Montag, 2. Juli 2018

Fjárhúsið, Grandi Mathöll

Hrókur 

Der "Schafstall" in der Grandi Mathöll - zu Gast bei Hrókur




Darf ich vorstellen? Das hier ist Hrókur. Zu Lebzeiten bestimmt ein sehr imposanter Schafbock. "Hrókur" bedeutet nämlich "großer Kerl" - aber auch "Frauenheld". Wir haben diesen Hrókur im "Schafstall" in der Grandi Mathöll kennen gelernt.

Eine "Mathöll" ist ein "Essenspalast", eine "Street Food Hall". In Reykjavík gibt es mittlerweile zwei solcher "Food Halls", nämlich die "Hlemmur Mathöll" am Laugavegur im Osten der Innenstadt und die "Grandi Mathöll" im alten Hafenviertel Grandi.


Früher war hier einfach Meer, Anfang des 20. Jahrhunderts wurde dann an dieser Stelle der Hafen von Reykjavík gebaut. Vor ein paar Jahren war Grandi noch ein heruntergekommenes altes Hafenviertel ohne Perspektive  - mittlerweile boomt das Viertel. Es gibt jetzt jede Menge Restaurants und Bars, und ich habe hier auch schon Regentage im neugebauten Sjóminjasafn, dem "Reykjavík Maritime Museum", und in der Ausstellung "Whales of Iceland" verbracht.


Die Grandi Mathöll ist gerade erst zum 01. Juni 2018 eröffnet worden, und zwar in einer ehemaligen Fischhalle.


Vor ein paar Jahren wurden hier noch die frisch gefangenen Fische angeliefert und für den weiteren Transport vorbereitet, mittlerweile ist das alte Gebäude komplett umfunktioniert. Heute bieten hier neun verschiedene Unternehmen in ihren selbst gezimmerten Buden und ihren Food Trucks ihr Essen an. Ein absolutes "food-lovers' paradise!"


Wenn man rein kommt, hängen noch die Arbeitskittel und die Gummistiefel der früheren Arbeiter der Fischhalle am Eingang. Wenn man möchte, kann man die Sachen auch anprobieren.


Wir waren hier am Samstagmittag ins "Fjárhúsið" eingeladen, also in den "Schafstall". 

Das hier waren unsere Gastgeber - Herborg Svana Hjelm und Birgir Rafn Reynisson. Passend zum ersten Spiel der Isländer bei der WM trugen beide natürlich Island-Trikots. 


Herborg erzählte uns, dass sie eigentlich in Reykjavík eine Firma betreiben, mit der sie rund 3.000 Kinder in Schulen und Kindergärten verpflegen. Dabei wollen sie den Kindern gutes und lokales Essen schmackhaft machen und ihr Bewusstsein für eine gesunde Ernährung fördern. Sie legen Wert auf die ausgewogene Zusammensetzung des Essens und auf hochwertige Produkte aus Island, um lange Importwege zu vermeiden. Dabei setzen sie sich auch gegen Lebensmittelverschwendung ein. 

Dieses Ziel wollen sie jetzt zusätzlich auch bei ihren Kunden in der Grandi Mathöll umsetzen und das Bewusstsein für gutes, regionales Essen zu fördern. Über die Seite www.islenskt.is kann man sogar nachschauen, von welchem Hof die einzelnen Produkte stammen, die hier im Fjárhúsið verkauft werden. Die Tomaten stammen z.B. aus Friðheimar, das Basilikum von einem Hof bei Selfoss.

Den "Schafstall" in der Mathöll haben sie übrigens selbst gebaut, alles in Eigenleistung, wie uns Herborg stolz erzählte - und er ist wirklich wunderschön geworden! 


Hier kann man gemütlich sitzen und lecker essen. Als wir da waren, wurde gerade das erste Spiel der isländischen Nationalmannschaft bei der Fußball-WM gezeigt. Ideal, da es draußen in Strömen regnete!


Das "Fjárhúsið" ist, wie der Name "Schafstall" schon sagt, auf isländisches Schaffleisch spezialisiert. Das Fleisch stammt von einem Hof am Þistilfjörður, dem "Diestelfjord" im Norden Islands. 

Wir bekamen, auf Empfehlung des Hauses, zum Testen eine Vorspeise und ein Hauptgericht: 

Das Hauptgericht war "Surtla - kótilettur með allskonar salati, basilsósu og ofnbökuðu íslensku kartöflu smælki með íslenskum kryddjurtum". Also Lammkoteletts mit gemischtem Salat und Basilikumsauce, dazu gebackene kleine isländische Kartoffeln mit isländischen Kräutern.


Die Lammkoteletts haben wirklich sehr lecker geschmeckt! Herborg sagte, die sind genau so, wie die Isländer ihr Lammfleisch lieben - schön fett und saftig. 
Ich denke dabei immer an die Leute, die mir erzählen, sie mögen kein Lammfleisch, weil sie früher trockenen alten Hammel aufgetischt bekamen, und denen schon vom Geruch schlecht wurde. Wenn die einmal so ein Gericht wie das hier essen würde... dann würden sie vielleicht merken, welch leckeres Essen ihnen bisher entgangen ist!


