann wieder aus, sogar mehrfach am Tag, seitdem hat seine Aktivität aber wieder deutlich nachgelassen, heute gilt er als "dormant" (= inaktiv). 

Technisch gesehen spricht man wohl von einem "inaktiven Geysir" (= "dormant geyser"), wenn ein Geysir seit zwei Jahren nicht mehr ausgebrochen ist, also kein eruptives Verhalten mehr gezeigt hat. 


Ich persönlich habe bisher bei vielen Besuchen hier im Haukadalur noch keinen Ausbruch des Großen Geysirs miterlebt - aber ich kenne zumindest Leute, die das schon erlebt haben... 




Die Thermalquelle Blesi 

Die Thermalquelle Blesi ist eine heiße Quelle mit zwei verschieden farbigen Becken. Das Wasser der Quelle läuft zuerst in das erste Becken, das gefüllt ist mit farblosem, kochend heißen Wasser. Dieses Becken dampft meistens auch ordentlich (der Dampf ist übrigens nicht unbedingt geruchlos). Aus dem ersten heißen Becken fließt ein Teil des Wassers dann über in das zweite Becken - dessen Oberfläche leuchtet wunderbar intensivblau.

Diese Färbung entsteht durch die im Thermalwasser enthaltene Kieselsäure, die bei Kontakt mit Luft bestimmte Molekülketten bildet, die bei einer etwas niedrigeren Temperatur dann die Umgebungsluft reflektieren - deshalb diese intensive blaue Farbe. 


Schon schön hier! Na gut, vielleicht nicht ganz geruchsneutral, muss ich zugeben... aber mittlerweile mag ich den Geruch - es riecht so heimelig und nach Island! 




Konungshver

Die sogenannte "heiße Köningsquelle" liegt oberhalb von Geysir und der Thermalquelle Blesi. Die Quelle erhielt ihren Namen zu Ehren des dänischen Königs Christian IX., der das Geothermalgebiet 1874 besuchte. 


Auf jeden Fall hat man von hier eine herrliche Aussicht! Auch wenn ich bei dem Wetter die Gletscher am Horizont nicht sehen konnte, hier hingen dann doch ein paar Wolken, ganz weit weg. 


Einfach nur wunderschön hier, finde ich - jedes Mal wieder! 




Mit ein paar letzten Blicken auf den Strokkur, ... 


...die traumhaft schöne Herbstlandschaft... 


...und das Eis, das hier von der Thermalquelle Blesi die Hang hinunter läuft, breche ich wieder auf.


Auch hier am Strokkur sieht man gut, dass es ordentlich kalt ist - vorne das Wasser ist gefroren, während hinten der Strokkur sein heißes Wasser in die Luft spuckt - was dann aber in der Luft schnell abkühlt. 


So, ab mit mir, langsam wird mir doch kalt! 



P.S.:

Dank des schönen Wetters konnte ich mich abends dann noch zu Hause über schöne Nordlichter freuen, die im Norden am Himmel tanzten oder, wie hier, sich quasi wie ein Regenbogen über den ganzen Hommel spannten... 




Sólarupprás í lok október

Sonnenaufgang Ende Oktober


Man merkt es jeden Morgen ganz deutlich, dass es Winter wird - als wir am 21. Oktober hier ankamen, sind wir gegen 8.20 Uhr gelandet, da war es aber definitiv schon hell (gerade mal geschaut: Sonnenaufgang war um 8.31 Uhr an dem Tag). 

Als ich heute um 8.20 Uhr durchs Haus lief, fiel mir auf, wie dunkel es da noch war, und ich habe mal ein Foto von meinem Blick auf die Terrasse gemacht - ja, es dämmerte schon, aber es war definitiv noch ziemlich dunkel!

Foto von 8.20 Uhr

Zum Vergleich dann noch mal ein Foto von kurz nach 9 Uhr, also kurz nach dem offiziellen Sonnenaufgang:

Foto von 9.05 Uhr

Und noch ein Foto, das habe ich ziemlich genau um 11 Uhr aufgenommen, wieder Blick auf die Terrasse, mittlerweile ist es hell, im Schatten aber immer noch ein bisschen dunkel - ich finde, man sieht ganz gut an den gefrorenen Oberflächen, dass es kalt ist draußen. Auch wenn unser Thermometer tapfer behauptet, es wären nur noch - 0,1°... 

