Die Ziegenfarm Háafell
Wenn man an Island denkt, denkt man eher an Schafe als an Ziegen. Tatsächlich haben die ersten Siedler aus Norwegen auf ihren Schiffen vor rund 1.100 Jahren aber auch Ziegen mit ins Land gebracht - die direkten Vorfahren der heute auf Island lebenden "Landnahme-Ziegen".
Die Landnahme-Ziege - Landnámsgeitin
Wenn man auf isländische Ortsnamen und Flurbezeichnungen achtet, müssen Ziegen früher auf der Insel recht verbreitet gewesen sein:
So gibt es im Westen von Island z.B. den Geitlandsjökull, den "Ziegenlandgletscher", einen Seitengletscher vom Langjökull, aus den Gletschern hier speist sich der Fluss Geitá (= "Geißenfluss"), der schließlich nach rd. 20 km in die Hvíta mündet, und am Hvalförður gibt es den Berg Kiðafell (= Zicklein-Berg).
Allerdings gibt es heutzutage nicht mehr viele Ziegen auf Island, der Bestand ist gefährdet: In schlechten Jahren gab es nicht einmal mehr 100 Ziegen auf ganz Island. Als Gründe für den langfristigen Rückgang des Ziegenbestandes gelten vor allem die Veränderungen in der Landwirtschaft in den letzten 100 Jahren. In vielen Regionen Islands hielten sich die Bauern früher ein paar Ziegen auf dem Hof, weil die Tiere nicht viel Futter brauchten, aber genug Milch für den Haushalt gaben. Als in den 1920er Jahren auf dem Land die ersten Molkereigenossenschaften gegründet wurden, stellten viele Bauern ihre Milchziegenhaltung ein. Aktuell überwintern auf Island rund 1.300 Tiere. Um nicht mehr als gefährdete Tierart zu gelten, müsste es aber rund 5.000 Landnahme-Ziegen auf Island geben.
Die größte Ziegenfarm Islands ist der Hof Háafell in Hvítársíða mit einem festen Bestand von über 180 Tieren.
Der Ziegenhof liegt etwa 40 km nordöstlich von Borgarnes, an der Straße 523 (Hvítársíðuvegur). Früher war der Hof ein traditioneller Bauernhof mit gemischtem Viehbestand. Als die heutige Besitzerin mit ihrem Ehemann den elterlichen Betrieb 1989 übernahm, schaffte sie sich ihre ersten drei Ziegen an. Die Zahl der Ziegen stieg im Laufe der Zeit stetig, der Hof stieg in die Ziegenzucht ein und seit 2005 ist Háafell hauptsächlich eine Ziegenfarm.
Im Winter gibt es hier gut 180 Ziegen, im Sommer kommen noch mehr als 200 Zicklein hinzu. Außer den Ziegen gibt es auf dem Hof aber noch rund 30 Schafe, 6 Pferde, etliche Landnahme-Hühner und Seidenhühner sowie zwei Hunde und vier Karten.
Ziegen sind intelligente Tiere, neugierig und durchaus lernfähig, und sie liefern den Menschen Milch und Wolle sowie Fleisch und Leder. Eine Ziege gibt im Schnitt etwa 1 bis 3 Liter Milch pro Tag für rund 10 Monate nach einer Geburt. Die Tragezeit liegt bei knapp 5 Monaten, die meisten Zicklein werden zwischen März und Mai geboren. Das Geburtsgewicht eines Zickleins liegt bei etwa 2 bis 3 kg.
Ziegen mögen es nicht besonders, wenn es nass ist und regnet, daher benötigt der Bauer für eine Ziegen einen festen, trockenen Unterstand - mit einem solide gebauten, gut gewarteten Zaun um die Weide (aus Gründen - wie gesagt, Ziegen sind sehr neugierig und lernfähig!).
Der Schwerpunkt der Arbeit liegt hier auf dem Hof auf der Entwicklung und Vermarktung von Ziegenprodukten und der Nutzung aller damit verbundenen Rohstoffe.
Auszeichnung mit dem Ritterkreuz des isländischen Falkenordens
Jóhanna, die Besitzerin von Háafell, wurde im Juni 2023 vom Präsidenten mit dem isländischen Falkenorden ausgezeichnet. Sie erhielt das Ritterkreuz für "Unternehmertum in der Landwirtschaft".
Mit der Verleihung des Ordens wird Jóhannas jahrzehntelange, erfolgreiche Arbeit zum Schutz und zur Kultivierung des isländischen Ziegenbestandes gewürdigt sowie ihr Engagement beim Verband landwirtschaftlicher Direktvermarkter.
