Mittwoch, 31. August 2022

Haustið er að koma

Es wird Herbst hier auf Island... 


Es ist zwar erst Ende August, Anfang September, aber man merkt schon deutlich, dass es Herbst wird. Abends wird es wieder dunkel, seit gut 2 Wochen knipse ich gegen 21 Uhr schon wieder das Licht an. An manchen Abenden kriechen die Nebel regelrecht aus allen Senken...


Und an anderen Abenden scheint die Sonne und die Landschaft leuchtet regelrecht im letzten Sonnenlicht des Tages... 


...und die angestrahlten Wolken sehen einfach nur wunder-, wunderschön aus!


Nachts ist es schon wieder so dunkel, dass man - mit ein bisschen Glück - auch wieder Nordlichter sehen. Unser erstes Nordlicht hatten wir für diese Saison schon in der Nacht vom 20. August auf dem Heimweg von der Menningarnótt in Reykjavík - erst schwach über der Hellisheiði und dann, hier zu Hause, schon herrlich deutlich zu sehen!


Auch die Natur färbt sich rot und golden und der Busch hier vor unserer Haustür schmeißt im Regen und Wind der letzten Tage schon fleißig seine Blätter ab. 

Es wird wirklich Herbst, hier auf Island... 



Verðbólga á Íslandi

Inflation auf Island - Stand August 2022

 
Auch in Island leiden die Menschen unter der steigenden Inflation, die Inflationsrate liegt hier aktuell bei knapp 10%. Fachleute rechnen mit einem weiteren Anstieg auf bis zu 11% bis zum Jahresende 2022. 

Gerade die extrem steigenden Miet- und Immobilienpreise tragen zu dieser hohen Inflation bei, aber auch die allgemeinen Lebenshaltungskosten und die Kosten für Lebensmittel steigen und steigen. 

Mittlerweile gibt es Aufrufe der Öffentlichkeit und auch der isländischen Regierung, aktiv gegen die steigende Inflation im Land vorzugehen.


Supermarkt Krónan friert die Preise für 240 Produkte bis Jahresende ein

Als Reaktion auf diese Appelle verkündete letztens die Supermarktkette Krónan, dass sie die Preise für 240 Produkte der Hausmarken "Krónan" und "First Price" bis zum Jahresende einfrieren.

Das Einfrieren der Preise betrifft 240 Produkte des täglichen Bedarfs der beiden genannten Firmen, und zwar Produkte von Klopapier, Waschmittel, Glasreiniger, Seife und Damenbinden über Hundefutter und Katzenstreu bis hin zu Lebensmitteln wie Reis, Haferflocken, Müsli, Fleisch, Dosenobst, Saure Gurken, Margarine, Toastbrot, Baguette, Schokolade, Kekse, Eis und Chips. 

Die Produkte sind alle online aufgeführt - und im Geschäft stehen ganz anschaulich am Eingang mehrere Einkaufswagen, die vollgepackt sind mit genau diesen 240 Produkten. 



Andere Unternehmen haben sich zu dem Thema ebenfalls zu Wort gemeldet. Beispielsweise Hirzlan, ein Fachgeschäft für Büromöbel, rief ebenfalls dazu auf, angesichts der hohen Inflation müssten alle zusammen arbeiten, und versprach, die Produktpreise für den Rest des Jahres 2022 nicht zu erhöhen. 

Dagegen erklärte der Geschäftsführer der Supermarktkette Bónus, an sich sei die Idee zwar eine großartige Initiative. Bónus werde die Preise aber nicht einfrieren, vielmehr arbeite man jeden Tag daran, Preiserhöhungen so weit wie möglich zu vermeiden und eventuelle Preissenkungen unmittelbar an die Kunden weiterzugeben.  


IKEA erklärte, sie hätten die gestiegenen Kosten während der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Problemen in den Lieferketten in den letzten zwei Jahren überwiegend nicht durch gestiegene Preise an die Kunden weitergegeben. Das Möbelhaus veröffentlicht immer im September den Katalog für die kommenden 12 Monate, damit werden faktisch auch die Preise für diesen Zeitraum festgeschrieben. 


