Seit 1989 kürt der isländische Forstverband (Skógræktarfélag Íslands) jährlich den Baum des Jahres - einen Baum, der eine besondere Geschichte hat oder in irgendeiner Weise besonders interessant ist.
Dieses Jahr wurde tatsächlich mein Lieblingsbaum zum Baum des Jahres ernannt - die Sitka-Fichte, die auf einer kleinen Insel bei Selfoss im Fluss Ölfusá wächst. Jedes Mal, wenn wir über die alte Brücke fahren, sehe ich den Baum und freue mich an ihm. Und stelle mir immer vor, wie schön es wäre, wenn er im Dezember als Weihnachtsbaum geschmückt würde.
Ich habe mich wirklich gefreut, als ich gelesen habe, dass dieser Baum dieses Jahr zum Baum des Jahres erklärt wurde!
Die feierliche Zeremonie fand am Samstag, den 20. September 2025 um 14 Uhr am Nordufer des Flusses Ölfusá statt, mit Übergabe der Urkunde zum "Baum des Jahres" von Jónatan Garðarsson, dem Vorsitzenden des isländischen Forstverbands an Bragi Bjarnason, den Bürgermeister der Gemeinde Árborg. Es wurden Reden gehalten, dazu gab es Musik und Erfrischungen.
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Quelle: vísir.is / Foto von Magnús Hlynur Hreiðarsson |
Der Baum auf der kleinen Insel Jóruklettur im Fluss Ölfusá ist etwas Besonderes, auch weil völlig unklar ist, wie der Baum auf die Klippe dieser Insel gekommen ist. Die Vermutungen reichen von Selbstaussaat über einen heimlichen Baum-Enthusiasten, der mit Gummistiefeln, Schaufeln und Stecklingen auf die Insel geschippert sein könnte, so der zuständige Förster. Der Baum ist hier unter sehr schwierigen Bedingungen gewachsen, konnte sich bisher aber trotz seiner doch sehr exponierten Lage gegen Stürme, heftige Wellen und Schnee auf der Klippe behaupten.
Bei der Zeremonie am 20. September wurde der Baum auch feierlich vermessen. Nach den Messergebnissen der Forstfachleute ist die Fichte auf der Insel etwa 9,70 m hoch, der Stamm hat einen Umfang von knapp 40 cm und der Baum ist vermutlich etwas mehr als 40 Jahre alt.
Im Rahmen der Zeremonie kündigte Bragi, der Bürgermeister von Árborg, an, dass der Baum zukünftig in die Weihnachtsbeleuchtung mit einbezogen werden solle. Damit würde dann für mich wirklich ein Traum in Erfüllung gehen, wenn dieser Baum dann wirklich zum Weihnachtsbaum würde!
Exkurs:
Sitka-Fichten auf Island
Sitka-Fichten sind eine Pflanzenart aus der Gattung der Fichten, aus der Familie der Kieferngewächse (zu der auch Bäume wie Douglasien oder Hemlocktannen gehören). Der natürliche Verbreitungsraum der Sitka-Fichte reicht entlang der Westküste Nordamerikas von der Insel Kodiak in Alaska bis nach Nordkalifornien. Ihren Namen verdanken sie der Stadt Sitka in Alaska. Die Bäume sind besonders meersalz-tolerant, so dass man sie auch direkt am Meer findet, aber selten weiter als 30 km landeinwärts.
Die Bäume sind immergrün, Sitka-Fichten erreichen im Schnitt eine Wuchshöhe von 50 bis 70 Metern, bei einem Stammdurchmesser von bis zu 5 Metern. Einzelne Bäume erreichen eine Höhe von knapp 100 Metern, damit ist die Sitka-Fichte die größte aller Fichten-Arten. Die Bäume können vermutlich bis zu 700 oder 800 Jahre alt werden.
