Sonntag, 25. Juni 2023

Friðheimar

Essen im Gewächshaus in Reykholt 



Ein Besuch im Gewächshaus und Restaurant Friðheimar ist ein ganz spezielles Erlebnis auf Island:

Hier direkt am Golden Circle kann man mitten im Gewächshaus sehr leckere, erntefrische Tomatengerichte genießen. Die Karte ist übersichtlich, aber lecker - und alles wird mit den eigenen Tomaten zubereitet, von der hausgemachten Tomatensuppe über weitere Hauptgerichte bis zum Dessert und den Getränken. Ein Tomatenbier gefällig? Hier bekommt Ihr es! Außerdem könnt Ihr hier alles über den Tomatenanbau mit geothermaler Energie lernen und Euch mit leckeren Spezialitäten für die Weiterreise eindecken. 

Wir waren im Herbst 2016 schon einmal hier essen - und haben uns sehr gefreut, als wir jetzt zu einem Besuch im Gewächshaus eingeladen wurden.



Die Geschichte von Friðheimar 

Eigentümer von Friðheimar sind die Eheleute Knútur Rafn Ármann und Helena Hermundardóttir. Er ist Agronom, sie hat Gartenbau studiert. Bereits 1995 kauften sie den Hof Friðheimar in Reykholt. Hier befand sich bereits seit rund 50 Jahren ein Gartenbaubetrieb. Der damals leerstehende Hof bot Knútur und Helena die perfekten Bedingungen, um ihre eigenen Betrieb zu gründen und ihre Leidenschaft für Gartenbau und seine Leidenschaft für Pferdezucht miteinander zu verbinden. 

Die beiden haben fünf Kinder, die alle in der Landwirtschaft tätig sind. Ihre älteste Tochter Dóróthea hatte uns nach Friðheimar eingeladen.


Direkt am Golden Circle 

Der Hof Friðheimar befindet sich in Reykholt, an der Straße 35 von Selfoss zum Geysir und Gullfoss, ca. 20 km vor dem Geysir.

Hier gibt es ein Geothermiegebiet und in den zahlreichen Gewächshäusern im Ort werden jede Menge Obst, Gemüse und Blumen angebaut. Der Ort hat einen "Dampfgeysir" (gufugoshver), den die Bewohner des Ortes auch als Gemeinschaftsbackofen nutzen. Mittlerweile wohnen in Reykholt rund 300 Einwohner.  

Blick über Reykholt

Direkt von der Straße 35 zweigt im Ort die Einfahrt nach Friðheimar ab. Vom großen Parkplatz vorne an der Straße läuft man ein paar Schritte bis zum Gewächshaus, vorbei an der Reitbahn und dem Pferdestall.



Pferdezucht in Friðheimar 

Das Pferdezentrum hier gibt es seit gut 15 Jahren. Der Stall bietet Platz für 20 Pferde. 


Auf der Reitbahn wird im Sommer für Gruppen eine private Pferdeshow angeboten (Vorbuchung erforderlich). Es gibt auf der Tribüne Platz für bis zu 120 Zuschauer. 



In Friðheimar wachsen 20.000 Tomatenpflanzen auf rund 10.000 m² Fläche

Als Knútur und Helena Friðheimar 1995 kauften, gab es hier zwei alte Gewächshäuser und ein großes, leerstehendes Wohnhaus. Zuerst bauten sie  hier Tomaten, Paprika und Gurken an, aber 2002 spezialisierten sie sich auf den Tomaten-Anbau. 

Sie haben die alten Gewächshäuser erneuert und modernisiert und im Laufe der Zeit kamen immer mehr moderne Gewächshäuser hinzu.

Die Tomaten werden für den isländischen Markt produziert, sie gehen sowohl an Restaurants als auch in den Verkauf in den Supermärkten. 

In Friðheimar werden vier verschiedene Tomatensorten angebaut: 

Traditionelle Tomaten, Pflaumentomaten (auch als Eier- oder Romatomaten bekannt), Heirloom-Tomaten (süßliche Fleischtomaten, eine historische Sorte) und Piccolotomaten. Friðheimar ist übrigens der einzige Gartenbaubetrieb auf Island, der Piccolotomaten anbaut. 


Ganzjähriger Anbau von Tomaten 

Von einem der Mitarbeiter bekamen wir einen kurzen, informativen Vortrag über die Prozesse der Tomatenzucht in Friðheimar. 