Im August lag die Inflation "nur noch" bei 9,7% 

Aktuell wurde von der Statistik-Behörde die Meldung veröffentlicht, dass die Inflation in Island im August bei 9,7% lag, verglichen mit 9,9% im Juli 2022. Insbesondere die Energiepreise seien leicht gesunken und die Nachfrage nach Immobilien sei (bei gestiegenen Leitzinsen der Zentralbank) etwas zurückgegangen. 

Damit verlangsamt sich zumindest die Inflation leicht. Ob es ein langfristiger Trend ist oder nur eine kurzfristige Erholung, wird abzuwarten bleiben. 


Freitag, 26. August 2022

Bananakaka með rjómaostakremi

Bananenkuchen mit Frischkäse-Creme


Bisher habe ich zwar schon verschiedene Sorten Bananenbrot ausprobiert, aber das hier war mein erster Bananenkuchen - und ich bin mit dem Ergebnis durchaus zufrieden! Normalerweise kann ich meinen Jüngsten so gar nicht für Bananenbrot begeistern, aber dieser feine Kuchen hat sogar ihm geschmeckt und er wollte noch ein zweites Stück! 


Zutaten

Für den Teig

3 Bananen
3 Eier
100 g brauner Zucker
100 ml Öl
1 Prise gemahlene Vanille
240 g Mehl
1 TL Backpulver

Für die Creme

200 g Frischkäse
50 g weiche Butter
100 g Puderzucker
1 Prise gemahlene Vanille


Zubereitung

Den Backofen auf 180° Ober-Unter-Hitze vorheizen.

Die Bananen in einer großen Schüssel pürieren.


Das Öl, den braunen Zucker, die Eier und die gemahlene Vanille hinzufügen und gründlich verrühren.


Noch das Mehl und das Backpulver dazugeben und alles zu einem glatten Teig verarbeiten. 



Den Teig in eine eingefettete oder mit Backpapier ausgelegte Kastenform geben, glattstreichen und ca. 40 Minuten bei 180° Ober-Unter-Hitze im vorgeheizten Backofen backen, bis der Kuchen schön goldbraun und durchgebacken ist (Stäbchenprobe!). 


Den Kuchen aus dem Ofen holen, komplett abkühlen lassen und vorsichtig aus der Form lösen.

Anschließend die Creme zubereiten:

Den Frischkäse mit der Butter, dem Puderzucker und der Vanille schaumig schlagen. 


Die Creme dann auf dem Kuchen verstreichen, nach Geschmack bzw. für die Optik noch mit etwas Puderzucker bestäuben, wenn man mag.


Den Kuchen mit der Creme im Kühlschrank fest werden lassen und dann gut gekühlt servieren.


Guten Appetit!




Donnerstag, 25. August 2022

Menningarnótt 2022

Kulturnacht in Reykjavík (20.08.2022)


Nach unserem Besuch beim Präsidenten von Island sind wir am Samstag wieder in die Stadt gefahren. Wir waren schließlich noch bei einer Freundin zu Kaffee und Kuchen eingeladen - und haben uns anschließend dann in die Kulturnacht gestürzt. 

Es waren wirklich Menschenmassen unterwegs, überall gab es irgendetwas zu sehen und zu erleben. Teilweise hatten die Menschen ihre Instrumente im Vorgarten aufgestellt und spielten mit ihrer Band, während Freunde und Familie dazu Kaffee tranken oder grillten. Die Stimmung war einfach nur perfekt!

Auf dem Arnarhóll war gerade nicht so viel los, als wir hier vorbei kamen, die Bühne unten an der Straße war leer, irgendwelche Arbeiten waren im Gange. 


Zuerst haben wir kurz in den "Orgel-Marathon" in der Hallgrímskirkja reingehört, ... 


... danach sind wir zum Konzerthaus Harpa gelaufen. 


