Dienstag, 30. Juli 2024

Isländische Autokennzeichen

Letztens ist mir Gott (GUÐ) begegnet, und zwar in einem schwarzen Mercedes Sprinter, der beim Kreisverkehr in Selfoss plötzlich vor uns stand. 

Damit hatte ich nicht gerechnet!

Auch wenn Gott mir nur dieses eine Mal begegnet ist, so achte ich doch seitdem mehr auf die isländischen Autokennzeichen um mich herum und freue mich über ausgefallene Kennzeichen. 

Ein Autokennzeichen heißt auf Isländisch übrigens "númeraplata" oder in offiziellen Verordnungen auch "skráningarmerki". 

Bis 1989 bestanden isländische Kfz-Kennzeichen aus einem Buchstaben, dem bis zu 5 Ziffern folgten. Dabei richtete sich der Buchstabe nach dem Gebiet, in dem der Eigentümer des Fahrzeugs seinen Wohnsitz hatte. Jeder Buchstabe war vergeben, dabei stand in der alphabetischen Reihenfolge z.B. A für Akureyri und Eyjafjarðarsýsla, R für Reykjavík oder X für Árnessýsla (welcher Buchstabe halt "übrig" geblieben war, nehme ich an). 

Seit 1989 gibt es diese Regelung nicht mehr, auch wenn es natürlich immer noch Autos mit den alten Kennzeichen gibt. Die heutigen Nummernschilder (númeraplötur) bestehen aus 2 bis 6 Buchstaben oder Zahlen und lassen keine Rückschlüsse auf Wohnort oder Ort der Erstzulassung zu. 

Seit 1996 kann man, gegen Aufpreis, auch ein Wunschkennzeichen (eikamerki) bekommen, wobei das Kennzeichen weder im Widerspruch zur isländischen Sprache stehen noch das Schamgefühl verletzen darf. Ein Wunschkennzeichen wird zur gleichen Zeit nur einmal vergeben. Die Kosten für ein Wunschkennzeichen liegen derzeit wohl bei rund 30.000 ISK, umgerechnet gut 200 €, inklusive Herstellungskosten und Zulassung. 

Isländische Autokennzeichen werden übrigens von den Gefangenen in der Haftanstalt Litla Hraun hergestellt

Die unerwartete Begegnung mit GUÐ war natürlich ein besonderes Erlebnis. 


Aber ich freue mich auch, wenn der Lastwagen vom Supermarkt mit dem Kennzeichen "BÓNUS" unterwegs ist, ... 


...oder der knatschgelbe Käfer vor dem Laden von Ikea das amtliche Kennzeichen "IKEA" hat.


Gestern beim Baumarkt in Reykjavík stand plötzlich "IKEA 1" vor uns am Eingang. 


Und die Theatergruppe Lotta war hier in Reykjavík mit ihrem Auto mit dem amtlichen Kennzeichen "LOTTA" unterwegs. 


Mir gefällt das - und offenbar auch den Isländern, den der Anteil der Wunschkennzeichen nimmt kontinuierlich zu.

 

Gletscherlauf am Mýrdalsjökull (27.07.2024)

Quelle: vegagerdin.is
Am Samstag, den 27. Juli 2024, hat es einen großen Gletscherlauf am Mýrdalsjökull gegeben. 

Die Ringstraße musste über 24 Stunden östlich von Vík komplett gesperrt werden, konnte aber - trotz massiver Straßenschäden infolge des Gletscherlaufs - bereits am Sonntagabend wieder eingeschränkt für den Verkehr freigegegeben werden.

Der Gletscher Mýrdalsjökull ist mit einer Fläche von knapp 600 km² der viertgrößte Gletscher Islands. Unter dem Gletscher befindet sich der Vulkan Katla, einer der größten und aktivsten Zentralvulkane des Landes. Die Katla bricht im Schnitt alle 40 bis 80 Jahre aus, seit der Besiedlung Islands wurden mindestens 16 Ausbrüche überliefert, der letzte gesicherte Ausbruch im Oktober 1918. Möglicherweise gab es noch zwei kleinere, subglaziale Eruptionen 1955 und 1999, als es zu Gletscherläufen kam, die durch einen sehr schnellen, sehr starken Anstieg der Wassermenge in sehr kurzer Zeit gekennzeichnet waren. Rein statisch ist die Katla somit "überfällig", die Wahrscheinlichkeit eines Vulkanausbruchs in den nächsten Jahren also hoch.