Ich finde, man erkennt schön, wo die Sonne im Hintergrund schon hinkommt, wo das Gras hell leuchtet - und wo noch Schatten ist und die Dunkelheit hängt. 

Foto von 11.00 Uhr

Ein letztes Bild von heute, diesmal etwa eine Stunde später - mittlerweile kommt die Sonne schon überall hin, aber die Bäume und die Büsche an der Einfahrt werfen lange Schatten... 

Foto von 12 Uhr


Zum Vergleich: 

Am 1. Oktober war Sonnenaufgang hier um 7.32 Uhr und Sonnenuntergang um 18.53 Uhr, der Tag war also noch rund 11,5 Stunden lang. 

Heute am 31. Oktober ist Sonnenaufgang um 9.02 Uhr und Sonnenuntergang um 17.11 Uhr. Der Tag ist also nur noch gut 8 Stunden lang, schon 3,5 Stunden weniger als am Monatsanfang. 

Das merkt man wirklich deutlich... 




Freitag, 27. Oktober 2023

Vanillukaka

Vanille-Kuchen


Die Tage habe ich den Mann mit den Kindern zum Wandern geschickt und dann zu Hause in Ruhe diesen Vanille-Kuchen gebacken mit dem, was ich eben gerade im Haus hatte - darunter 1 Liter AB-Mjólk mit Geschmacksrichtung Vanille (außerhalb Islands dann mit Vanille-Joghurt ersetzen). 

Der Kuchen kam richtig gut an - das Gastkind fragte ganz überrascht, ob ich den Kuchen wirklich selber gebacken hätte, der wäre nämlich "voll lecker". "Krass geil" war dann sein Kommentar, als ich ihm bestätigt habe - ja, der Kuchen ist tatsächlich selbstgebacken!


Zutaten

300 g Mehl
200 g Zucker
1 TL Backpulver
1 TL Back-Natron
1 Prise Salz
3 Eier
140 g Öl
230 g AB-Mjólk Vanille-Geschmack


Zubereitung

Den Backofen auf 200° Ober-Unter-Hitze vorheizen. 

In einer Schüssel das Mehl mit dem Zucker, Backpulver, Natron und Salz vermischen. 


Anschließend die Eier, das Öl und die AB-Mjólk hinzufügen und alles zu einem glatten Teig verrühren. 



Den Teig dann in eine mit Backpapier ausgelegte Springform geben, glattstreichen...


... und bei 200° Ober-Unter-Hitze ca. 35 bis 40 Minuten lang backen, bis der Kuchen schön goldbraun geworden ist (Stäbchenprobe!).


Den Kuchen aus dem Ofen holen, auskühlen lassen und vorsichtig aus der Form lösen.

Vor dem Servieren noch mit Puderzucker bestäuben.


Noch lauwarm aus dem Ofen schmeckt der Vanille-Kuchen ganz besonders gut! 


Guten Appetit! 



Kvennafrídagur 2023

Frauenstreik auf Island


Am Dienstag war hier auf Island Frauenstreik - bis zu 100.000 Menschen versammelten sich hier auf dem Arnarhóll in Reykjavík. Es war mittlerweile der 7. Frauentag auf Island. Dabei geht es darum, gegen die verschiedenen Formen des Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu protestieren und auf den Beitrag von Frauen zur Gesellschaft aufmerksam zu machen. 

Die bisherigen Frauenstreiks auf Island fanden 1975, 1985, 2005, 2010, 2016 und 2018 statt. 

Wie beim ersten Mal 1975 legten auch 2023 die Frauen den ganzen Tag die Arbeit nieder. Im Jahr 2005 hatten die Frauen erst um 14.08 Uhr die Arbeit nieder gelegt, um darauf aufmerksam zu machen, dass sie - bei gleichem Lohn wie Männer - nur bis zu dieser Uhrzeit für ihre Arbeit bezahlt wurden. Der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen verringerte sich in den folgenden 11 Jahren immerhin um 30 Minuten - beim Frauenstreik 2018 streikten die Frauen erst ab 14.38 Uhr. Wenn die Entwicklung in diesem Tempo weiterginge, wäre die finanzielle Gleichstellung schon im Jahr 2068 erreicht - also nur noch schlappe 45 Jahre... 