Die Glasfassade des Konzerthauses wurde vom isländischen Künstler Ólafur Eliasson entworfen. Ursprünglich sollte hier mit viel Geld von finanzstarken Investoren ein gigantisches Kultur- und Wirtschaftszentrum entstehen, das "World Trade Center Reykjavík" - ein Konzerthaus und Kongresszentrum mit großem Luxus-Hotel, dem Hauptsitz der Großbank Landsbanki, Geschäften, Wohnungen und Restaurants sowie einem riesigen unterirdischen Parkhaus. Dann kam die Finanzkrise 2008, die Investoren waren nicht mehr finanzstark, die Investorengruppe ging in Konkurs - und der Rohbau ging in staatlichen Besitz über. Nach dem großen Konkurs stand die Bauruine erst einmal wie ein Mahnmal an die Krise am Hafen, bevor die Stadt Reykjavík beschloss, zumindest das angefangene Gebäude in einer "abgespeckten" Version fertigzustellen - ohne Hotel und Business Center, nur mit einem vielen kleineren Parkhaus - eben nur das Konzert- und Konferenzgebäude. Der Bau wurde im Frühjahr 2011 fertiggestellt, die offizielle Einweihung erfolgte im Rahmen der alljährlichen Kulturnacht am 20. August 2011. 


Ich finde gerade die Fassade wunderschön und bin jedes Mal, wenn ich in Reykjavík bin, sehr gerne wieder hier (und zwar nicht nur, weil es in dem Gebäude auch öffentlich zugängliche Toiletten gibt). 




Eine Kulturveranstaltung in Harpa habe ich jedoch noch nicht erlebt - umso spannender fand ich es, das Konzerthaus auch einmal "in Aktion" zu erleben. 

Hier konnten wir kurz einen Eindruck von dem Konzert von Hamradun bekommen - die Gruppe spielt Hard Rock - mit Wurzeln tief in der alten färöischen Musik und Literatur. Sie selbst bezeichnen sich als "Faroese folk rock project". 


Um 17.55 Uhr war dann die Abschlussveranstaltung für diese Kulturnacht in Harpa: 


Im Treppenhaus gaben drei Chöre gemeinsam ein halbstündiges Konzert, während die Zuschauer dichtgedrängt im Eingangsbereich und auf den Treppen standen.  


Es sangen der Mótettukórinn, der Motettenchor der Hallgrímskirja unter der Leitung von Hörður Áskelsson, der 1916 gegründeten Männerchor Karlakórinn Fóstbræður (KFUM) unter Leitung seines Dirigenten Árni Harðarson und der Kvennakór Reykjavíkur, dem 1993 gegründeten Frauenchor von Reykjavík. Mit dem Konzert wurde der "Kulturwinter" (= menningarveturinn) eingeläutet.  

Listasafn - Kunstmuseum

Wir gingen dann auf dem Rückweg von Harpa noch beim Listasafn Íslands vorbei, bei dem Gebäude in der Tryggvagata. Schließlich war das Museum im Rahmen der Kulturnacht frei zugänglich und aktuell gibt es im Hafnarhús noch bis 29.09.2022 eine Sonderausstellung des isländischen Künstlers Erró (dessen Vater wir am selben Tag bereits bei den Kirchenfenstern in Bessastaðir getroffen hatten) über die "Sprengkraft der Bilder". Dieses "Wimmelbild" hatte was, da hätte ich noch eine Weile stehen bleiben und nach den Details suchen können - auch wenn es inhaltlich wohl eher um eine kritische Auseinandersetzung mit der Konsumgesellschaft geht, glaube ich... 


Das Hafnarhús wurde ursprünglich 1913 - 1917 als Büro- und Lagerhaus für den Hafen von Reykjavík erbaut. Für die Nutzung als Museum wurde es dann von 1998 bis 2000 umfassend renoviert. Mich hat diese Halle hier ja eher an ein Gefängnis erinnert - aber damit lag ich dann doch falsch!


Bei dem schönen Wetter war auch am Austurvöllur durchaus Betrieb - auch wenn es dank des Windes doch einigermaßen frisch war... 


Hier waren wir zu spät dran - die Wikinger vor dem Landnahme-Zentrum hatten ihr Programm um 17 Uhr beendet und packten noch ihre Sachen zusammen. 


Bei der Hüpfburg am Tjörnin war eine lange Schlange von Kindern - ebenso vor dem Verkaufstand der rosa Zuckerwatte.