Am Mýrdalsjökull kommt es immer wieder zu Gletscherläufen. Der letzte große Gletscherlauf war im Juli 2011, als vier Kessel im südöstlichen Teil der Caldera des Vulkans Katla überliefern und die Wassermassen eine Brücke über den Fluss Múlakvísl mitrissen. Die Wassermengen bei dem aktuellen Gletscherlauf (jökulhlaup) waren aber wohl deutlich größer als bei dem Lauf im Juli 2011, meldet die zuständige Behörde. 

Gegen 13 Uhr wurde am Samstag die Ringstraße zwischen Vík und Kirkjubæharklaustur aufgrund des beginnenden Gletscherlaufs gesperrt. Gegen 14 Uhr stand die Ringstraße auf einer Strecke von rund 1 Kilometer unter Wasser, es bestand die Gefahr, dass die Brücke über den Fluss Skálm von den immer noch weiter ansteigenden Wassermassen weggespült würde. 

Quelle: vegagerdin.is

Im Laufe des Nachmittags wurde dann auch das gesamte Gebiet des Sólheimajökull geräumt. Es war völlig unklar, wie sich die Lage weiter entwickeln könnte, es bestand die Gefahr eines weiteren, noch größeren Gletscherlaufs und wenn etwas passieren würde, wäre die Vorwarnzeit vermutlich zu kurz, um dann noch alle Menschen auf den betroffenen Gebieten in Sicherheit bringen zu können, daher wurde vorsorglich evakuiert. 

Quelle: mbl.is / Sveinbjörn Darri Matthíasson

Im Laufe des Abends ging der Wasserstand wieder zurück. Es zeigte sich, dass die Straße bei der Brücke über den Fluss Skálm auf einer Länge von rund 700 Metern massiv beschädigt worden war und vielfach mehr als die Hälfe der Fahrbahn unterspült und weggebrochen.

Quelle: mbl.is / Hákon

Quelle: mbl.is / Hákon

Dabei verlief der Gletscherlauf vergleichsweise glimpflich - so wurde die Brücke über den Fluss Skálm selbst nicht beschädigt, "nur" die Auffahrt auf der einen Seite. 

Sobald der Wasserstand wieder sank, wurde mit den Baumaßnahmen vor Ort begonnen...

Quelle: mbl.is / Hákon

...und schon am späten Sonntagabend, am 28.07., konnte die Straße für den Verkehr wieder geöffnet werden. 

Ich finde es bewundernswert, in welcher Rekordzeit diese Straßenbaubehörde diese Straße, die doch ganz massiv geschädigt war und an der Stelle vor der Brücke doch eigentlich gar nicht mehr vorhanden, wieder soweit in Stand gesetzt hat, dass der Verkehr wieder rollen konnte. 

Aber die Isländer sind solche Vorkommnisse gewöhnt, ein Gletscherlauf in diesem Gebiet kommt öfter vor, sie sind also in gewissem Sinne darauf eingestellt und vorbereitet und können schnell und zupackend reagieren. Ich bin auf jeden Fall beeindruckt, nachdem ich am Samstagabend die Bilder der zerstörten Straße und der kaputten Brücke im Fernsehen gesehen habe - und da sprach der zuständige Mitarbeiter der Straßenbaubehörde bereits davon, dass man hoffe, die Strecke im Laufe des Sonntags wieder öffnen zu können.  

Natürlich hatte die Straßensperrung jetzt, in der Haupturlaubszeit und mitten in der Hauptsaison, massive Auswirkungen, auch viele Reisende sind auf der einen oder anderen Seite der Sperrung gestrandet und kamen erst einmal nicht weiter, konnten ihre gebuchten Unterkünfte für die nächste Nacht nicht erreichen und ihre Rundreise nicht wie geplant fortsetzen. Wobei viele ausländische Reisende vom Gletscherlauf nichts mitbekommen hatten und von der Sperrung überrascht wurden. (Daher noch einmal der Appell - wenn Ihr auf Island unterwegs seid, verfolgt bitte die Seiten der Straßenverkehrsbehörde umferdin.is und des meteorologischen Amts vedur.is, damit Ihr rechtzeitig informiert seid!)

Man hatte mit einer Wiedereröffnung der Straße am Sonntagabend ab 20 Uhr gerechnet, tatsächlich dauerte es zwar noch rund eine Stunde länger, aber sie haben es geschafft:

Die Ringstraße ist jetzt einspurig geöffnet, der Verkehr wird durch Ampeln geregelt. Die weiteren Reparaturarbeiten laufen. Die Verkehrsteilnehmer werden aufgefordert, bitte vorsichtig zu fahren und die Verkehrszeichen zu respektieren.

