Montag, 29. November 2021

"Leckeres Island zur Weihnachtszeit"

Zeitungsartikel im Höchster Kreisblatt vom 29. November 2021


Am Donnerstag hatten wir eine freie Journalistin unser örtlichen Zeitung hier, die uns über unser neues Weihnachtsbuch interviewt hat. 

Von unserer ersten Berührung mit Island, unserer Faszination für diese raue Insel im Nordatlantik, meinen Kochblog im Internet... bis zu unserem Häuschen in der Nähe von Reykjavík. Sogar unser lieber Nachbar Vilhelm kommt in dem Artikel vor! 

Na gut, wir haben der Journalistin z.B. auch erzählt, dass "früher" alle Tannenbäume importiert werden mussten, mittlerweile gibt es aber auch auf Island Weihnachtsbaum-Anbau. Der diesjährige Weihnachtsbaum auf dem Austurvöllur stammt beispielsweise aus einer norwegischen Plantage in Heiðmörk, in der Nähe von Reykjavík. Und die 13 isländischen Weihnachtsmänner kommen einer nach dem anderen bis Weihnachten und gehen dann anschließend wieder der Reihe nach... 

Aber im Großen und Ganzen passt es gut und der Artikel ist wirklich sehr schön geworden!



Samstag, 27. November 2021

Gjáinn

Zum Wasserfall in der Klamm 


Die Ausgrabungsstätte des Hofes Stöng aus der Wikinger-Zeit liegt im Tal Þjórsárdalur. Von Stöng aus führt ein kurzer Fußweg zu der oberhalb des Hofes gelegenen Schlucht Gjáin. Der Weg lässt sich überwiegend gut gehen, am Schluss in der Schlucht wird es teilweise etwas schwieriger für ungeübte Fußgänger. 

Der Fußweg sind etwa 500 Meter, laut dem Schild hier, das am Parkplatz steht. 


Der Name "Gjáin" bedeutet auf Isländisch schlicht "die Schlucht". Man kann sie sowohl vom Parkplatz bei Stöng als auch bei einem weiteren Parkplatz oberhalb von Gjáin erreichen. 

Wir sind hier von Stöng aus hingelaufen... 


Gjáin ist eine Schlucht oder Klamm am Fluss Rauðá, in dieser Region gibt es viele Quellen und kleinere und etwas größere Wasserfälle. 

Der Weg ist mittlerweile schön anlegt und befestigt. 


Hier mussten wir dann zum Schluss zwischen den Steinen ein Stückchen herunterkraxeln, ...


...und dann waren wir schon an dem größten, bekanntesten Wasserfall in dieser Schlucht: Am Gjárfoss í Gjánni.


Hier fließt das Wasser in einen kleinen Teich. Sieht doch schön aus, mit dem Eis rechts und links am Wasserfall! 


Durch das Wasser und die geschützte Lage hier in dieser kleinen Schlucht gibt es hier eine für isländische Verhältnisse besonders üppige Vegetation.


Hier mal ein Bild von unten am Wasser hoch auf die Berge ringsum - hier erkennt man einen Besucher, der oben auf der Kante steht, mal so als Größenvergleich.


Mein Mann ist hier über die Steine über den Fluss balanciert - unser Jüngster und ich haben vorsichtshalber gestreikt. So trittfest bin ich eindeutig nicht!


Hier einer der kleineren Wasserfälle in der Schlucht, ein Foto von mir von der einen...


...und von meinem Mann von der anderen Seite des Flusses. 


Und hier der Blick zurück, über den kleinen Wasserfall mit Blick Richtung Gjárfoss. 


Sehen sie nicht schön aus, die Basaltsäulen hier in der Schlucht Gjáin..?



Es war zwar erst Mitte Oktober, als wir dort waren, aber es war schon frisch an dem Tag!


Zurück ging es dann entlang des Flusses Rauðá ...


...und durch das Tal Þjórsárdalur. 



Ist es nicht einfach wunderschön hier?!? 



Freitag, 26. November 2021

Stöng

Zu Besuch am Hof von Gaukur Trandilsson


Im Landnahmebuch wird berichtet, dass einer der ersten Siedler, nämlich Þorbjörn der Lachsmann, sich im Þjórsárdalur niedergelassen habe. Seine Nachkommen errichteten dann eigene Höfe im Tal, darunter auch den Hof Stöng, ungefähr einen Kilometer westlich der Schlucht Gjáin gelegen. 

Landnahme-Zentrum in Borgarnes, 2014

Vermutlich im Jahr 1104 wurde Stöng, wie die anderen Höfe hier im Tal, bei einem Ausbruch des Vulkans Hekla unter Asche begraben. 

Gaukur Trandilsson

Der einzige Bewohner von Stöng, dessen Name überliefert ist, war vermutlich Gaukur Trandilsson, ein Nachkomme von Þorbjörn. Er soll im 10. Jahrhundert hier auf dem Hof gelebt haben. Aber auch hier gilt: Nichts Genaues weiß man nicht... 

Saga Museum, Reykjavík, 2014

Streng genommen gibt es nur drei Hinweise auf Gaukur:

Eine Lücke und zwei unlesbare Zeilen in einer alten Handschrift aus dem 14. Jahrhundert

Es gibt in einer der bekanntesten isländischen Handschriften, dem Möðruvallabók aus dem 14. Jahrhundert, in dem isländische Sagas gesammelt sind, eine Lücke zwischen der Njáls saga und der Egils saga. Da fehlt offensichtlich etwas. Und es gibt zwei unleserliche Zeilen, die wohl in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts der damalige Direktor des Árni-Magnússon-Institut für Islandstudien entziffert hat - als einen Hinweis, das hier noch die Geschichte von Grímur Þorsteinsson über Gaukur Trandilsson aufgeschrieben werden solle.