Kvennafrídagurinn 1975

Der erste Frauenstreik (eigentlich: der erste Freie Tag für Frauen) auf Island war am 24. Oktober 1975. An diesem Tag versammelten sich rund 25.000 Frauen (damals über 10% der gesamten isländischen Bevölkerung) zu einer Demonstration auf dem Lækjatorg in Reykjavík, auf dem Platz schräg gegenüber dem Arnarhóll. 

Die isländischen Frauen legten an diesem Tag ihre Arbeit nieder, sowohl die bezahlte als auch die unbezahlte Arbeit, und forderten Gleichberechtigung, eine gerechte Bezahlung und bessere Kinderbetreuung.

Zu dem Streik aufgerufen hatten damals fünf Frauenorganisationen. Der Vorsitzende des isländischen Gewerkschaftsbundes sicherte der Aktion seine Unterstützung zu, einige Gewerkschaften leisteten auch finanzielle Unterstützung. Und der Frauenstreik stieß auf eine breite Unterstützung - und schuf so ein gesellschaftliches Klima, in dem fünf Jahre später Vigdís Finnbogadóttir als erste Frau weltweit zum Oberhaupt eines Landes gewählt wurde (und das auch noch als geschiedene Frau und alleinerziehende Mutter eines Adoptivkindes). Island war also schon damals führend in Sachen Gleichberechtigung. 


Island ist seit Jahren Spitzenreiter in Sachen Gleichberechtigung weltweit 

Mittlerweile ist die Gleichstellung der Geschlechter, insbesondere auch auf dem Arbeitsmarkt, nirgendwo auf der Welt größer als in Island. 

Seit  2009 führt Island jedes Jahr den Gender Gap Index des Weltwirtschaftsforums an als das Land mit der weltweit geringsten Ungleichheit bei der Bezahlung. Bei diesem Report wird das Ausmaß der geschlechtsspezifischen Unterschiede untersucht in den Bereichen Wirtschaftliche Teilnahme und Teilhabe, Zugang zu Bildung, Gesundheit und Lebenserwartung sowie politische Teilhabe

Trotzdem ist auch in Island noch keine Gleichstellung erreicht und gerade in letzter Zeit gab Rückschritt, eine wachsende Intoleranz, Vorurteile, Benachteiligungen und sexuellen Übergriffe gegenüber Frauen und nicht-binären Personen nahmen wieder zu - daher jetzt der erneute Aufruf zu einem ganztägigen Frauenstreik auf Island, um die Gleichstellung der Geschlechter wieder in den Vordergrund zu stellen.

Obwohl Frauen auf Island mittlerweile im Schnitt besser ausgebildet sind als Männer und es seit November 2017 hier ein Equal-Pay-Gesetz gibt (wonach Unternehmen mit mindestens 25 Mitarbeitern nachweisen müssen, dass sie Männern und Frauen in gleicher Position mit vergleichbarer Ausbildung dasselbe Gehalt zahlen), verdienen Frauen im Schnitt immer noch 17% weniger als Männer. Das liegt hierzulande weniger daran, dass Frauen Teilzeit arbeiten würden, sondern vorwiegend daran, dass Berufe mit hoher Frauenquote systematisch schlechter bezahlt werden. 

Männer können auch ohne Ausbildung in der Fischerei oder der Aluminiumindustrie arbeiten und dort relativ gut verdienen - Frauen ohne anerkannte Ausbildung (oft Migrantinnen) haben diese Möglichkeit nicht und arbeiten eher im Tourismus, z.B. als Reinigungskraft in Hotels, und werden dort deutlich schlechter bezahlt. Migrantinnen arbeiten im Schnitt mehr als andere Frauen, haben unregelmäßigere Arbeitszeiten - kennen oft ihre Rechte nicht oder können sie nicht einfordern und verdienen schlechter als andere.