Auf Island wurde die Sitka-Fichte erstmals in den 1920er Jahren zuerst aus Dänemark, später dann aus Norwegen nach Island importiert. Während des Zweiten Weltkriegs wurden die Kommunikationswege brach der Kontakt nach Norwegen ab, als das Land von Deutschland besetzt wurde, dafür ergaben sich neue Kontakte in die westliche Welt. So gelang es Hákon Bjarnason (1907 - 1989), dem damaligen isländische Forstdirektor, Kontakte nach Alaska zu knüpfen, und er erhielt von dort eine große Anzahl von Samen für Sitka-Fichten und Alaska-Lupinen sowie erste Stecklinge der Alaska-Pappeln (auch als Balsam-Pappeln bekannt), die seit 1944 in Island angebaut werden.
Ende der 1950er Jahre starb fast der gesamte Bestand an Waldkiefern, die im Zuge der Aufforstung in Island angepflanzt worden waren, durch einen Befall mit Kiefernläusen ab. Am 9. April 1963 folgte dann, nach einer ungewohnt frühen und langen warmen Phase, ein heftiger Frühlingssturm, bei dem die Temperaturen innerhalb von 6 Stunden um 20° fielen (von +12° auf -8°), diesem Sturm fielen insbesondere in Südisland sehr viele Bäume zum Opfer. Allerdings stellte man fest, dass die Sitka-Fichten den Sturm und den Temperaturabfall mehrheitlich sehr viel besser vertragen hatten als andere Fichten- und Kiefern-Arten. Heute ist die Sitka-Fichte einer der häufigsten Forstbäume Islands.
Frühere Sitka-Fichten als Baum des Jahres (2002 und 2022)
Die höchsten und dicksten Bäume Islands sind heute in der Regel Sitka-Fichten und schon zwei Mal wurden Sitka-Fichten zum Baum des Jahres ernannt:
Bereits 2002 wurden zwei Sitka-Fichten beim Hof Stóra Giljá in der Nähe von Blönduós in Nord-Island zum Baum des Jahres gewählt. Das Haus wurde als eines der größten Häuser des Landes damals in den 1930er Jahren erbaut. Im Frühjahr 1964 bekamen die Bewohner dann 6 Sitka-Fichten-Setzlinge geschenkt, die sie beim Hof einpflanzten und hingebungsvoll zwei Mal wöchentlich mit einer Mischung aus Wasser und Kuhmist düngten. Die Fichten gediehen zunächst gut, aber die Nordwinde, die um die Ecken des Hauses fegten, ließen die äußeren beiden Bäume absterben. Die anderen Bäumen standen zu nahe beieinander, so dass die sich gegenseitig beschatteten, in den 1970er Jahren fällt man dann zwei Bäume, und die letzten beiden Fichten gedeihen seitdem. Bei der offiziellen Vermessung 2002 waren die Bäume zwischen 9,10 m und 9,70 m hoch, heute sind sie deutlich höher als das Haus.
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Quelle: Wikipedia.is |
Im Jahr 2022 wurde dann eine Sitka-Fichte in Kirkjubæjarklaustur, in der Nähe des Systrafoss-Wasserfalls, zum Baum des Jahres ernannt.
Diese Sitka-Fichte, die 1949 gepflanzt wurde, gilt als der erste Baum der Neuzeit in Island, der eine Höhe von mehr als 30 Metern erreicht hat. Bei der Preisverleihung im September 2022 wurde der Baum feierlich von der damaligen Ministerpräsidentin Katrín Jakobsdóttir vermessen - danach betrug die gemessene Höhe 30,15 Meter.
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Quelle: rúv.is / Foto vom Forstverband Skógræktin |
In die Reihe dieser "Bäume des Jahres" reiht sich jetzt also auch mein Lieblingsbaum hier auf der Insel im Fluss neben der alten Brücke über die Ölfusá in Selfoss ein. Ich hoffe, der Baum hält sich an seiner exponierten Stelle auch weiterhin so gut - und ich bin gespannt, ob er dieses Jahr wirklich zu Weihnachten geschmückt wird!
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