Blick über den Tjörnin


So langsam habe ich doch Ermüdungserscheinungen gezeigt - war schon viel Lauferei und so schön das Wetter war, der Wind war teilweise doch richtig kalt! 


Wir haben dann noch einen kurzen Blick in den Hjlómskálagarður geworfen, den Park am Ende des Tjörnin, wo regelmäßig bei Festen die große Bühne aufgebaut wird (und wo dann auch die Essensbuden stehen). Als wir vorbei schauten, spielte gerade die Band "Systur" ihren diesjährigen ESC-Hit "Með hækkandi sól" - ehrlich gesagt, dass einzige Lied der Band, das ich kenne - aber das habe ich erkannt! 


Wir haben uns dann erst einmal in ein Restaurant am Laugavegur gesetzt, um wieder ein bisschen aufzutauen - ein schönes African Stew wärmte dann von innen. Danach ging es wieder! Mittlerweile tanzten die Menschen schon zur Live Musik auf der Straße. 


Beim Bistro Sólon hatte eine DJane aufgelegt (Eva Mey) und die Stimmung war richtig gut. 


Hier hatte sich gleich die ganze Seitenstraße vom Laugavegur in eine große Disko verwandelt, mit Kunstrasen auf der Straße und großen Diskokugeln, dazu wummerten ordentlich die Bässe. 


Auch in den Clubs am Laugavegur war Hochbetrieb, gute Stimmung, laute Musik, wirklich Menschenmassen unterwegs. (Mittlerweile hatte der Wind immerhin nachgelassen und es war nicht mehr so bitter kalt wie am späten Nachmittag.)


Erschöpft war ich immer noch und bis zum Feuerwerk dauerte es noch ein bisschen, also sind wir noch im Mál og Menning gelandet, haben noch was getrunken und die alten Lieder von AC/DC aus unserer Jugend genossen. 


Um 23 Uhr endete die Kulturnacht dann mit dem großen Feuerwerk am Arnarhóll. Hier spielten auch der Bühne des Radiosenders RÁS 2 zahlreiche namhafte Künstler, als wir ankamen, spielte gerade Bríet noch ihr letztes Lied, ... 



...bevor dann zum Abschluss das Feuerwerk zündete. 


Nach dem Feuerwerk strömten wir dann gegen halb zwölf inmitten von Menschenmassen wieder heimwärts, zurück zu unserem Auto und wieder nach Hause.


Und auf der Rückfahrt über die Hellisheiði tanzten dann die Nordlichter über uns - einfach nur perfekt!



Montag, 22. August 2022

Menningarnótt á Bessastöðum

Forseti Íslands og við
- der isländische Präsident und wir
Zu Besuch beim Präsidenten


Wir hatten einen aufregenden Tag am Samstag!

In Reykjavík war Menningarnótt, also "Kulturnacht". Zu diesem Anlass war auch in der Residenz des Präsidenten Tag der offenen Tür

Der isländische Präsident Guðni Th. Jóhannesson hat auf seinem Amtssitz in Bessastaðir alle interessierten Gäste persönlich empfangen. Knapp 1.300 Menschen kamen laut Pressemitteilung am Samstag beim Tag der offenen Tür zum Präsidenten - und zwei davon waren wir. 

Mein Mann hatte im Programm der Menningarnótt gesehen, dass der Amtssitz des isländischen Präsidenten in Bessastaðir anlässlich der Kulturnacht am Samstag, den 20. August 2022, "für die Öffentlichkeit zugänglich ist und der Präsident die Gäste begrüßen wird und die Menschen einladen, den Ort von 13 bis 16 Uhr zu besichtigen". Da klang spannend, von außen hatten wir Bessastaðir schon gesehen, aber natürlich nicht von innen - ob man da wirklich einfach so reinkommt, ohne Voranmeldung, ohne alles, und dann vielleicht wirklich den Präsidenten von Island persönlich sieht..? Für uns als Deutsche eine abgefahrene Vorstellung... aber probieren wollten wir es auf jeden Fall!