Screenshot von umferdin.is vom 28.07.2024 abends

Hier noch ein Bild der isländischen Straßenbaubehörde Vegagerðin von Sonntagabend, als die Strecke für den Verkehr wieder geöffnet wurde.

Quelle: vegagerdin.is

Laut Mitteilung der zuständigen Behörde erholt sich die Mýrdalsjökull von dem Gletscherlauf am Wochenende, in den letzten 24 Stunden gab es keine Anzeichen von eruptivem Tremor und sowohl die seismische Aktivität als auch die elektronische Leitfähigkeit im Fluss Skálm hat abgenommen.

Trotzdem wird im Moment empfohlen, nicht notwendige Reisen in das Gebiet lieber noch bis nach dem Wochenende aufzuschieben. In der Vergangenheit waren solche großen Gletscherläufe öfter schon Vorboten für den Beginn erhöhter Aktivität in der Katla. D.h., man geht nicht davon aus, dass noch etwas passieren wird, aber ausschließen kann man es auch nicht. Also nicht unbedingt eine Situation, in der man besonders viele Menschen in so einer Region haben möchte. Und am Wochenende ist hier auf Island das Kaufmannswochenende, (verslunarmannahelgi) traditionell das größte Reisewochenende des Landes. Durch den Feiertag am Montag ist es für viele Isländer ein langes Wochenende und die Menschen fahren in Scharen aufs Land, es gibt viele große Feiern und Feste. 

Es kommt auch noch hinzu, dass aufgrund der starken Regenfälle der letzten Zeit die Flüsse in der Region sehr viel Wasser führen, was zu weiteren Komplikationen führen kann. 

In diesem Sinne - die Strecke ist frei und befahrbar. Aber wenn es einem nicht darauf ankommt, ob man jetzt dort entlang fährt oder erst in ein paar Tagen, nach dem Wochenende oder nächste Woche, sollte man die Reise lieber noch ein bisschen verschieben.

Die Situation ist unter Beobachtung.

Quelle: mbl.is / Jón Axel Ólafsson


Freitag, 26. Juli 2024

Sykurlaus kryddkaka

Zuckerfreier Gewürzkuchen


Wir hatten letztes Wochenende eine liebe Freundin zu Besuch, die derzeit versucht, sich möglichst ohne raffinierten Zucker / Haushaltszucker zu ernähren. Also habe ich mich bemüht, etwas Geeignetes dazu zu backen...

Im Originalrezept waren 150 g Rohzucker vorgesehen, ich hatte im Supermarkt dann Süßstoff / Streusüße gefunden, eine Dose mit 75 g, laut Aufschrift auf der Packung 5 x süßer als Zucker. Ich habe dann einfach ausprobiert und ein paar Esslöffel davon mit der Margarine und den Eiern verrührt und dann getestet, ob der Geschmack hinkommt. Das fehlende Volumen im Teig (und noch ein bisschen Süße) habe ich mit den geraspelten Karotten und den kleingeschnittenen Datteln ein bisschen ausgeglichen.

Herausgekommen ist auf jeden Fall ein sehr leckerer, fluffiger Gewürzkuchen!


Zutaten

150 g Margarine
2 Eier
3 - 5 EL Streusüße
150 g Mehl
1/2 TL Backpulver
1 Prise Natron
2 TL Zimt
1/2 TL gemahlene Nelken
1 Prise Kardamom 
1 Prise gemahlene Vanille 
1 Apfel
100 g Karotten
8 - 10 Datteln

1 EL Streusüße
1 TL Zimt 


Zubereitung

In einer großen Schüssel die Margarine mit dem Süßstoff und den Eiern schaumig rühren. 

Anschließend Mehl, Backpulver, Natron und Gewürze hinzufügen und alles gründlich verrühren. 

Noch den Apfel und die Karotten schälen.

Den Apfel entkernen und in kleine Stücke schneiden, die Datteln ebenfalls kleinschneiden.

Die Karotten klein raspeln.

Die Apfel-, Karotten- und Dattelstücke zu dem Teig geben und vermischen.

Den Teig dann in eine mit Backpapier ausgekleidete Backform geben und glattstreichen.

In einem Glas noch den Süßstoff mit dem Zimt verrühren und über den Kuchen streuen. 

Im vorgeheizten Backofen bei 180° Ober-Unter-Hitze ca. 30 bis 40 Minuten lang backen (Stäbchenprobe!).

Den Kuchen etwas auskühlen lassen und dann servieren.




