Quelle: vegagerdin.is |
Die Ringstraße musste über 24 Stunden östlich von Vík komplett gesperrt werden, konnte aber - trotz massiver Straßenschäden infolge des Gletscherlaufs - bereits am Sonntagabend wieder eingeschränkt für den Verkehr freigegegeben werden.
Der Gletscher Mýrdalsjökull ist mit einer Fläche von knapp 600 km² der viertgrößte Gletscher Islands. Unter dem Gletscher befindet sich der Vulkan Katla, einer der größten und aktivsten Zentralvulkane des Landes. Die Katla bricht im Schnitt alle 40 bis 80 Jahre aus, seit der Besiedlung Islands wurden mindestens 16 Ausbrüche überliefert, der letzte gesicherte Ausbruch im Oktober 1918. Möglicherweise gab es noch zwei kleinere, subglaziale Eruptionen 1955 und 1999, als es zu Gletscherläufen kam, die durch einen sehr schnellen, sehr starken Anstieg der Wassermenge in sehr kurzer Zeit gekennzeichnet waren. Rein statisch ist die Katla somit "überfällig", die Wahrscheinlichkeit eines Vulkanausbruchs in den nächsten Jahren also hoch.
Am Mýrdalsjökull kommt es immer wieder zu Gletscherläufen. Der letzte große Gletscherlauf war im Juli 2011, als vier Kessel im südöstlichen Teil der Caldera des Vulkans Katla überliefern und die Wassermassen eine Brücke über den Fluss Múlakvísl mitrissen. Die Wassermengen bei dem aktuellen Gletscherlauf (jökulhlaup) waren aber wohl deutlich größer als bei dem Lauf im Juli 2011, meldet die zuständige Behörde.
Gegen 13 Uhr wurde am Samstag die Ringstraße zwischen Vík und Kirkjubæharklaustur aufgrund des beginnenden Gletscherlaufs gesperrt. Gegen 14 Uhr stand die Ringstraße auf einer Strecke von rund 1 Kilometer unter Wasser, es bestand die Gefahr, dass die Brücke über den Fluss Skálm von den immer noch weiter ansteigenden Wassermassen weggespült würde.
Quelle: vegagerdin.is |
Im Laufe des Nachmittags wurde dann auch das gesamte Gebiet des Sólheimajökull geräumt. Es war völlig unklar, wie sich die Lage weiter entwickeln könnte, es bestand die Gefahr eines weiteren, noch größeren Gletscherlaufs und wenn etwas passieren würde, wäre die Vorwarnzeit vermutlich zu kurz, um dann noch alle Menschen auf den betroffenen Gebieten in Sicherheit bringen zu können, daher wurde vorsorglich evakuiert.
Quelle: mbl.is / Sveinbjörn Darri Matthíasson |
Im Laufe des Abends ging der Wasserstand wieder zurück. Es zeigte sich, dass die Straße bei der Brücke über den Fluss Skálm auf einer Länge von rund 700 Metern massiv beschädigt worden war und vielfach mehr als die Hälfe der Fahrbahn unterspült und weggebrochen.
Quelle: mbl.is / Hákon |
Quelle: mbl.is / Hákon |
Dabei verlief der Gletscherlauf vergleichsweise glimpflich - so wurde die Brücke über den Fluss Skálm selbst nicht beschädigt, "nur" die Auffahrt auf der einen Seite.
Sobald der Wasserstand wieder sank, wurde mit den Baumaßnahmen vor Ort begonnen...
Quelle: mbl.is / Hákon |
...und schon am späten Sonntagabend, am 28.07., konnte die Straße für den Verkehr wieder geöffnet werden.
Ich finde es bewundernswert, in welcher Rekordzeit diese Straßenbaubehörde diese Straße, die doch ganz massiv geschädigt war und an der Stelle vor der Brücke doch eigentlich gar nicht mehr vorhanden, wieder soweit in Stand gesetzt hat, dass der Verkehr wieder rollen konnte.
