Sonntag, 24. November 2019

Zu Besuch beim Kölner Island-Kolloquium

der deutsch-isländischen Gesellschaft 2019


Letztes Wochenende waren wir unterwegs, zum 46. Island-Kolloquium der Deutsch-Isländischen Gesellschaft e.V. in Köln.

Die Deutsch-Isländische Gesellschaft (DIG) ist ein 1955 gegründeter Verein, sowohl für island-interessierte Deutsche als auch für in Deutschland lebende Isländer. Zweck des Vereins ist die Förderung und Wahrung gemeinsamer kultureller und wissenschaftlicher Belange zwischen Island und Deutschland und die Vertiefung der Beziehungen zwischen Isländern und Deutschen im Sinne der Völkerverständigung.

Seit 1971 veranstaltet der Verein in der Regel einmal im Jahr das "Kölner Island-Kolloquium" (KIK), bei dem jeweils vier Referenten zu einem Thema, das mit Island oder den deutsch-isländischen Beziehungen zu tun hat, vortragen.


Dieses Jahr haben wir uns das Island-Kolloquium angeschaut:

Der erste Programmpunkt war Styrmir Gunnarsson mit einen Vortrag über "Island und Deutschland: Neue Verbindungen auf alter Grundlage". Styrmir Gunnarsson war 43 Jahre bei der Zeitung Morgunblaðið, davon 36 Jahre als verantwortlicher Redakteur. Im Juni 2008 trat er in den Ruhestand und veröffentlichte 2009 ein Buch über den Bankenkollaps in Island im Herbst 2008 und seine Folge. Seit 2009 schreibt er außerdem für das Morgunblaðið noch eine Kolumne. Er unterstützt die isländische Unabhängigkeitspartei Sjálfstæðisflokkurinn,

Vom 2. Weltkrieg über die Kabeljau-Kriege bis zur Gegenwart ein sehr spannender Vortrag, auch wenn Styrmir Gunnarsson bei vielen Punkten auf ein gemischtes Echo im Publikum stieß.

In der anschließenden Diskussion ging es dann auch immer wieder um die Rolle Islands in der Weltpolitik (man habe sich so lange auf die USA verlassen können, unter Trump sei dies jedoch nicht mehr möglich, also müsse man sich neue Verbindungen suchen, und hier biete sich auch aus historischen Gründen insbesondere Deutschland an) sowie das Thema Island und EU, wobei Styrmir Gunnarsson seinen Standpunkt sehr vehement klar stellte - die Isländer haben so lange um ihre Unabhängigkeit gekämpft, seiner Meinung nach werden sie diese Unabhängigkeit nie wieder aufgeben. Ein EU-Beitritt kommt für ihn niemals in Frage, erklärte er, u.a. weil Island sonst keinen Wahlfang mehr betreiben dürfte, es Probleme mit den Fischerei-Quoten gebe und auch die traditionelle Räuchermethode mit Schafsdung in der EU verboten ist. Kein Hangikjöt mehr? Das kommt gar nicht in Frage!

Als zweites hielt ein pensionierter Deutschlehrer, der 2016 mit 81 Jahren das erste Mal nach Island reiste und dabei zum Fan der Insel wurde, einen Vortrag über Jón Kalman Stefánsson und seine Trilogie über einen namenlosen Waisenjungen mit einer Leidenschaft für Literatur. Der zeitgenössische isländische Autor (geb. 1963), der 2005 mit dem Isländischen Literaturpreis ausgezeichnet wurde, ist mir zwar namentlich schon ein paar Mal begegnet, aber wirklich etwas von ihm gelesen habe ich bisher noch nicht. Aber der Vortrag war gut und hat mir Lust aufs Lesen gemacht, die Bücher liegen jetzt hier und werden spätestens im nächsten Island-Urlaub gelesen!


Nach der anschließenden Mittagspause folgte dann ein Gesangsvortrag und ein Interview mit den Künstlern Rannveig Sif Sigurðardóttir (Mezzosopran) und Hjálmur Sighvatsson (Klavier). Auch interessante neue Eindrücke!


Der  letzte Tagesordnungspunkt war ein Vortrag von Dr. Sverrir Schopka über Heinrich Erkes' Reisen durch Island in den Jahren. An sich ein spannendes Thema - Erkes, geboren 1864 in Elberfeld, gestorben 1932 in Köln, war Kaufmann, Islandforscher, Bibliothekar und Sozialdemokrat. Ab 1900 beschäftigt er sich ernsthaft mit Island, erlernte die isländische Sprache, schrieb sogar einen Sprachführer und reiste ab 1905 immer wieder auf die Insel, wobei er seine Reisen fotografisch dokumentierte und Berichte darüber veröffentlichte. Er sammelte alles Schriftgut über Island, das er bekam, darunter auch einen Druck der ersten isländischen Bibel von 1584 und mehrere alte Edda-Ausgaben. Seine Sammlung ging an die Universitätsbibliothek in Köln.

Die Reisebeschreibungen insbesondere aus den frühen Jahren fand ich sehr spannend, allein schon, dass er sich 1906 oder 1907 darüber beschwert, dass ein Kreuzfahrtschiff in Akureyri vor Anker liegt, 300 Passagiere ausspuckt, die den Ort überschwemmen und Postkarten kaufen, bevor sie wieder zum Schiff zurückkehren und es im Ort wieder ruhig wird. Anscheinend hat sich in über 100 Jahren da nicht viel verändert!

Es gab übrigens (wohl von einer örtlichen Buchhandlung) auch einen Büchertisch mit lauter Island-Büchern, Fotobüchern und Kalendern. Wir haben hier sehr gerne gestöbert - und uns gefreut, dass wir auch das Isländisch-Lehrbuch von Stefan, unserem Isländisch-Lehrer, hier gefunden haben.


Insgesamt fanden wir das Island-Kolloquium der Deutsch-Isländischen Gesellschaft sehr spannend, mal so ganz andere Blickwinkel, auf die wir sonst nicht gekommen wären!


Am nächsten Tag waren wir dann noch in Köln auf den Spuren von Jón Sveinsson unterwegs, dem Autoren der Nonni-Bücher ("Nonni und Manni"), der 1944 in Köln gestorben ist und hier auf dem Melaten-Friedhof begraben liegt. Danach ging es dann für uns wieder heim.

Mal schauen, ob wir nächstes Jahr das 47. Kölner Island-Kolloquium auch besuchen können!


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