Wir waren etwa gegen 14 Uhr mit dem Auto in Besssastaðir. Es war zwar viel Betrieb, aber alles lief in sehr geordneten Bahnen. Es gab keinen Stau und der Parkplatz war zwar sehr voll, aber nicht überfüllt. 


Vielleicht 20 Menschen standen vor uns in der Schlange vor dem Hauptgebäude, wir haben also ein bisschen gewartet, aber nicht sehr lange, dann kamen wir schon an die Reihe. Und am Eingang zur Residenz stand der isländische Präsident höchstpersönlich, in seiner Strickjacke aus isländischer Wolle, und begrüßte alle Besucher.  


Der Präsident hat jedem einzelnen Besucher die Hand geschüttelt, einen freundlich begrüßt, teilweise noch ein paar Worte gewechselt. Die meisten Besucher machten Selfies mit dem Präsidenten, teilweise sprang auch eine Mitarbeiterin ein, die mit dem Handy der Besucher dann die Erinnerungsfotos machte. 

Der Präsident begrüßte uns auf Isländisch, mein Mann Markus hat ihn - auch auf Isländisch - gefragt, ob wir ein Foto mit ihm machen dürften, und er hat dann geduldig gewartet, während die Besucherin hinter uns in der Schlange, der Markus sein Handy in die Hand gedrückt hatte, mehrere Fotos von uns dreien macht. 


Forseti Íslands og við - 
der Präsident Islands und wir


Für uns war es ein echtes Erlebnis, einem Staatsoberhaupt so nahe kommen zu können, wirklich ein Politiker zum Anfassen - ohne Berührungsängste. Ich finde es absolut großartig, in einem Land zu sein, wo das einfach so möglich ist!

Nachdem der Präsident uns persönlich begrüßt hatte, gingen wir in seinen Amtssitz und wurden im Hauptgebäude von sehr freundlichen Mitarbeitern im Kreis durch die Residenz geleitet. 


Die Geschichte von Bessastaðir 

Bessastaðir liegt auf der Halbinsel Álftanes ("Schwanen-Halbinsel"), wenige Kilometer südwestlich von Reykjavík, und gehört mittlerweile zur Gemeinde Garðabær. 

Der Ort wurde nach den archäologischen Funden, die man hier gemacht hat, bereits zur Landnahmezeit besiedelt, vermutlich in der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts. Aus dieser Zeit hat man Überreste eines großen Hofes gefunden, mit mehreren Häusern, einer Speisekammer, einer Küche, Nebengebäuden und Gärten. Seitdem war die Gegend offenbar durchgehend bewohnt und bewirtschaftet. Einige Funde aus der Geschichte des Ortes kann man heute im Amtssitz des Präsidenten besichtigen - auf Initiative der damaligen isländischen Präsidentin Vigdís Finnbogadóttir wurde 1994 nach Abschluss der Ausgrabungen im Keller der Residenz eine kleine Ausstellung eingerichtet (statt eines eigentlich geplanten Weinkellers). Alle hier ausgestellte Artefakte wurden vor Ort gefunden, darunter auch eine alte Kanone au dem 15. Jahrhundert, die bereits 1888 im Boden von Bessastaðir gefunden wurde. Ob die Kanone je zur Verteidigung gedacht war oder als Schenkung an die Krone ging, weiß man wohl nicht. 

Im 13. Jahrhundert soll Bessastaðir Snorri Sturluson gehört haben, dem wohl bekanntesten isländischen Politiker, Dichter und Historiker seiner Zeit, der Hof soll von seinem Neffen bewirtschaftet worden sein. Nachdem Snorri von seinem eigenen Ex-Schwiegersohn und einigen anderen Männern wohl im Auftrag des norwegischen Königs 1241 ermordet wurde, fiel Snorris gesamter Besitz an den König - darunter auch der Grundbesitz in Bessastaðir. Der Hof gehörte zunächst dem norwegischen, später dem dänischen König. 

Seit 1688 war Bessastaðir die offizielle Residenz des Vertreter des Königs, des Gerichtsvollziehers und des Bezirkskommissars, bis der Amtssitz nach Reykjavík verlegt wurde. 