Donnerstag, 25. Juli 2024

Buchtipp: Sprakkar - Isländische Frauen und wie sie die Welt verändern

Am 31. Juli endet die Amtszeit des derzeitigen isländischen Präsidenten Guðni Th. Jóhannesson, zum 1. August 2024 tritt die neu gewählte Präsidentin Halla Tómasdóttir ihr Amt an.

Anlässlich der Amtsübergabe in Bessastadir, dem Amtssitz auf Álftanes, habe ich noch einen Buchtipp für Euch: 

"Das Geheimnis der Sprakkar" von Eliza Reid, der Frau des noch amtierenden isländischen Präsidenten Guðni Th. Jóhannesson. 

Eliza Reid

Quelle: www.elizareid.com
Eliza Jean Reid wurde 1976 in Ottawa, Kanada, geboren, und wuchs in der kanadischen Provinz Ontario auf. Sie studierte zunächst in Toronto und wechselte nach ihrem Bachelor-Abschluss 1998 nach Oxford in Großbritannien, wo sie ihren Master in Moderner Geschichte machte. In Oxford lernte sie im Herbst 1998 Guðni Th. Jóhannesson (geb. 1968 in Reykjavík) kennen, der damals ebenfalls dort studierte und dem 2003 der Doktortitel in Geschichte verliehen wurde.

Im Jahr 2003, fünf Jahre nach ihrem ersten Date, zog Eliza mit Guðni nach Island, 2004 heirateten sie. Das Paar hat vier gemeinsame Kinder, drei Söhne (geb. 2007, 2009 und 2011) und eine Tochter (geb. 2013). Aus erster Ehe hat Guðni noch eine Tochter (geb. 1994).

Eliza Reid ist Historikerin und arbeitet seit vielen Jahren als Journalistin und Lektorin, u.a. für Iceland Review, Reykjavík Grapevine oder das Bordmagazin der Fluggesellschaft Icelandair.  Sie ist auch Mitbegründerin des Iceland Writers Retreat, eine einwöchige, internationale Veranstaltung für Schriftsteller, die seit 2014 jährlich in Reykjavík stattfindet. Das Treffen bringt Autorinnen und Autoren aus vielen verschiedenen Ländern zusammen, hilft ihnen, sich weltweit zu vernetzen, während renommierte Autoren Schreibworkshops in Kleingruppen leiten, es Gesprächsrunden gibt und diverse andere Veranstaltungen.

Guðni Th. Jóhannesson wurde im Juni 2016 mit 39% der Stimmen als Präsident von Island gewählt und trat sein Amt am 1. August 2016 an. Bei den Wahlen 2020 gab es nur einen einzigen Gegenkandidaten und Guðni wurde mit 89,4% der Stimmen im Amt bestätigt. 

Bessastaðir, der Amtssitz des isländischen Präsidenten

Auf Island ist die Rolle des Präsidenten oder der Präsidentin überwiegend repräsentativer Natur, es ist das gewählte Staatsoberhaupt des Landes. Politische Entscheidungen im Tagesgeschäft obliegen der Regierung und dem Parlament, insoweit äußert sich sich Staatspräsident nicht öffentlich zu politischen Themen, dies gilt ebenfalls für seinen Lebenspartner. Das würde auch Eliza Reid selbstverständlich nicht tun. Aber: "Gender-Gerechtigkeit ist kein politisches Thema, sondern ein Menschenrecht". Ihr Buch "Sprakkar" ist daher auch kein politisches Statement, sondern "vielmehr Porträt eines Landes und seiner Menschen". 

Das Buch "Sprakkar"

Das Buch "Sprakkar" ist zu Weihnachten 2021 erschienen, und zwar auf Englisch und übersetzt auf Isländisch, es ist seit 2023 auch auf Deutsch erhältlich, unter dem Titel "Das Geheimnis der Sprakkar". Das Buch erschien 2022 auch als Hörbuch auf Englisch und Isländisch. Beim isländischen Hörbuchbuchpreis im März 2024 erhielt Eliza Reid für ihr Buch den Ehrenpreis.


Das Wort "sprakkar" ist eine alt-isländische Bezeichnung für außergewöhnliche Frauen, für Frauen, die etwas Herausgeragendes geleistet haben. Das Wort (im Singular "sprakki") ist grammatikalisch übrigens männlich, bezeichnet aber nur Frauen. Der deutsche Untertitel lautet: "Isländische Frauen und wie sie die Welt verändern". 