Sommer-Öffnungszeiten
Im Sommer kann man den Ziegenhof von Jóhanna und ihrer Familie besuchen und ihre Produkte vor Ort kaufen. Von Juni bis August ist der Hof aktuell (Stand 2023) täglich von 11 bis 18 Uhr für Besucher geöffnet.
Der Besuch bei den Ziegen kostet aktuell 1.600 ISK für Erwachsene (rund 11 €) und 850 ISK für Kinder von 7 bis 17 Jahren (ca. 5,90 €).
Außerhalb der Öffnungszeiten ist ein Besuch mit Terminvereinbarung gegen Aufpreis möglich.
Uns hat es Spaß gemacht, die Ziegen zu besuchen - zumal die Tiere neugierig sind, manche lassen sich auch kraulen, aber sie entscheiden selbst, wenn sie genug haben. Und sie sind nicht aufdringlich, wie wir es aus manchen Streichelzoos aus Deutschland kannten, sie erwarten gar nicht, von Besuchern gefüttert zu werden o.ä., das fand ich dann doch sehr entspannt!
Einkauf im Hofladen
Im Hofladen kann man gefühlt alles rund um die Island-Ziege kaufen - Tassen, Trinkflaschen, Bilder, Postkarten, Taschen, Kissen, Ziegenleder ...
Es gibt Seifen aus Ziegenmilch. Ziegenmilch enthält u.a. Fettsäuren, Probiotika, Vitamin A und Vitamin B, diese Bestandteile sollen vor allem bei trockener, empfindlicher Haut helfen, die Hautbarriere zu reparieren und eine gesunde Hautflora zu fördern, außerdem soll Vitamin B für ein gesundes Haarwachstum gut sein und gegen brüchiges, glanzloses Haar helfen.
Außer Seifen aus Ziegenmilch gibt es hier auch Ziegenmilchlotionen, Massageöle, Handcreme und Lippenbalsam.
Und zum Essen gibt es eingelegten Ziegenkäse und Ziegenwurst.
Es heißt, Ziegenmilch ist weltweit die am häufigsten verwendete Milch für den menschlichen Verzehr - und gegenüber Kuhmilch hat sie den Vorteil, dass sie leichter verdaulich ist und viel seltener zu Unverträglichkeiten führt.
Bei Eiweiß-, Fett- und Lactose-Gehalt unterscheidet sich Ziegenmilch nicht sehr von Kuhmilch, aber sie enthält mehr kurz- und mitelkettige Fettsäuren als Kuhmilch und die einzelnen Lipid-Nanopartikel in der Ziegenmilch sind kleiner, dadurch haben sie eine größere Gesamtoberfläche und die Ziegenmilch kann von körpereigenen menschlichen Enzymen besser zerlegt und damit problemloser verdaut werden.
Ziegenmilch hat einen niedrigen Kasein-Gehalt und einen höheren Anteil an Molkeprotein als Kuhmilch, dadurch können auch viele (allerdings nicht alle) Kuhmilch-Allergiker Ziegenmilch vertragen.
Im Hofladen von Háafell hat man die Gelegenheit, die verschiedenen Produkte durchzuprobieren - es lohnt sich, definitiv!
Selbstgemachte Marmeladen und Sirup gibt es hier übrigens auch!
Ziegenwurst und Ziegenkäse
Es gibt verschiedene Würste aus dem Ziegenfleisch, abgeschmeckt mit verschiedenen Kräutern und Gewürzen. Diese Wurst hier war unser persönlicher Favorit - sie schmeckte "mehr anders" als Würste, die ich sonst so kenne - und war dabei definitiv sehr lecker!
Beim Ziegenkäse hatten wir hatten uns nach gründlichem Durchprobieren der Hausmarke Huðnuknoss (= "Geißenglück") für die Sorte "Ilmbreki" entschieden, die schmeckte uns am allerbesten - "Dufthügel", mit ordentlich Kräutern, getrockneten Beeren, Öl und Knoblauch. Wirklich sehr, sehr lecker!
Den Käse gibt es übrigens auch bei einigen Supermärkten zu kaufen, z.B. beim Hagkaup in Reykjavík beim Skeifan haben wir diesen leckeren, eingelegten Ziegenkäse auch gefunden!
Hier hatte ich kleine "Appetithäppchen" gemacht für lieben Besuch:
Die Wurst hatte ich in kleine Scheiben geschnitten und mit Tomaten, Zwiebeln und etwas Salz und Pfeffer vermischt, das gab es dann auf Skonsur-Stücken, also schön fluffiges, leicht süßliches Brot.
Den Käse hatte ich, mit etwas von der Lake, einfach mit geraspelten Karotten ergänzt und die Mischung dann auf Flatbrauð serviert, also diesem dünnen, weichen, ganz dunkel gebackenem isländischem Fladenbrot.
Ich fand alles beides wirklich sehr, sehr lecker!
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