Im Jahr 1804 wurde in Bessastaðir die weiterführende Schule Islands eingerichtet, bis sie 1846 ebenfalls nach Reykjavík umzog. Im Jahr 1867 ging der Hof dann in Privatbesitz über - durch ein königliches Dekret wurde Bessastaðir gegen einen Landbesitz im Borgarfjörður eingetauscht. 

Der letzte Eigentümer, der den Hof 1940 erworben hatte, schenkte den Besitz unter Auflagen 1941 dem isländischen Staat. Seit 1944 befindet sich hier der Sitz des Staatspräsidenten. Zunächst wurde es als Wohn- und Amtsgebäude des Präsident genutzt, 1989 wurde das Haus gründlich umgebaut und modernisiert, seit 1990 wird das Haupthaus ausschließlich als Amtssitz verwendet. 

Bis 1968 wurde der Hof noch landwirtschaftlich bewirtschaftet. 


Die heutigen Gebäude von Bessastaðir

Das heutige Hauptgebäude, Bessastaðastofa, wurde 1761 - 66 als offizielle Residenz für Magnús Gíslason erbau, da die früheren Gebäude des Hofes stark verfallen waren. Magnús war der erste Isländer, der vom dänischen König zum Amtmann für ganz Island ernannt wurde, also zum höchsten Verwaltungsbeamten der Insel. Den Grabstein für Magnús und seine Frau kann man heute noch in der Kirche von Bessastaðir besichtigen. 


Das Gebäude wurde im Laufe der Zeit mehrfach umgebaut, innen und außen. So wurde 1941 seitlich eine große Empfangshalle angebaut, die mit einem Wintergarten mit dem alten Haus verbunden wurde. Der Bau des Wintergarten geht wohl auf Georgía Björnsson, die Ehefrau des ersten isländischen Präsidenten Sveinn Björnsson (1881 - 1952), zurück. Hier mal der Blick aus dem Wintergarten aufs Meer. 


Der Empfangssaal ist der größte Raum der Residenz und wird für offizielle Staatsempfänge genutzt.  



Hier, wo sonst Staatsgäste empfangen werden, strömten dann am Samstag am Tag der offenen Tür alle Besucher hindurch, und konnten eigene Fotos machen - so wie wir!


An sich ja eine schöne Sitzgruppe - aber ob man sich mit seinem Staatsbesuch wirklich vor die Heizung setzt..? Aber vielleicht habe ich doch einfach sehr mitteleuropäische / deutsche Vorstellungen von repräsentativen Regierungssitzen für Staatsoberhäupter.


Neben dem großen Empfangssaal wurde 1968 noch die Bibliothek hinter dem offizielle Speisesaal des Hauses angebaut. Irgendwie erinnerten uns die Regale eher an Ikea, auch wenn sie mit den verkannteten Holzleisten darüber und zwischen eine persönliche Note hatten und perfekt an den Raum angepasst waren. 



Hier mal ein Blick aus dem Esszimmerfenster...


Die Mitarbeiter des Präsidenten erzählten den Besuchern am Samstag mit viel Engagement über die Räumlichkeiten, ihre Geschichte und die Einrichtungsgegenstände. Was es mit diesen Wappen auf sich hatte, habe ich leider nicht verstanden, dafür reichte mein Isländisch nicht. Aber über die Treppe hier ging es hinunter in den Keller, zu der Ausstellung über die Funde zur Geschichte von Bessastaðir. Es konnten aber immer nur wenige Leute gleichzeitig in den Keller, aus Zeitgründen sind wir dann weitergegangen. 


Hier im Büro konnten schon einmal kleine Wikinger ausprobieren, wie es sich auf dem Stuhl des Präsidenten so sitzt. 


Hier standen auch die offiziellen, teilweise signierten Fotos der Staatsoberhäupter, die den isländischen Präsidenten besucht haben - auf der einen Seite die Monarchen, auf der anderen die gewählten Staatschefs. So war z.B. auch der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit seiner Frau im Juni 2019 auf Staatsbesuch hier in Bessastaðir. 