Island gilt als einer der besten Orte der Welt für Frauen, und zwar "weil ein einzigartiges Zusammenspiel aus Geschichte, Mentalität, Politik und Glück" hier beste Chancen in Sachen Gleichberechtigung hervorgebracht haben. (Und es gibt noch ein paar Bereiche, in denen Island Weltspitze ist: Es ist eines der glücklichsten Länder der Erde. Es gibt die höchste Akzeptanz von Homosexualität. Es ist eines der friedlichsten Länder der Welt - vermutlich auch deswegen, weil Island gar keine Armee hat.) 

In vielen Staaten der Welt wird das Thema "Geschlechtergerechtigkeit" noch politisch diskutiert. In Island ist man da schon weiter: "Hier auf Island wird allerdings nicht mehr darüber debattiert, ob Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern ein wichtiges Ziel darstellt, sondern es geht darum, wie man sie am besten erreicht", schreibt Eliza Reid in ihrem Buch. Wie andere wegweisende First Ladies auf der ganzen Welt vor ihr, so hat auch Eliza Reid entschieden, ihre "unerwarteten Möglichkeiten als First Lady" zu nutzen, indem sie "Stimme und Perspektive" einer Immigrantin "in den Kampf um Gleichheit" einbringt. 

Eliza Reid hat für ihr Buch zahlreiche Interviews mit vielen verschiedenen Gesprächspartnern geführt und diese Gespräche dann mit ihren "subjektiven Erinnerungen und Eindrücken kombiniert", um aus ihrer Sicht - als Frau und Feministin - über das Land zu schreiben, in dem sie lebt, das auf dem Weg zur Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau schon viel weiter gekommen ist als viele andere Länder. Sie hofft, ihr Buch "beweist, was für eine Gesellschaft wir gemeinsam erschaffen können, wenn wir darüber wachen, gleiche Chancen, gleiche Erfahrungen und gleichen Lohn für Menschen jeglichen Geschlechts zu garantieren" - also für Männer und für Frauen und für non-binäre Menschen. Das Buch soll ein positives, aber dabei auch realistisches Bild der isländischen Gesellschaft vermitteln. Denn trotz allem, was schon erreicht wurde, ist auch Island "kein Paradies für Frauen", das "Patriarchat ist stark und tief verwurzelt". 

Eliza Reid schreibt in ihrem Buch auch von einer "Momentaufnahme von vor 20 Jahren" - damals war sie noch frisch nach Island gekommen und arbeitete hier bei einem Start-up, das Software für Fluglinien designte. Sie beschreibt anschaulich, wie sie hier die ersten Schritte "von der Ausländerin zur Isländerin" tat. Sie stellte sich um, bei der Arbeit - von Tee mit Milch auf starken schwarzen Kaffee, von Busenesskostümen mit High Heels zu Khakihosen mit Baumwolltops. 

Vorsitzender der Firma, bei der Eliza Reid im Oktober 2003 angefangen hat, war "eine Frau Ende dreißig namens Halla Tómasdóttir". Halla (geb. 1968) hatte "einige Jahre in der US-amerikanischen Geschäftswelt verbracht", bevor sie nach Island zurückkam, um eine Familie zu gründen und bei verschiedenen Firmen, u.a. in der Finanzbranche, zu arbeiten. Die erste Begegnung war bei einer Sitzung in der Firma, Halla "war gerade aus der Elternzeit für ihr zweites Kind zurück und leitete die Zusammenkunft, während sie das Baby stillte". Rund 75% der Mitarbeiter der Firma waren Männer, aber niemand zuckte mit der Wimper, als die Vorsitzende ihr Baby stillte, während sie die Sitzung leitete, und "mindestens ein männlicher Teilnehmer schaukelte später den Winzling auf seinem Schoß", während die Mutter weiter die Tagesordnung abhandelte. In einem Land, wo das möglich ist - können Frauen da mit ein bisschen Glück wirklich alles haben? Familie und Karriere?

Heute, rund 20 Jahre später, ist der "Winzling" von damals schon erwachsen und studiert selbst in den USA, und die Mutter Halla Tómasdóttir tritt am 1. August 2024 ihr Amt als Präsidentin von Island an. 

Island ist immer noch ein Vorbild in Sachen Gleichberechtigung, aber wirkliche Gleichberechtigung ist selbst hier noch immer nicht erreicht.  

Rechtliche Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Aus Island gibt es großzügige finanzielle Unterstützung für Eltern, auf die auch Freiberufler Anspruch haben, und eine stark subventionierte Kinderbetreuung nach Ende der Elternzeit (auch wenn die Suche nach einem Betreuungsplatz in letzter Zeit zunehmend zum Problem wird - und auch die Isländer statistisch betrachtet immer weniger Kinder bekommen).

