Montag, 1. August 2022

Vom EM-Endspiel und der Erdbeben-Warnung per Handy

Gestern Nachmittag waren wir in Selfoss, um uns auf dem Brúartorg, dem "Brückenplatz" in der neuen Stadtmitte, das Endspiel der Frauen-Fußball-EM anzuschauen. 

Es war jetzt nicht fürchterlich voll, aber doch ganz gut besucht. Auch wenn die meisten Zuschauer eher für England jubelten, saß hinter uns noch eine Gruppe, deren Herz auch für die deutsche Mannschaft schlug, und neben uns ließ sich dann irgendwann zufällig noch eine deutsche Familie nieder. 

Wir waren also nicht die einzigen, die beim Ausgleichstor der deutschen Spielerinnen jubelten!



Skjáltaviðvörun - Erdbebenwarnung 

Irgendwann wurde ich allerdings abgelenkt - als ich auf mein Handy schaute, zeigte mir Google eine Erdbebenwarnung an:

Mein Handy meldete, dass es in 108 km Entfernung ein Erdbeben der Stärke 5,5 gegeben habe. 

Es gab ein Bild, wonach das Epizentrum des Bebens im Süden von Reykjanes war. 

Und ich bekam Verhaltensmaßnahmen: Ziehen Sie unbedingt sich Schuhe an! (Selbst wenn Sie nur von einem Raum in einen anderen gehen.) Man solle auf Gasgeruch achten und beschädigte Gebäude nicht betreten. 


Wir haben dann sofort auf der Nachrichtenseite vom Morgunblaðið (mbl.is) und der Seite des meteorologischen Instituts (vedur.is) nachgeschaut - bei den Aufzeichnungen der Erdbeben wurde noch nichts angezeigt. 

Kurz darauf kam auf mbl die Schlagzeile: Großes Erdbeben genau jetzt! 

Auf vedur.is wurde das Beben von 17.48 Uhr bei der Aktualisierung von 17.50 Uhr und der Aktualisierung von 17.55 Uhr noch nicht angezeigt, erst bei der um 18.00 Uhr. Und es dauerte dann noch mehrere Stunden, bis das Erdbeben schließlich offiziell auf eine Stärke von 5,4 auf der Richterskala eingestuft wurde. 

Irgendwie war ich von der Erdbeben-Warnung doch abgelenkt und konnte das Endspiel der Frauen-EM in London nur noch mit halber Aufmerksamkeit verfolgen, weil ich immer mit einem Auge am Handy war...

Mittlerweile habe ich gelernt, wie diese Handy-Warnung funktioniert:

Android-Handys enthalten mittlerweile winzige Messinstrumente, die Vibrationen erkennen können. Wenn das Handy etwas erkennt, von dem es glaubt, dass es ein Erdbeben sein könnte, sendet es ein Signal inklusive des ungefähren Standorts an den Erdbeben-Server von Google. Der Server gleicht die Meldung dann mit den Informationen anderer Smartphones im weiteren Umkreis ab - und gibt dann, basierend auf den vorliegenden Daten, eine Erdbebenwarnung heraus. Damit hat Google offenbar das "weltweit größte Erdbebenerkennungssystem" geschaffen. 

Das Ganze ist bemerkenswert akkurat: Bei der Google-Warnung wurde mir ein Erdbeben der Stärke 5,5 angezeigt. Bei den offiziellen Messstellen dauerte es 10 Minuten, bis überhaupt das Erdbeben angezeigt wurde, und es dauerte mehrere Stunden, bis das Beben offiziell mit 5,4 eingestuft wurde. 

Und bemerkenswert schnell ist das Google-Warnsystem auch:

Ich muss die Warnung schon auf dem Handy gehabt haben, bevor die Erdstöße hier schon zu spüren waren. Laut mathematischen Berechnungen in den isländischen Medien dauert es knapp 10 Sekunden, bevor die Erschütterung bei Grindavík in Reykjavík zu spüren ist, und dann noch einmal etwa 10 Sekunden, bis die Erschütterung Selfoss erreicht - also knapp 20 Sekunden, bis man das Erdbeben bei Selfoss merken konnte. 
 
Das Google-Warnsystem ist so schnell mit dem Datenabgleich, dass ich die Warnung schon auf dem Handy hatte, bevor 20 Sekunden nach dem Beben den Erschütterungen hier in Selfoss zu spüren waren. 

Ich bin mir zwar nicht sicher, ob die paar Sekunden, die zwischen Erhalt der Warnung und dem Ankommen der Erdstöße verbleiben, ausreichen würden, um die Nachricht zu lesen und dann wenigstens noch Schuhe anzuziehen oder den Gashahn abzudrehen, aber die Schnelligkeit der Erdbeben-Warnung finde ich genial und die Genauigkeit auch! 

Aus Grindavík werden Schäden gemeldet

In Grindavík hat das Erdbeben von kurz vor 18 Uhr Schäden angerichtet. Die Kaltwasserleitung nach Grindavík bracht bei Svartsengi, so dass die Stadt kurzfristig ohne kaltes Wasser war. Die Reparaturarbeiten liefen gestern bereits an, es wird damit gerechnet, dass der Schaden heute im Laufe des Tages behoben wird - wenn keine weiteren starken Erdbeben oder Schäden auftreten.

Ich habe mittlerweile Bilder vom Supermarkt dort gesehen, da waren etliche Waren aus den Regalen gefallen und viele Gläser zerbrochen und ausgelaufen. Auch von einem Restaurant aus Grindavík gab es Bilder, auf denen jede Menge Gläser und Geschirr zerbrochen auf dem Boden lagen.

Wenn ich mir so diese Bilder voller Scherben ansehe, wird auch mir klar, warum Google vielleicht doch recht haben könnte mit dem Erdbeben-Tipp "Ziehen Sie zuerst Schuhe an!" 


Wir sind dann nach dem verlorenen Endspiel wieder nach Hause gefahren. 

Später am Abend wurde auf der Leinwand noch der Brekkusöng auf Heimaey live übertragen, das große Festival zum Kaufmannswochenende hier auf Island. Da muss es dann richtig voll gewesen sein und eine geniale Stimmung, nach den Bildern, die ich davon gesehen habe. Aber um die Zeit waren wir schon wieder in unserem Häuschen... 


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