Die Tomatensamen werden hier in der Pflanzschule angepflanzt und die ersten sechs Wochen dort aufgezogen. Wenn sie zum ersten Mal blühen, dürfen die Pflanzen in die Gewächshäuser umziehen. Nach etwa acht Wochen verfärben sich die ersten Tomaten an den Jungpflanzen rot. 

In den Gewächshäusern von Friðheimar werden die Jungpflanzen zwischen die Altpflanzen gesetzt, so wachsen beide nebeneinander und wenn die letzten Tomaten an den Altpflanzen reif sind, kann man die ersten Tomaten an den Jungpflanzen ernten. So können hier das ganze Jahr Tomaten geerntet werden. 


Für die Bestäubung der Tomatenpflanzen sind in Friðheimar tierische Mitarbeiter zuständig, nämlich Hummeln aus Holland.

Rund 600 Hummeln sind hier täglich in den Gewächshäusern unterwegs. Hummeln sind besonders effiziente Bestäuber. Mit ihrem Flügelschlag bringen sie die Pollenbehälter der Blüten in Schwingung, so dass die Pollen "herausgeschüttelt" werden und sich wie kleine Wolken am behaarten Körper der Hummeln anlagern. So können die Tiere die Pollen besonders effizient weiterverbreiten. 

Wusstet Ihr, dass die Hummeln beim Bestäuben der Pflanzen tatsächlich kleine "Fußabdrücke" hinterlassen, so dass die erfahrenen Mitarbeiter erkennen können, welche Pflanzen schon bestäubt wurden und welche nicht..? Wenn die Fußabdrücke weniger werden, sieht man, dass es Zeit wird, die nächste Generation Hummeln zu bestellen. 


Auch für die Schädlingsbekämpfung sind tierische Mitarbeiter zuständig: Die rund 3 mm kleine, knallgrüne Raubwanze "Macrolophus Pygmaeus" aus der Familie der Weichwanzen saugt die Eier von Fliegen, Spinnen, Blattläusen oder Motten aus und verhindert so sehr effektiv Schädlinge


Täglich ca. 2 Tonnen Tomaten

In Friðheimar werden pro Tag rund 2 Tonnen reife Tomaten geerntet, im Jahr sind das etwa 740 Tonnen Tomaten. 

Nur mal zur Vorstellung:

Eine Piccolotomate aus Friðheimar wiegt im Schnitt etwa 15 g (sagt zumindest meine Küchenwaage). Würden in Friðheimar nur Piccolotomaten geerntet, wären das täglich etwa 135.000 Stück. Auf Island leben rund 390.000 Einwohner - rein rechnerisch könnte also jeder Einwohner jeden dritten Tag eine Piccolotomate aus Friðheimar essen. 


Die Gewächshäuser sind technisch auf dem neuesten Stand, Helena und Knútur können online alle Daten abfragen und bei Bedarf per Handy nachsteuern. 



Das Restaurant im Gewächshaus

In Friðheimar dreht sich in den Gewächshäusern alles um Tomaten - natürlich auch beim Essen.

Man sitzt hier gemütlich im Gewächshaus an großen, hellen Tischen mit Blick auf die langen Reihen von Tomaten, die hier angebaut und bewässert werden. 


Auf allen Tischen stehen übrigens kleine Töpfe mit frischem Basilikum, der auch hier im Gewächshaus angebaut wird. An jedem Topf ist eine kleine Schere eingehängt, mit der man sich beim Essen seine Kräuter abschneiden und übers Essen geben kann. Frischer geht es wirklich nicht - und hübsch sieht es auch noch aus! 



Die Spezialität des Hauses ist die hausgemachte Tomatensuppe vom Büffet, serviert mit verschiedenen frisch gebackenen Broten, dazu gibt es noch Butter, Sauerrahm und Gurken-Salsa.  

Die Tomatensuppe mit Brot, Butter und Salsa kostet aktuell 2.960 ISK, umgerechnet also knapp 20 Euro. Allerdings kann man sich von der Suppe und dem Brot einen Nachschlag holen.



Man kann sich zu der Suppe auch noch Spieße dazu bestellen - so ein Käsespieß mit verschiedenen Käsen und Tomaten, wie ich ihn hier hatte, kostet aktuell 790 ISK (gut 5 Euro). Wahlweise gibt es für das Geld auch einen Gemüsespieße oder (für knapp 8 Euro) einen Spieß mit Hähnchenfleisch oder Meeresfrüchten.


Die Küche hat außer der leckeren Tomatensuppe durchaus noch mehr zu bieten, wie ein Blick in die Karte zeigt. 