Auf Island gibt es Elternzeit für beide Elternteile, und Eliza Reid bringt ein sehr anschauliches Beispiel dafür, dass die Elternzeit gerade für Väter "ein wertvoller Rohstoff" ist, um im Leben ihrer Kinder eben nicht nur eine Rolle als "Versorger" zu spielen, sondern mit ihren Kindern einmalige Augenblicke zu erleben, die nicht wiederkehren werden. Hier ein Zitat aus dem Buch:

"Schaut mal", rief mein dritter Sohn, als wir an einem Frühlingsabend ein einsames Entenküken ängstlich schnattern hörten. "Das Küken vermisst seinen Daddy!" 

Enten auf dem Tjörnin, dem Stadt-Teich in Reykjavík

Fazit zum Buch

"In großem Ausmaß werde ich die Welt nicht ändern. Aber ich kann meinen Teil dazu beitragen, den Dingen einen Schubs in die richtige Richtung zu geben." Das hat Eliza Reid als Journalistin und Frist Lady Islands mit ihrem Buch "Sprakkar" definitiv getan, und das tun auch, alltäglich im Großen und Kleinen, all die starker Frauen, die sie in ihrem Buch vorgestellt hat. 

Mich persönlich hat ihr Buch unglaublich angesprochen. Schließlich bin ich selbst eine Frau, ich bin berufstätig und habe Kinder und einen Ehemann. Ich habe, in gewissem Umfang, ein bisschen was erreicht, habe aber auch meine Erfahrungen mit Vorurteilen gegenüber Alleinerziehenden und berufstätigen Müttern oder auch Frauen generell gemacht. Ich habe, nach dem ersten Kind, auch eine Zeitlang als Gleichstellungsbeauftragte gearbeitet. In gewisser Weise ist "Gleichberechtigung" also genau mein Thema.

Bei all meinem Interesse an dem Buch hatte ich beim Lesen aber auch phasenweise meine Schwierigkeiten damit. Da es vielfach Interviews ganz vieler unterschiedlicher sprakkar sind, liest es sich natürlich nicht wie ein Roman, und teilweise hatte ich Schwierigkeiten, mich von dem Buch mitreißen zu lassen. Ehrlich gesagt, ich habe es nicht an einem Stück gelesen, sondern immer mal wieder. 

Eine "Liebeserklärung an Island", das ist das Buch ganz bestimmt, und zwar eine realistische Liebeserklärung. Wenn man eben nach 20 Jahren weiß, woran man ist - und glücklich, auch wenn nicht alles perfekt ist.


Anekdote am Rande

Wir haben Elizas Mann Guðni im August 2022 bei der Kulturnacht (menningarnótt) erlebt, als er an seinem Amtssitz Bessastaðir Tag der Offenen Tür hatte und allen Besuchern persönlich die Hand schüttelte zur Begrüßung und, in verschiedenen Sprachen, ein paar freundliche Worte wechselte. Für uns als Deutsche war es ein echtes Erlebnis - ein Staatsoberhaupt zum Anfassen! 




Montag, 22. Juli 2024

Ein Monat nach der Sommersonnenwende

Es wird wieder dunkler...

Die Sommersonnenwende ist jetzt schon wieder einen ganzen Monat her - und man merkt deutlich, dass es hier wieder dunkler wird. 

Zur Zeit der Sommersonnenwende um den 21. Juni herum ist bei uns in Südisland um kurz vor Mitternacht Sonnenuntergang und gegen 3 Uhr morgens schon wieder Sonnenaufgang, der Tag ist dann rund 21 Stunden lang. Und richtig dunkel wird es dann ja auch nach Sonnenuntergang nicht - bevor dann wieder die Sonne aufgeht. 

Mittlerweile, einen Monat später, ist der Tag nur nur rund 18,5 Stunden lang

Gestern war Sonnenuntergang um 22.50 Uhr und Sonnenaufgang heute war um 4.12 Uhr

Ich kann zwar immer noch nachts durchs Haus laufen, ohne Licht einschalten zu müssen, aber letzte Nacht (es war aber auch relativ dunkel, dank Regen und Sturm draußen) war ich schon kurz davor... 

Es ist doch deutlich spürbar, dass die Tage jetzt jeden Tag mehrere Minuten kürzer werden. 

Blick aus meinem Küchenfesnter
um Mitternacht am 21.7.