Fakten über die Situation von Frauen, Mädchen und nicht-binären Personen auf Island

Das Arbeitseinkommen von Frauen in Island ist immer noch um 21% niedriger als das von Männern.

70% der alleinerziehende Mütter können unerwartete Ausgaben von 80.000 ISK (ca. 540 €) nicht bestreiten.

Mindestens 40% der Frauen erleben im Laufe ihre Lebens geschlechtsspezifische Gewalt oder sexuelle Belästigung.

Jedes sechste Mädchen wurde bis zur zehnten Schulklasse von Gleichaltrigen sexuell missbraucht. 

Frauen mit Behinderungen erleben mehr Gewalt als andere Frauen. 

Frauen ausländischer Herkunft arbeiten im Schnitt mehr und haben unregelmäßigere Arbeitszeiten als andere Frauen in Island.

Nicht-binäre Personen fühlen sich auf dem Arbeitsmarkt nicht sicher und trauen sich aus Angst vor Ausgrenzung nicht, am Arbeitsplätz sie selbst zu sein.


Forderungen der Streikenden 2023

Beim Frauenstreik am 24. Oktober 2023 wird die Beseitigung geschlechtsspezifischer und sexualisierter Gewalt gefordert und die Wertschätzung der Arbeit von Frauen und nicht-binären Personen ("konur og kvár"). 

Es geht darum, auf den Beitrag aufmerksam zu machen, den diese Gruppe für die Gesellschaft leistet, Tag für Tag - und der manchmal übersehen und sehr oft unterbewertet wird. 

Þriðja vaktin - die dritte Schicht

Die Aufmerksamkeit wird auf die "emotionale Arbeit" gelenkt, die überwiegend von Frauen geleistet wird, Stichwort "mental load". Erst kommt die Erwerbsarbeit (die erste Schicht), dann kommt der Haushalt (die zweite Schicht) - und dann haben Frauen immer noch nicht "Feierabend" und "frei", denn die "dritte Schicht" dauert 24 Stunden, 7 Tage die Woche.

In der Regel sind auch auf Island die Frauen diejenigen, die für die Organisation des Haushalts zuständig sind, dafür, dass im Familienalltag alles reibungslos läuft, die Kinder mit sauberer Kleidung und Hausaufgaben pünktlich zur Schule kommen, der Kühlschrank gefüllt ist, für alle vernünftiges Essen auf den Tisch kommt und das Geschenk für die nächste Einladung besorgt ist. Wenn dann noch die Wohnung blitzt und zu Weihnachten mindestens 6 Sorten Kekse auf dem Tisch stehen - perfekt! 

Teilweise wird in diesem Kontext von "unbezahlter Sorgearbeit" gesprochen, die meistens die Frauen leisten und die in der Gesellschaft von vielen nicht geschätzt, oft nicht einmal wahrgenommen wird. 

Und auch hierum geht es bei dem Frauenstreik 2023 - diese Arbeit, diese "dritte Schicht", die Frauen leisten, sichtbar zu machen und die gesellschaftliche Würdigung einzufordern.

Sexuelle Gewalt und Strafverfolgung

Ziel des Frauenstreiks 2023 ist es auch, auf die sexuelle Gewalt aufmerksam zu machen, der Frauen ausgesetzt sind - und in besonderem Maße behinderte Frauen, ausländische Frauen und nicht-binäre Personen. 

Die Streikenden werfen der isländischen Justiz Unfähigkeit vor, wenn es um Ermittlungen von Straftaten, Strafverfolgung und faire Verfahren geht. 

Seit 2010 gibt es einen nahezu linearen Anstieg bei den gemeldeten Vergewaltigungen (mit einem kurzzeitigen Rückgang während der Corona-bedingten Quarantänebeschränkungen): Während 2015 im ganzen Jahr noch 126 Vergewaltigungen angezeigt wurden (rund 40% mehr als im Vorjahr 2014), waren es im Jahr 2022 allein in den ersten 6 Monaten bereits 125 Vergewaltigungen, die angezeigt wurden. Jede vierte Frau in Island wurde bereits mindestens einmal Opfer einer Vergewaltigung oder einer versuchten Vergewaltigung. Laut Statistik fanden übrigens 66% der Vergewaltigungen im Hauptstadtgebiet statt und 65% zwischen 18 Uhr abends und 6 Uhr morgens. 