Im Obergeschoss von Bessastaðastofa sind dann noch einige der offiziellen Gastgeschenke ausgestellten, die den verschiedenen isländischen Präsidenten im Laufe ihrer Amtszeit überreicht wurden und die zum Amt gehören, wie zum Beispiel...


... diese weiße Eulen-Statue, die 1986 vom US-Präsidenten der isländischen Präsidentin Vigdís Finnbogadóttir überreicht wurde, anlässlich des historischen Gipfeltreffens von Ronald Reagan und Michail Gorbatschow in Höfði, dem Gästehaus in Reykjavík. 


Schöne Ausblicke und gemütliche Sitzplätze gab es hier im Obergeschoss auf jeden Fall. 



Das hier ist z.B. eine schöne Glas-Skulptur der neuen Kirche in Reykholt, die 1996 geweiht wurde - aber wie Kirche zu den Geschenken der Präsidenten gekommen ist, weiß ich leider nicht und habe spontan auch nichts dazu gefunden. 


Hier haben sich noch drei isländische Weihnachtsmänner auf der Fensterbank eingeschlichen. 





Zimmer mit Aussicht 

Als wir nach unserem Rundgang durch das Haus wieder gingen, war die Schlange am Eingang deutlich kürzer geworden, zwischendurch hatte der Präsident sogar kurz Zeit gehabt, einen Kaffee o.ä. zu trinken. Aber Guðni war immer noch fleißig am Händeschütteln. Für uns war es ein wirklich besonderes Erlebnis, ein ganz persönliches Highlight, einem Staatspräsidenten einfach so so nahe kommen zu können!


Auf Hochglanz gewienert standen auch die offiziellen Dienstwagen des Präsidenten auf dem Hof, Auto #1 und Auto #2. Das erste Auto ist ein Packard, der 1942 für den ersten isländischen Präsidenten Sveinn Björnsson angeschafft wurde. Das zweite Auto müsste ein Cadillac Fleetwood, Baujahr 1982, sein, mit dem Vigdís Finnbogadóttir (Präsidentin von 1980 bis 1996) gerne unterwegs gewesen sein soll.



Bessastaðakirkja 

Die Kirche von Bessastaðir ist eine Hofkirche, d.h. die Kirche gehört zum Hof und damit zum Amtssitz des Präsidenten. Auf dem Hof dürfte es bereits seit etwa 1.000 Jahren eine Kirche gegeben haben. Das heutige Kirchengebäude wurde ab 1773 um eine ältere Holzkirche herum gebaut. Der Bau wurde zwar erst 1823 mit Fertigstellung des Kirchturms abgeschlossen, die Weihe der Kirche war aber bereits 1796. 



Die heutigen Buntglasfenster der Kirche stammen übrigens aus den 1950er Jahren: Der zweite Präsident Islands, Ásgeier Ásgeirsson (1894 - 1972), hatte sich die Fenster als Geschenk der isländischen Regierung zu seinem 60. Geburtstag 1954 gewünscht. Die Fenster wurden von dem isländischen Künstler Guðmundur Einarsson (1895 - 1963, bekannt als Guðmundur frá Miðdal und Vater des berühmten isländischen Pop-Art-Künstlers Erró) und dem isländischen Kunstmaler Finnur Jónsson (1892 - 1993) gestaltet. Die Fenster sind nicht unumstritten - sie gelten zwar als "wirklich sehr schöne Artefakte für sich", passen aber als Kunst der 50er Jahre nach Ansicht vieler Kunsthistoriker nicht unbedingt im Kontext der historischen Kirche von Bessastaðir. 


Das Altarbild der Kirche "Christus heilt die Kranken" ist wohl unvollendet, es stammt vom isländischen Maler Muggur, Guðmundur Thorsteinsson (1891 - 1924), und gehört dem Listasafn Íslands, der isländischen Nationalgalerie, ist aber eine unbefristete Leihgabe an die Bessastaðakirkja. 


Nach einem kurzen Besuch in der Kirche... 


... und einem letzten Blick über den Friedhof aufs Meer hinaus ging es für uns wieder nach Reykjavík. Wir waren bei einer Freundin zu Kaffee und Kuchen eingeladen und wollten anschließend doch noch was von der Kulturnacht in der Stadt miterleben!