Wenn man bedenkt, dass die Sonne gestern um kurz vor 11 Uhr abends untergegangen ist, war es gut 2 Stunden später immer noch nicht wirklich dunkel. Bis es nachts dunkel genug ist, dass man wieder Nordlichter sehen kann, dauert es erfahrungsgemäß noch knapp einen Monat...

Nachts um 1 Uhr - 
zwei Stunden nach Sonnenuntergang




Sonntag, 21. Juli 2024

Hversgads eplakaka

Alltags-Apfelkuchen


Diese Woche hatte ich spontan einen Apfelkuchen gebacken, und zwar ein ganz einfaches Rezept - mit ordentlich Zuckerzimt auf dem Kuchen. 

Zimt soll schließlich gesund sein - Zimt werden viele gesundheitsfördernde Eigenschaften nachgesagt, z.B. soll Zimt den Appetit anregen, die Darmtätigkeit und den Stoffwechsel fördern und oft wird Zimt auch eine antibakterielle und sogar eine wehenfördernde Wirkung nachgesagt. Außerdem soll Zimt die Insulin-Sensitivität verbessern, dazu beitragen, den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren und den Cholesterin-Wert (LDL) verringern. Wissenschaftlich belegt ist vieles aber nicht, oder nur teilweise.  

Oder wie habe ich es letztens im Radio gehört..? Ob Zimt jetzt nachhaltig gesundheitsfördernd ist oder nicht, - "Apfelkuchen mit Zimt schmeckt auf jeden Fall besser als Zimt ohne Apfelkuchen." Da ist was dran! 


Zutaten

250 g Puderzucker
250 g weiche Margarine
3 Eier
300 g Mehl
1 TL Backpulver
1 Prise gemahlene Vanille
ca. 50 - 100 ml Milch
100 g dunkle gehackte Schokolade
1 Apfel
50 g Zuckerzimt


Zubereitung

Der Backofen auf 180° Ober-Unter-Hitze vorheizen.

In einer Schüssel den Puderzucker mit der Margarine schaumig rühren.


Die Eier nacheinander hinzugeben und immer gründlich verrühren. 


Mehl, Backpulver und gemahlene Vanille dazu fügen und vermischen.


Noch etwas Milch hinzufügen, bis der Teig eine 'schöne' Konsistenz hat. 

Die gehackte Schokolade mit einem Löffel unterrühren.


Eine Springform (ca. 24 cm) mit Backpapier auslegen, den Teig in die Form geben und glattstreichen.


Den Apfel schälen, entkernen und in Scheiben schneiden und ...


...die Apfelscheiben auf dem Kuchenteig verteilen und mit dem Zuckerzimt bestreuen.


Den Kuchen dann bei 180° Ober-Unter-Hitze ca. 30 bis 40 Minuten lang backen, bis der Kuchen schön goldbraun geworden ist (Stäbchenprobe!).


Den Kuchen etwas abkühlen lassen und nach Geschmack noch mit etwas Sahne oder Vanilleeis servieren.




Mittwoch, 17. Juli 2024

Lúpínur

Lupinen auf Snæfelssnes
bei der Ingjaldshólskirkja 
Alaska-Lupinen auf Island


Irgendwie habe ich ambivalente Gefühle für die  Lupinen hier auf Island.

An sich finde ich diese Pflanzen wirklich schön, mit ihren üppigen, lila wogenden Blütenmeer. Wunderschön!

Auf der anderen Seite ist mir bewusst, dass Lupinen auf Island keine einheimischen Pflanzen sind, sondern sogenannte "Neophyten", d.h. Pflanzen, die hier eigentlich nicht heimisch sind. Die Alaska-Lupinen wurden ab 1945 auf Island ausgesät, um der fortschreitenden Bodenerosion hier entgegen zu wirken und die Fruchtbarkeit der Böden wieder zu verbessern, insbesondere entlang von Straßen an Sanderflächen, wo die Sandstürme ein erhebliches Sicherheitsrisiko für den Verkehr darstellten. 

Heute haben sich die Lupinen an vielen Orten auf Island massiv verbreitet. 

Auch wenn Lupinen hier keine einheimischen Pflanzen sind, finde ich es eigentlich ja schon sehr schön anzuschauen, solche Hänge voll wogender lila Lupinen. Das Foto hier habe ich im Juni in Keflavík aufgenommen, oberhalb der Küste. 

