Im Nonni-Viertel und auf dem Melaten-Friedhof
Der isländische Autor Jón Sveinsson, der in Europa unter dem Namen "Svensson" publizierte, war besonders in Deutschland als Autor der Nonni-Bücher um den isländischen Jungen Nonni und seinen kleinen Bruder Manni sehr bekannt und beliebt.
Die Bücher werden nicht mehr verlegt, aber die ZDF-Weihnachtsserie "Nonni und Manni" von 1988 ist vielen heute noch ein Begriff.
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Die CD habe ich von meinem Onkel Rüdiger
zu Weihnachten geschenkt bekommen
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Als wir im November 2019 das Island-Kolloquium in Köln besucht haben, waren wir am nächsten Tag noch auf Nonnis Spuren unterwegs, haben in Köln-Ehrenfeld den Nonniweg gesehen...
...und den Nonni-Brunnen vor der katholischen Kirche St. Bartholomäus am Melatener Weg.
Der Brunnen wurde in den 60er Jahren von der Kirchengemeinde auf Betreiben von Josef-Herrmann Hieronymi erreichtet, der von 1957 bis 1974 dort Pastor und ein sehr großer Fan der Nonni-Bücher war. Die von ihm hier 1962 gegründete Jugendeinrichtung trägt bis heute ebenfalls den Namen "Nonni".
Die Bronze-Skulptur stammt von dem Künstler Lambert Schmitthausen und stellt den jugendlichen Nonni mit Buch in der Hand dar, vor ihm ein Betonbecken für das Brunnenwasser. Das Becken ist heute allerdings mit Kieselsteinen gefüllt, der Brunnen ist nicht mehr in Funktion.
Ich mag das Foto hier von Nonni und mir!
Aber wer war dieser "Nonni" eigentlich?
Jón Sveinsson wurde am 16. November 1857 in Möðruvellir bei Akureyri geboren. Seine Eltern hatten 8 Kinder, außerdem brachte seine Mutter noch eine Tochter mit in die Ehe. Drei ihrer Kinder starben allerdings im Herbst 1860 an Diphterie. Als Jón knapp 8 Jahre alt war, zog der Vater, der Sekretär des Amtmanns war, mit der ganzen Familie in die Stadt nach Akureyri in das sog. Pálshús, in dem sich heute das Nonnihús-Museum befindet.
Vier Jahre später starb sein Vater Sveinn im Alter von nur 48 Jahren an Bandwürmern. Nach dem Tod verlor die Witwe ihren Besitz, wie es damals oft vorkam, auch die Kinder musste sie bis auf einen Sohn alle weggeben. (Sie selbst ging dann nach Kanada, heiratete wieder und starb dort 1910 im stolzen Alter von 84 Jahren.)
Der junge Jón wurde 1870 in die Obhut eines französischen Adligen gegeben, der Jesuit war und arme Jungen aus Skandinavien zur Ausbildung nach Europa holte, wo sie in verschiedenen Familien lebten. Allerdings wurde Jón zunächst nach Dänemark gebracht, wo er zum Katholizismus konvertierte, erst nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges 1871 kam er nach Frankreich, zu einer Frau, die ihren einzigen Sohn im Krieg verloren hatte. Hier besuchte Jón die Lateinschule in Amiens und machte 1878 sein Abitur. (Sein jüngerer Bruder Ármann, genannt Manni, besuchte später auch dieselbe Schule in Frankreich und ging dann zum Studium nach Belgien, er starb allerdings bereits 1885 im Alter von 23 Jahren in Leuven an Tuberkulose.)
Nach dem Abitur trat Jón im August 1878 dem Jesuitenorden bei und studierte in Frankreich, Belgien und den Niederlanden, bevor er Lehrer an einer katholischen Schule in Dänemark wurde. Von 1888 bis 1892 studierte er in England katholische Theologie und wurde in Liverpool auch 1890 zum Priester geweiht. Er soll damit der erste Isländer gewesen sein, der nach der Reformation wieder katholischer Priester wurde.