Seit 2018 gilt auf Island übrigens auch eine neue, geänderte Definition von Vergewaltigung: "Wer Geschlechtsverkehr oder andere sexuelle Handlungen mit einer Person ohne deren Zustimmung vornimmt, macht sich der Vergewaltigung schuldig." Nach alter Rechtslage handelte es sich nur dann um eine Vergewaltigung, wenn die sexuelle Handlung unter Anwendung von Gewalt, Drohungen oder anderen Zwängen vorgenommen wurde. Bei der Abstimmung im Alþingi stimmten im März 2018 tatsächlich 97,9% der Abgeordneten für diese Gesetzesänderung.


Ég þori, get og vil! 

Unter diesem Motto ("Ich traue mich, ich kann und ich werde!") fanden am Dienstag im ganzen Land fanden anlässlich des Frauenstreiks Veranstaltungen statt, von Akureyri über Raufarhöfn bis Vestmannaeyjar. Die größte Versammlung fand in Reykjavík ab 14 Uhr auf dem Arnarhóll statt. Insgesamt versammelten sich etwa 100.000 Menschen - also mehr als 1/4 der gesamten Bevölkerung des Landes. 




Auch die Premierministerin beteiligte sich 

Auch die isländische Premierministerin Katrín Jakobsdóttir (hier auf dem Foto mit dem Präsidenten Guðny Jóhannesson bei den Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag am 17. Juni) beteiligte sich am Frauenstreik 2023 - um Solidarität mit allen Frauen auf Island zu zeigen und den Unmut über die immer noch mangelnde Gleichberechtigung zum Ausdruck zu bringen.

Es gibt immer noch viel zu tun, um das Ziel der Lohngleichheit für die Geschlechter zu erreichen, und es ist für die Premierministerin unverständlich, dass dieses Ziel auch im Jahr 2023 immer noch nicht erreicht ist - 48 Jahre nach dem ersten Frauenstreik auf Island. 

Derzeit sei die Regierung dabei, bei staatlichen Bediensteten die Besoldung traditioneller Frauenberufe im Vergleich zu traditionellen Männerberufen zu überprüfen, insbesondere im Hinblick auf die Bewertung und Eingruppierung. 

Beispielswese Erzieher ist auf Island ein akademischer Beruf, für den an ein abgeschlossenes Studium braucht - trotzdem werden Erzieher*innen vergleichsweise schlecht bezahlt und man sucht händeringend Personal. 

Hier hat sich seit dem ersten Streik vor 48 Jahren scheinbar erschreckend wenig getan - schon damals war es ein Thema der Streikenden, warum kaum Männer dieses Studium absolvieren, um hinterher bei schlechter Bezahlung als Erzieher zu arbeiten. 


P.S.: Kvennafrídagurinn - der freie Tag der Frauen

Formell ist es kein offizieller, genehmigter Streik. Allein schon aus formal-rechtlichen Erwägungen. Aber dem Aufruf folgten so viele, dass schon im Vorfeld feststand, dass kaum ein Chef seine Mitarbeiterinnen für die Teilnahme am Frauenstreik bestrafen würde, das Gehalt kürzen oder ähnliches. 

Manche Firmen untersagten ihren Mitarbeiterinnen allerdings die Teilnahme am Streik bzw. kündigten Gehaltskürzungen an, so z.B. in einer Buchhandlung in Akranes. Daraufhin erschienen hier die Mitarbeitrinnen am Streiktag mit ihrem Strickzeug zur Arbeit und bedienten zwar die Kunden, aber alle andere Arbeit blieb liegen, weil die Frauen zusammen saßen, strickten und redeten - auch bei den Kunden fand das Unterstützung. 


Der Streiktag auf dem Land

Wir persönlich haben am Dienstag hier wenig vom Frauenstreik mitbekommen - z.B. die Schulschließungen und der Notdienst bei der Kinderbetreuung oder im medizinischen Bereich betrafen uns nicht, auch nicht die Ausfälle im öffentlichen Nahverkehr etc. 