Lupinen in Keflavík 

Der Plan, dass die Lupinen mit ihren langen, tiefen Wurzeln die Erde festhalten sollen und so der Bodenerosion entgegen wirken, hat soweit auch funktioniert - nur hatte man nicht ausreichend beachtet, dass Lupinen eine invasive Art sind, die sich stark ausbreitet und an vielen Orten die einheimischen Pflanzen verdrängt. Teilweise hat man daher schon begonnen, die Lupinen wieder auszureißen, was allerdings gar nicht so einfach ist, dass Lupinen sich sehr erfolgreich selbst aussäen und mit dem Wind weiterverbreiten.


Wir haben auch Lupinen, zu Beginn unserer Einfahrt rechts und links des Weges. An sich freue ich mich immer über die üppigen, leuchtend lila Pflanzen im Juni / Juli. 


Aber so schön ich Lupinen an sich finde, so finde ich es doch gar nicht mehr schön, wenn die Pflanzen versuchen, einfach unseren Zufahrtsweg zuzuwuchern. Ja, es ist definitiv eine invasive Art! 

Also habe ich am Montag das schöne Wetter genutzt und angefangen, auf dem Weg und direkt am Rand die kleinen, grünen Lupinen-Pflanzen auszurupfen, die da so fleißig über unsere Einfahrt wucherten. Kein Wunder, dass die Pflanzen gegen Bodenerosion eingesetzt werden - bei den langen Wurzeln, die selbst die kleine Pflänzchen schon haben! 

Nach einer halben Stunde hatte ich einen Eimer voll ausgerupfter Lupinen, die wir dann als Restmüll bei den Müllcontainern entsorgt haben. Vorsichtshalber nicht im Bio-Müll - sie sollen sich ja gerade nicht mehr irgendwo weiterverbreiten können! 


Und ein paar letzte Lupinen, die nach den Regengüssen vom Wochenende noch nicht komplett gerupft aussahen, habe ich dann auch noch abgeschnitten und in die Vase gestellt. 

Wie gesagt - eigentlich mag ich Lupinen, es sieht schön aus und was abgeschnittenen in der Stube steht, kann auch keinen Samen mehr auf unserer Auffahrt verteilen. 


Wenn das Wetter wieder einigermaßen trocken ist, kann ich auch noch weiter zupfen, auf der einen Seite an unserer Einfahrt wächst noch einiges, was ich noch eindämmen muss... 
 


Montag, 15. Juli 2024

Miðbær fótboltans - EM í beinni á risaskjá

Das Zentrum des Fußballs - Public Viewing bei der Fußball-EM in Selfoss


Wir waren gestern Abend in der neuen Stadtmitte von Selfoss, um dort live das Finale der Fußball-Europameisterschaft der Herren anzuschauen. 

Vor zwei Jahren waren wir schon beim EM-Endspiel der Frauen Deutschland gegen England zum Public Viewing auf dem Brúartorg, dem "Brückenplatz" in Selfoss, und haben da live nicht nur das Fußballspiel gesehen, sondern auch ein heftiges Erdbeben bei Grindavík am 31.07.2022. Dieses Mal gab es zum Glück kein großes Erdbeben... 

Wir haben uns gestern mit einer Freundin in Selfoss getroffen, noch etwas zu essen geholt und es uns dann auf einer Bank auf dem Platz gemütlich gemacht. Markus hatte sein alkoholfreies Bóndi-Bier dabei. 


Wie schon vor zwei Jahren - es war nicht fürchterlich voll beim Public Viewing gestern, aber schon einigermaßen gut besucht. Die guten Plätze waren schnell weg, aber man hätte noch einen Sitzplatz auf den Treppenstufen bekommen können. 


Blick von hinten
hinter der Leinwand auf den Platz

Dabei spielte bestimmt auch eine Rolle, dass das Wetter hier nicht so sommerlich war, aber mit 12°, kein Regen und kaum Wind konnten wir mit einer Jacke die Übertragung im Freien durchaus genießen.

Die erste Halbzeit war - für meinen Geschmack - relativ langweilig, in der zweiten Halbzeit wurde es dann spannender, erst stand es 1:0 für Spanien, dann der Ausgleich für England, dann das zweite Tor für Spanien vier Minuten vor Ende der regulären Spielzeit und zum Schluss wurde es noch einmal richtig spannend, als die Engländer in der 90. Minute drei Mal auf das Tor der Spanier köpfen, aber die ersten beiden Versuche können abgewehrt werden und der dritte Versuch geht dann über das Tor hinweg.. puh! 


Herzlichen Glückwunsch an Spanien zum vierten Europameister-Titel der Männer!