Übertroffen wurde dieses Gericht aber noch durch die Vorspeise: "Hrúsi - Flatkaka með allskonar salati, basilsósu og tvíreyktu lambakjöti af forystusauðfé frá Þistilfirði". Also Flatbrauð mit gemischtem Salat, ebenfalls mit Basilikumsauce - und das Highlight was das doppelt geräucherte Lammfleisch. 


Das Fleisch ist von "Forystufé". Es handelt sich dabei um eine besondere Zuchtlinie der Islandschafe. Übersetzt bedeutet es "Führungsschafe" oder "Anführerschafe". 

Früher war man in der Landwirtschaft auf Island auf diese besonderen Schafe angewiesen und es waren besonders wertvolle Tiere - sie gelten als die intelligentesten Schafe der Welt, sie haben einen guten Orientierungssinn, sie finden die besten Weideplätze - und sie spüren sogar Stürme und unvorhergesehene Schneefälle voraus und bringen ihre Herde immer wieder sicher nach Hause. Diese speziellen "Anführerschafe" wären beinahe im Rahmen der landwirtschaftlichen Revolution in den 50er Jahren ausgestorben, aber zum Glück überlebten doch einige der Tiere und der Bestand konnte mittlerweile wieder erhöht werden, heute gibt es schon wieder etwa 1.500 "Anführerschafe" in Island. Davon werden nur rund 30 Tiere im Jahr geschlachtet, etwa im Alter von 1 bis 2 Jahren, und das Fleisch dieser Tiere geht dann direkt (und ausschließlich) an Herborg und Birgir. Es ist also eine ganz besondere Spezialität, die man wirklich nur hier im Fjárhúsið erleben kann! 

Die "Anführerschafe" laufen sehr viel mehr als die anderen Tiere der Herde, da sie - sozusagen wie ein Schäferhund - immer die anderen Schafe im Blick haben, die Herde umkreisen und auf die anderen Tiere Acht geben. Deshalb ist das Fleisch dieser Schafe auch ganz besonders mager, erklärte uns Herborg. Den Isländern wäre dieses Fleisch eigentlich schon zu mager, aber bei den Touristen, die gute Qualität zu schätzen wissen, ist es sehr beliebt. 


Ganz im Ernst - dieses "belegte Flatbrauð" hier mit dem geräucherten Führungsschaf war definitiv eines der leckersten Essen, die ich bisher je gegessen habe. Ich bin absolut hin und weg und total begeistert. Das war eine ganz besondere Erfahrung!


Wir haben unsere Lammkoteletts und unser belegtes Flatbrauð auf jeden Fall komplett aufgefuttert, so lecker war das.


Hinterher haben wir uns noch kurz in der Mathöll umgeschaut, einen kurzen Blick auf die anderen Food Trucks und Lokale / Läden geworfen, bevor wir dann aber schon weiter mussten - wir wollten schließlich das Fußballspiel gegen Argentinien auf der Großbildleinwand auf dem Ingólfstorg anschauen!



Im Überblick:

Das Fjárhúsið hat sich auf isländisches Schaffleisch spezialisiert. Die Speisekarte ist überschaubar, es gibt Lammburger, belegte Sandwiches mit Lammfleisch, Lammkarrees mit Salat und Kartoffeln (und Basilikumdipp) und die Lammkoteletts und das belegte Flatbrauð mit dem geräucherten Anführerschaf. 

Für das Essen zahlt man hier für ein Gericht pro Person im Schnitt knapp 2.600 ISK, also umgerecht gut 20 € (Stand Juni 2018). Ein Softdrink kostet aktuell 390 ISK (= ca. 3,10 €), ein Bier (frisch gezapft oder als Flasche) 1.200 ISK (gut 9,50 €). Im Schnitt kostet ein Bier im Lokal in Reykjavík meist zwischen 8 € und 13 €, mal als Vergleichswert.

Die Lokale in der Grandi Mathöll haben unter der Woche von 11 Uhr bis 21 Uhr geöffnet, am Wochenende freitags, samstags und sonntags von 11 Uhr bis 22 Uhr. Die Kaffee-, Tee- und Weinbar öffnet täglich bereits um 10 Uhr und schließt mittwochs bis sonntags um 22 Uhr, donnerstags, freitags und samstags sogar erst um 23 Uhr. 

Mir hat das Fjárhúsið und überhaupt die frisch eröffnete Grandi Mathöll wirklich sehr gut gefallen, hier komme ich bestimmt wieder hin!



* Rechtlicher Hinweis: 

Es handelt sich hierbei formal gesehen um Werbung, da wir zum Essen eingeladen wurden. Wir waren aber nur in Restaurants und Lokalen, von denen wir vorher Gutes gehört hatten und die wir - aus den verschiedensten Gründen - spannend fanden. Insoweit waren wir auch ehrlich begeistert und wenn wir in Lobeshymnen ausbrechen, sind die wirklich ernst gemeint.


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