Wir waren auf Touristen-Tour mit unserem Besuch am Geysir - da fiel uns schon auf, dass im Servicebereich im Café und im Restaurant ausschließlich Männer bedienten. Allerdings fiel uns das auch nur auf, weil wir darauf geachtet haben und wussten, dass an dem Tag Frauenstreik war - irgendwelche Schilder, die z.B. auf den Streik hingewiesen hätten, gab es nicht. 


Im Vorfeld hatten wir uns ja schon Sorgen gemacht, ob unser Pizza-Abend am Dienstag ausfallen müsste. Tatsächlichen waren fünf Filialen von Domino's aufgrund des Frauenstreiks geschlossen. Die Filiale hier in Selfoss war aber geöffnet - tatsächlich waren hier ausschließlich Männer bei der Arbeit zu sehen, als wir unsere bestellten Pizzen abgeholt haben. 

Quelle: domino.is

Und ich fand auch, es waren auffällig viele Männer, die ihre bestellten Pizzen abholten - ebenso wie im Subway-Restaurant nebenan vor allem Väter mit ihren Kindern saßen und aßen. Auch darum ging es ja bei dem Streik - dass die Frauen an diesem Tag auch ihre unbezahlte Care-Arbeit niederlegen, um für die Würdigung dieser alltäglichen Arbeit zu demonstrieren.

Denn daran, dass es immer noch überwiegend die Frauen sind, die in den Familien die "dritte Schicht" übernehmen, hat sich bis heute viel zu wenig geändert. 

Milchwerbung mit traditionellen Rollenbildern (Skyrland)



Sonntag, 22. Oktober 2023

Ungeplante Übernachtung in Kopenhagen

Anreise mit Hindernissen


Eigentlich wollten wir am Freitag von Frankfurt über Kopenhagen nach Island fliegen. 

Die Herbststürme über Island hatten hier ab Mittwochabend bis Donnerstag zu zahlreichen Flugausfällen wegen des Wetters gesorgt, aber die Situation hatte sich dann beruhigt und als wir in Frankfurt zum Flughafen fuhren, waren wir eigentlich ganz optimistisch, dass alles klappen würde. 

Wir waren rechtzeitig am Flughafen, die Kofferabgabe und die Sicherheitskontrolle gingen relativ unproblematisch und schnell, auch wenn in Hessen an dem Tag die Herbstferien anfingen und ziemlich viel Betrieb war. 

Also erstmal alles bestens!


Sturm über der Ostsee 

Aber das Wetter, das am Mittwoch / Donnerstag für die Einschränkungen im Verkehr auf Island gesorgt hatte, war weitergezogen - und kam am Freitagabend in Dänemark an. 

Spontaner Applaus für die geglückte Landung in Kopenhagen

Bei der Landung merkten wir es schon: Der Kapitän hatte angesagt, es würde "ein bisschen windig", und er hatte definitiv recht. Es wackelte ordentlich beim Landeanflug auf Kopenhagen, mein Mann machte sich schon Sorgen, ob die Tragflächen vielleicht Schaden nehmen könnten, je nachdem, wie das Flugzeug aufkam - und als die Maschine erfolgreich gelandet war, brachen etliche Passagiere spontan in begeisterten Applaus aus. Juchhu, alles gut gegangen!

Weiterflug gecancelt 

Als wir dann aus dem Fliegen kamen, empfing uns an der Tafel mit den Weiterflügen aber bereits die Meldung, dass unser Flug nach Keflavík gecancelt war. Und wir standen da, mit zwei Kindern - was nun?!?


Wir warteten erst am Gate, in der Hoffnung, dass uns die Mitarbeiter dort vielleicht sagen konnten, wohin wir uns wenden sollten, ständig mit Blick aufs Handy. Von Icelandair kamen dann auch relativ schnell eine Mail, dass unser Flug abgesagt war, wir aber auf einen anderen Flug am nächsten Morgen um 7.25 Uhr umgebucht wurden. Wegen Übernachtung etc. solle man sich an einen Mitarbeiter vor Ort wenden oder sich selbst etwas suchen und die Kosten bei der Airline einreichen. 

