Fahrt auf die Insel Viðey
Als wir jetzt im Juni auf Island waren, wollte ich unbedingt einen Ausflug auf die Insel Viðey machen - ich hatte mich gerade speziell mit der Küche der Hauptstadtregion befasst und war dabei auf den wilden Kreuzkümmel gestoßen, der in der isländischen Küche traditionell als Gewürz beim Backen und teilweise auch beim Kochen verwendet wird - und natürlich für die Herstellung von Brennivín. Auf Viðey wächst der wilde Kreuzkümmel besonders reichlich, viele Bewohner der Stadt fahren noch heute im Herbst nach Viðey, um dort Kümmel zu pflücken.
Okay, Juni ist zum Pflücken zwar die falsche Jahreszeit - aber einen persönlichen Eindruck verschaffen wollte ich mir doch unbedingt!
Die Insel liegt kurz vor der Küste Reykjavíks. Vom Hafen Skarfabakki aus erreicht man die Insel nach kurzer Überfahrt mit der Fähre. Im Sommer (15. Mai bis 30. September) verkehrt die Fähre stündlich von Skarfabakki von 10.15 Uhr bis 17.15 Uhr, Rückfahrten von Viðey von 11.30 Uhr bis 18.30 Uhr. Außerdem fährt die Fähre im Sommer 2 Mal täglich auch vom alten Hafen in Grandi bzw. von Harpa aus und drei Mal fährt die Fähre auch auf dem Rückweg die beiden Anlegeplätze an. Im Winter (1. Oktober bis 14. Mai) fährt die Fähre nur am Wochenende und nur 3 Mal am Tag. Für einen Erwachsenen kostet die Hin- und Rückfahrt aktuell 1.600 ISK, umgerechnet etwa 11,30 €.
Wir waren spontan am Samstag morgen mit der ersten Fähre um 10.15 Uhr nach Viðey rüber gefahren.
Wir hatten wirklich unglaubliches Glück mit dem Wetter, so strahlend blauer Himmel, so ein stilles, blaues Meer, so eine tolle Sicht!
Die Fahrt hat einfach nur großen Spaß gemacht, auch wenn sie wirklich nur ein paar Minuten gedauert hat.
Außer uns und einer Gruppe asiatischer Touristen waren übrigens nur Isländer an Bord, später haben wir dann vor allem ältere Paare und Familien mit Kindern auf der Insel getroffen.
Viðey ist die größte der Inseln hier im Kollafjörður mit einer Fläche von etwa 1,7 km². Der höchste Punkt der Insel liegt etwa 32 m über dem Meeresspiegel. Die Menschen hier sind stolz - Videy ist ungefähr so groß wie Monaco. Allerdings leben in Monaco über 38.000 Menschen, etwa 18.700 pro km².
Die Insel Viðey war auch besiedelt - nach archäologischen Funden wurde die Insel bereits im 10. Jahrhundert von Wikingern besiedelt. Vom 13. bis 16. Jahrhundert befand sich sogar ein Augustiner-Kloster auf Viðey, das allerdings im Zuge der Reformation von dänischen Soldaten überfallen und 1550 nach der Ermordung von Jón Arason, dem letzten katholischen Bischofs Islands, endgültig aufgegeben wurde.
Für Skúli Magnússon, den "Vater Reykjavíks", wurde 1753-55 auf Viðey das Guthaus Viðeyjarstofa errichtet. Das Haus war das erste Steinhaus Islands. Skúli starb 1794 auf der Insel und wurde unter dem Alter der Kirche, die er 1774 hatte erbauen lassen, begraben.
Kirche und Gutshaus gingen später an den isländischen Staat. Zur 200-Jahr-Feier der Stadt Reykjavík 1986 schenkte der Staat die damals sehr baufälligen Gebäude der Stadt Reykjavík. Es wurde umfangreich renoviert und umgebaut und wird jetzt als Museum und Restaurant genutzt.
Das alte Schulhaus wurde ebenfalls umfassend renoviert und wieder hergestellt und dient heute als Veranstaltungsraum. Außerdem ist dort eine Fotoausstellung über die Geschichte des Ortes untergebracht und, ganz wichtig, hier ist die öffentliche Toilette der Insel, die täglich bis 17.30 Uhr geöffnet ist.
Wir machten bei strahlendem Sonnenschein einen Spaziergang fast rund um die Insel, vor allem auf der Suche nach Kümmel, trafen hier aber auch etliche andere Kräuter und Pflanzen - und stellenweise mehr Vögel, als uns lieb war.
Zwischenzeitlich steckten wir auf dem Weg wirklich hüfthoch im Grünen, hier stehe ich inmitten von ganz viel Engelwurz. Und ich liebe Engelwurz beim Kochen und Backen sehr - für mich also ein traumhaftes Gefühl, so mittendrin zu stecken!
Anfang des 20. Jahrhundert entstand auf Viðey ein Hafen mit Fischfang und Fischverarbeitung, in der Folge entstand auch ein Dorf auf der Insel, das von 1907 bis 1943 bewohnt wurde. Zu den besten Zeiten 1930 lebten 138 Menschen in diesem Dorf.
Seit 1932 ging es wirtschaftlich jedoch stark bergab mit dem Hafen, 1943 wurde das Dorf aufgegeben. Heute sind von dem damaligen Hafen, den Arbeitsgebäuden und dem Dorf (abgesehen von dem alten Schulhaus) nur noch ein paar Mauerreste erkennbar.
Auf Viðey befanden sich neben dem Dorf auf ein paar Höfe, aber die letzten ständigen Bewohner verließen die Insel 1959.
Später haben wir dann doch noch gefunden, was ich gesucht hatte - nahe des Guthauses trafen wir den rekonstruierten Garten von Skúli Magnússon.
(Das Boot hier im Vordergrund ist ein Sandkasten für Kinder.)
Skúli Magnússon hat übrigens zu seiner Zeit die isländische Küche nachhaltig beeinflusst, in dem er Obst- und Gemüsepflanzen nach Island brachte, die man vorher hier vielfach noch nicht so kannte, z.B. Strauchobst wie Johannisbeeren.
Und meinen Kreuzkümmel konnten wir auch eindeutig identifizieren!
Eine weitere Sehenswürdigkeit auf Viðey ist natürlich der "Imagine Peace Tower", die "Friðarsúlan", die "Friedenssäule".
Yoko Ono, die Witwe von John Lennon, schuf hier 2007 eine Lichtinstallation. In der "Säule" sind 15 Strahler kreisförmig angeordnet, die jedes Jahr von John Lennons Geburtstag (9. Oktober) bis zu seinem Todestag (8. Dezember) eine blauweiße Lichtsäule mehrere Kilometer hoch senkrecht in den Himmel über Reykjavík schicken. Auf der weißen Säule ist in 24 Sprachen "Stell dir vor, es ist Frieden" - "Imagine Peace" - "Hugsa sér frið" eingraviert.
Wir sind dann noch auf dem nördlichen Teil der Insel ein bisschen herumspaziert.
Wenn ich jemals eine richtig geniale Party feiern sollte, dann wäre dieses Glashaus hier über dem Meer (geöffnet vom 1. Mai bis zum 1. Oktober) definitiv meine Traum-Location!
Wir waren dann noch kurz im
Restaurant, bevor wir nach einer großartigen Zeit auf Viðey um 14.15 Uhr mit der Fähre wieder zurück in die Stadt gefahren sind.
Ach so, als Erinnerung an den tollen Tag auf Viðey hatte ich mir einen ordentlichen Sonnenbrand mitgebracht - das Wetter war einfach zu gut!