P. Jón Sveinsson kehrte nach Dänemark und an die Schule dort zurück, wo er weiter unterrichtete - seine Fächer waren Französisch, Altnordisch, Sport und Zeichnen. Ab 1906 fing er wohl an, inspiriert von seiner eigenen Kindheit in Island auf dem Land, seine Bücher um die beiden Brüder Nonni und Manni zu schreiben - Nonni ist die Koseform von Jón, Manni die Abkürzung von Ármann. Die Helden der Bücher sind also Jón und sein vier Jahre jüngerer Bruder Ármann - die "Jungen von der Feuerinsel".
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CD-Cover von "Nonni und Manni" |
Insgesamt schreibt Jón Sveinsson 12 Nonni-Bücher - über seine Kindheit in Island ("Nonni - Erlebnisse eines jungen Isländers, von ihm selbst erzählt", "Nonni und Manni"), über seine Konvertierung 1870 mit nur 13 Jahren ("Wie Nonni das Glück fand") und sein späteres Leben. Die letzten beiden Bücher sind "Nonni in Amerika" und "Nonni in Japan", letzteres vollendete erst nach Nonnis Tod P. Hermann Krose anhand von Tagebuchaufzeichnungen von Nonni.
Etwa 1911/12 hörte Jón Sveinsson auf zu unterrichten, wohl wegen eines Gichtleidens, und ging, gefördert von seinem Ordern, nach Deutschland, um sich ganz dem Schreiben widmen zu können. 1913 erscheint sein erstes Nonni-Buch auf Deutsch im Herder-Verlag. Seine Bücher wurden aus dem Deutschen in über 30 Sprachen übersetzt. Er selbst reiste durch die Welt und hielt Vorträge, über Island und besonders über den Eyjafjörður, den Fjord, an dessen Südende die Stadt Akureyri liegt. Auf Einladung der isländischen Regierung kommt er 1930 noch einmal nach Island, auf dieser Reise wurde er auch zum Ehrenbürger von Akureyri ernannt.
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Blick auf Akureyri (2018) |
Jón ging dann 1936 auf "Welttournee" und bereiste u.a. die USA und Kanada, bevor er 1938 nach Japan weiterreiste. Bei Kriegsausbruch 1939 kehrte er von Japan zurück in die Niederlande, wo er dem Jesuitenkolleg in Valkenburg zugewiesen war. Das Kolleg wurde 1942 von der Gestapo aufgelöst, Jón kam wieder nach Deutschland. Seine letzten Lebensjahre waren wohl eine Odyssee durch katholische Krankenhäuser in Aachen, Eschweiler und Köln-Ehrenfeld, wo er zuletzt in dem von katholischen Ordensschwestern geführten St. Franziskus-Hospital lebte.
Im Alter von fast 87 Jahren kam Jón Sveinsson am 16. Oktober 1944 bei einem Bombenangriff im Luftschutzbunker unter dem Hospital ums Leben, so wird berichtet, und man beerdigte ihn auf dem nahe gelegenen Melaten-Friedhof in der Grabstätte der Kölner Jesuiten.
Hier steht sein Name (P. Jon Svensson - Nonni) zwischen Namen der anderen Kölner Jesuiten, die hier ihre letzte Ruhe gefunden haben.
Zusätzlich gibt es noch eine gesonderte Tafel auf dem Grab, die an den Autor der Nonni-Bücher erinnert.
Auf dem Grab steckten, als wir im November dort waren, noch mehrere laminierte Zettel zum 75. Todestag des Autors am 16. Oktober 2019. Zu diesem Anlass hatte es auch eine Gedenkstunde gegeben mit Kranzniederlegungen durch die Kölner Oberbürgermeisterin und die Deutsch-Isländischen Gesellschaft, eine Andacht in der Friedhofskappelle und eine Ausstellung von Ehren von "Nonni". Der "Nonni-Fanclub-Deutschland" war dabei, wie so oft, wohl auch sehr rührig.
Vor dem Grab steht seit 2011 eine Bank, die zur Erinnerung an den isländischen Autoren von Nonni-Freunden, der Deutsch-Isländischen Gesellschaft und dem Herder-Verlag gestiftet wurde.
Schon ein bemerkenswerter Lebenweg, von dem kleinen Weiler Möðruvellir í Hörgárdal im Norden Island über so viele Stationen in Europa, Amerika und Asien bis zum Schluss auf den Melaten-Friedhof in Köln...