Aber die Isländer sind solche Vorkommnisse gewöhnt, ein Gletscherlauf in diesem Gebiet kommt öfter vor, sie sind also in gewissem Sinne darauf eingestellt und vorbereitet und können schnell und zupackend reagieren. Ich bin auf jeden Fall beeindruckt, nachdem ich am Samstagabend die Bilder der zerstörten Straße und der kaputten Brücke im Fernsehen gesehen habe - und da sprach der zuständige Mitarbeiter der Straßenbaubehörde bereits davon, dass man hoffe, die Strecke im Laufe des Sonntags wieder öffnen zu können.
Natürlich hatte die Straßensperrung jetzt, in der Haupturlaubszeit und mitten in der Hauptsaison, massive Auswirkungen, auch viele Reisende sind auf der einen oder anderen Seite der Sperrung gestrandet und kamen erst einmal nicht weiter, konnten ihre gebuchten Unterkünfte für die nächste Nacht nicht erreichen und ihre Rundreise nicht wie geplant fortsetzen. Wobei viele ausländische Reisende vom Gletscherlauf nichts mitbekommen hatten und von der Sperrung überrascht wurden. (Daher noch einmal der Appell - wenn Ihr auf Island unterwegs seid, verfolgt bitte die Seiten der Straßenverkehrsbehörde umferdin.is und des meteorologischen Amts vedur.is, damit Ihr rechtzeitig informiert seid!)
Man hatte mit einer Wiedereröffnung der Straße am Sonntagabend ab 20 Uhr gerechnet, tatsächlich dauerte es zwar noch rund eine Stunde länger, aber sie haben es geschafft:
Die Ringstraße ist jetzt einspurig geöffnet, der Verkehr wird durch Ampeln geregelt. Die weiteren Reparaturarbeiten laufen. Die Verkehrsteilnehmer werden aufgefordert, bitte vorsichtig zu fahren und die Verkehrszeichen zu respektieren.
Screenshot von umferdin.is vom 28.07.2024 abends |
Hier noch ein Bild der isländischen Straßenbaubehörde Vegagerðin von Sonntagabend, als die Strecke für den Verkehr wieder geöffnet wurde.
Quelle: vegagerdin.is |
Laut Mitteilung der zuständigen Behörde erholt sich die Mýrdalsjökull von dem Gletscherlauf am Wochenende, in den letzten 24 Stunden gab es keine Anzeichen von eruptivem Tremor und sowohl die seismische Aktivität als auch die elektronische Leitfähigkeit im Fluss Skálm hat abgenommen.
Trotzdem wird im Moment empfohlen, nicht notwendige Reisen in das Gebiet lieber noch bis nach dem Wochenende aufzuschieben. In der Vergangenheit waren solche großen Gletscherläufe öfter schon Vorboten für den Beginn erhöhter Aktivität in der Katla. D.h., man geht nicht davon aus, dass noch etwas passieren wird, aber ausschließen kann man es auch nicht. Also nicht unbedingt eine Situation, in der man besonders viele Menschen in so einer Region haben möchte. Und am Wochenende ist hier auf Island das Kaufmannswochenende, (verslunarmannahelgi) traditionell das größte Reisewochenende des Landes. Durch den Feiertag am Montag ist es für viele Isländer ein langes Wochenende und die Menschen fahren in Scharen aufs Land, es gibt viele große Feiern und Feste.
Es kommt auch noch hinzu, dass aufgrund der starken Regenfälle der letzten Zeit die Flüsse in der Region sehr viel Wasser führen, was zu weiteren Komplikationen führen kann.
In diesem Sinne - die Strecke ist frei und befahrbar. Aber wenn es einem nicht darauf ankommt, ob man jetzt dort entlang fährt oder erst in ein paar Tagen, nach dem Wochenende oder nächste Woche, sollte man die Reise lieber noch ein bisschen verschieben.
Die Situation ist unter Beobachtung.
Quelle: mbl.is / Jón Axel Ólafsson |
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