Mein Mann hatte sich für Heirloom-Tomaten mit Burrata entschieden - ein Gericht mit den renommierten Heirloom-Tomaten aus dem Gewächshaus hier und handgemachten isländischem Burrata-Käse, serviert mit Basilikum-Olivenöl und grobem Meersalz (Kosten aktuell 3.080 ISK, also gut 20 Euro). Burrata ist eine Sonderform von Mozzarella, in der Mitte allerdings deutlich cremiger. Die Tomaten waren herrlich würzig und mit dem weichen Käse, dem Öl, dem frischen Basilikum und dem groben Meersalz hat es uns wirklich sehr gut geschmeckt.


Wir haben unser Essen auf jeden Fall rundum genossen!


Als Getränke hatten wir, zusätzlich zu dem frischem Wasser aus der Karaffe, noch eine Bloody Mary mit hausgemachtem Tomatensaft mit etwas Wodka und ein paar Tropfen Tabasco (für gut 14 Euro, Alkohol ist teuer auf Island!), serviert mit Salz, Pfeffer und Tabasco zum Nachwürzen, und eine Healthy Mary mit hausgemachtem grünen Tomatensaft, Limette, Honig und Ingwer (für umgerechnet knapp 9 Euro). Definitiv eine interessante Erfahrung! 


Zum Nachtisch hatten wir für jeweils 1.780 ISK (knapp 12 Euro) eine Portion Ostakaka (Käsekuchen) mit einem sehr leckeren Topping aus Tomatenmarmelade (mit grünen Tomaten, Zimt und Limette), stilvoll serviert in einem kleinen Blumentopf, ..


... und einen Teller mit 3 Kugeln Friðheimar-Sorbet, in verschiedenen Sorten: Einmal Gurke, Minze und Limette, einmal Rote Tomaten und Basilikum und einmal Grüne Tomate mit Rosmarin. Das Eis ist in Zusammenarbeit mit den Eiscreme-Spezialisten der isländischen Bio-Eis-Manufaktur von Skúbb entstanden. Mein ganz persönlicher Favorit war übrigens das Rosmarin-Tomaten-Eis! 


Nach einem letzten Blick auf die gemütliche Bar im Gewächshaus haben wir uns verschiedet, es war mittlerweile schon nach vier und das Restaurant hat von 12 bis 16 Uhr geöffnet. 



Außer den Basilikum-Pflanzen für die Tische zum Würzen werden übrigens auch die Geranien für die Dekoration des Restaurants in den Gewächshäusern vor Ort in Reykholt angebaut. Hier im Raum neben der Bar wächst das Basilikum, das hatte uns aber auch schon der nette Mitarbeiter bei der Führung erzählt.



Litla Tómatbúðin 

Im Little Tomato Shop am Eingang kann man viele der leckeren Tomaten-Spezialitäten, die der Küchenchef Jón speziell für Friðheimar entwickelt hat, auch kaufen, von der in Flaschen eingekochten Tomatensuppe über verschiedene Sauce, Salsa, Chutney und Marmeladen über eingelegte Tomaten, Getränke und Gewürzmischungen bis hin zu Geschenkpaketen und Gutscheinen. (Die Tómatbúð hat übrigens seit mehreren Jahren auch einen Online-Shop.) 


Ich habe extra noch in die Eistruhe geschaut, weil ich so gerne eine Packung Rosmarin-Tomaten-Eis für unseren Besuch am nächsten Tag noch mitgenommen hätte. Aber offenbar schmeckt diese Sorte nicht nur mir besonders gut - ausgerechnet dieses Eis war leider ausverkauft. Aber ich komme ja bestimmt noch mal zum Einkaufen nach Friðheimar..!


Vor dem Eingang haben wir uns noch von Dóróthea und ihrer Familie verschiedet. Ihr Nachwuchs spielte derweil glücklich auf der Erde mit einem kleinen Plastik-Lastwagen. Als der Laster zu scharf in die Kurve ging, kullerte die ganze Ladung heraus - lauter kleine rote Tomaten... 



Es handelt sich hierbei formal gesehen um Werbung, da wir zum Essen und zur Führung in dem Gewächshaus eingeladen wurden. Wir besuchen aber nur Restaurants und Lokale, von denen wir vorher Gutes gehört haben und die wir - aus den verschiedensten Gründen - spannend finden. Insoweit waren wir auch ehrlich begeistert und wenn wir in Lobeshymnen ausbrechen, sind die wirklich ernst gemeint.  


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