Wir wurden dann vom Gate weitergeschickt zum Transfer-Center im Flughafen. Unser Flug war natürlich nicht der einzige, der abgesagt worden war, also war hier viel Betrieb und alles voller Menschen. Wir zogen am Automaten die Warte-Nummer "S0724", als wir ankamen, waren aber noch über 300 Nummern vor uns dran. 


Es dauerte also, bis wir an die Reihe kamen. Dafür klappte dann alles gut, wir bekamen unsere Gutscheine für zwei Hotelzimmer im "Scandic Kopenhagen" plus Taxi-Scheine und pro Person einen Essensgutschein über 125 DKK, einzulösen bei bestimmten Restaurants am Flughafen. Leider war es mittlerweile schon kurz vor 22 Uhr, die Restaurants hatten teilweise schon geschlossen, aber ein paar hatten auch noch geöffnet, zumindest bekamen wir Essen zum Mitnehmen, das wir aber noch am Tisch dort essen durften. 

Okay, die 125 DKK (umgerechnet knapp 17 €) reichten nicht ganz, bei den Preisen dort, aber insgesamt passte es schon und wir bekamen noch ein reichliches warmes Abendessen. 


Bis wir gegessen hatten, war es allerdings schon fast halb elf und bis wir im Hotel waren, war es dann kurz vor elf. Das Hotel lag relativ zentral - davon hatten wir allerdings nichts, es war dunkel und nass und kalt und ziemlich windig. Aber bei anderem Wetter hätten wir wirklich eine tolle Aussicht gehabt!


Die Nacht war allerdings kurz - am nächsten Morgen holte uns schon um 5 Uhr ein Taxi vor dem Hotel ab und brachte uns wieder zurück zum Flughafen. 

Es hat aber alles problemlos geklappt, auch keine langen Schlangen bei der Sicherheitskontrolle - wir kamen gut durch und holten uns dann noch ein kleines Frühstück am Flughafen. Dieser "Cinnamon Swirl" (quasi eine Hardcore-Zimtschnecke mit Puddingfüllung und etwas Zuckerguss) beim "Lagkagehuset" hat wirklich gut geschmeckt! 


Um 7.25 Uhr sollte unser Flug starten, ein bisschen verzögerte es sich, bis die Maschine aus Keflavík gelandet war und alles ausgeladen und wieder einstiegsbereit, aber alles unproblematisch. 

Wir kamen noch mit anderen deutschen Passagieren ins Gespräch - eine Familie hatte es deutlich schlimmer erwischt als uns mit dem Wetter und den Flugausfällen: Sie hatten eigentlich am Mittwoch über Brüssel nach Island fliegen wollen, der Flug fiel aber wegen Sturm über Island aus. Sie hatten dann einen Tag in Brüssel, immerhin bei schönem Wetter, und dann sollte es am Freitag weitergehen über Kopenhagen nach Island. Tja, und dann saßen sie erstmal noch eine Nacht in Kopenhagen an und kamen schließlich mit 4 Tagen Verspätung auf Island an... 


Nach einem ruhigen Flug kamen wir am Samstagmorgen gegen halb neun Ortszeit hier in Keflavík an. Es dauerte nur ein bisschen - weil der Flug eigentlich um die Zeit gar nicht eingeplant war, landeten wir scheinbar im Cargo-Bereich und mussten dann mit Bussen zum Terminal gebracht werden. Hat aber auch alles gut geklappt und wir hatten Glück, als wir bei den Kofferbändern ankamen, kamen gerade auch die ersten Gepäckstücke, darunter auch unsere Koffer. 

Ein Freund hat uns abgeholt, wir sind auf dem Heimweg noch einkaufen gefahren, haben dann unser Haus wieder in Betrieb gesetzt. 

Aber irgendwie waren wir nach der Anreise doch hinreichend müde und haben gestern nicht mehr viel gemacht. Noch ein bisschen vor dem Kamin gesessen - und dann früh ins Bett gegangen.


Gute Nacht!