Erwähnung in der Njáls saga

Auch in der Njáls saga findet sich an einer Stelle eine Erwähnung von Gaukur, allerdings - typisch isländisch - mit furchtbar viel Familiengeschichte und nur sehr mittelbar. Njáll überlegt, seinen Sohn Helgi zu verheiratet, und denkt dabei dann an die Tochter von Ásgrímur Elliði-Grímsson. Und man erfährt, dass Gaukur der Ziehbruder von Ásgrímur gewesen sei, ein tapferer und guter Mann. Aber das Schicksal sei hart zu ihnen gewesen, da Ásgrímur zum Mörder an Gaukur wurde.

Anschließend geht es damit weiter, dass Ásgrímur bereit ist, seine Tochter an den Sohn von Njáll zu verheiratet. Überliefert wird noch, dass auch der Bruder der Braut, Þórhallur Ásgrímsson, nach der Hochzeit von Njáll in dessen Haushalt aufgenommen wurde und von Njáll unterrichtet wurde, so dass Þórhallur später einer der berühmtesten Rechtskundigen Islands wurde. 

Im Langhaus in Eiríksstaðir

Äh, ja - wo war ich eigentlich?!? Stimmt, bei Gaukur Trandilsson. 

Ein Tanzlied aus dem Mittelalter 

Es gibt eine Strophe oder vielleicht auch einen Refrain aus einem mittelalterlichen Tanzlied, da heißt es sinngemäß: "Damals waren die Zeiten anders, als Gaukur auf Stöng wohnte, da war der Weg nach Steinastaðir weit."

Dieses Tanzlied soll sich auf eine mündliche Überlieferung beziehen: Danach hatte Gaukur von Stöng ein Verhältnis mit Þuríður, der Hausherrin des Nachbarhofes Steinastaðir. 

Museum in Eiríksstaðir

Ihr Mann Steinólfur fand das heraus und lief daraufhin wutentbrannt zu Gaukur nach Stöng, um ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Aber Gaukur wehrte sich fleißig gegen Steinólfur und es gelang ihm schließlich, durch einen der Abwassergräben der Toilettenkammer zu entkommen. 

Allerdings war Ásgrímur, Gaukurs Ziehbruder, ein männlicher Verwandter von Þuríður, und so soll schließlich Ásgrímur zum Mörder an seinem Ziehbruder Gaukur geworden sein. 


Heute ist Stöng eine Ausgrabungsstätte

Die Ruinen des Hofes Stöng kann man heute wieder besichtigen, sie wurden (zusammen mit den Überresten mehrerer anderer Höfe im Tal) bei einer Grabung im Sommer 1939 von einem dänischen Archäologen und zwei jungen isländischen Wissenschaftlern freigelegt. Während die anderen Höfe wieder zugedeckt wurden, ließ man die Ruinen von Stöng offen liegen, damit die Isländer sich anschauen konnten, wie ihre Vorfahren gelebt hatten. 

Im Jahr 1957 wurde dann ein Dach über der Ausgrabungsstätte von Stöng errichtet, um die Ruine zu bewahren.

Heute gibt es einen großen neuen Parkplatz an der Straße 327, dem Stangarvegur. Früher war die Straße eine F-Route, die man nur mit Allrad befahren durfte, heute ist es eine gut ausgebaute Piste, die man grundsätzlich auch mit einem normalen Pkw nutzen kann.


Vom Parkplatz ist es ungefähr noch 1 km Fußweg bis zur Ausgrabungsstätte von Stöng.


Es geht entlang des Flusses Rauðá ...


...und mit einer schönen Brücke über den Fluss - eine solide Brücke mit einem stabilen Geländer aus Metall, so dass man sicher über die Rauðá kommt.


Hier sieht man im Hintergrund schon das Dach der Ausgrabungsstätte!





Hier geht man auf die Ausgrabungsstätte zu - das hohe Dach ist über dem alten Langhaus, das vordere kleinere Dach ist über den ehemaligen Toilettenräumen, das hintere kleinere Dach ist über der früheren Vorratskammer.


Man kann durch einige unverglaste Fenster von außen in die Ausgrabungsstätte hinein schauen. 


Von hier aus blickt man über den Eingangsbereich in die früheren Schlafquartiere der Männer im vorderen und der Frauen im hinteren Bereich des ehemaligen Langhauses. Dahinter schließt sich dann die ehemalige Stube an. 


Eigentlich hatten wir gedacht, man könne nur im Sommer die Ausgrabung auch von innen besichtigen, und freuten uns schon über die Einblicke durch die Fenster. 

Tatsächlich war die Tür jedoch offen, so dass wir einfach hineingehen konnten. 


In dem kleinen, hölzernen Eingangsbereich lag auch das Gästebuch aus - selbstverständlich haben auch wir uns eingetragen. Es gab mehrere Eintragungen aus den letzten Tagen...



Hier oben ist noch einmal der Blick in das ehemalige Langhaus, hinten mit der Stube.


Und hier im hinteren Bereich befand sich seinerzeit die Toilettenanlage des Hofes. Anscheinend hatten die Isländer schon vor rund 1000 Jahren Toiletten (kamar = Plumpsklo) in ihren Häusern, so dass man bei Wind und Wetter nicht hinaus musste. Am Ende der Toilettenkammer konnten Abwassergräben (kamarsaugu) nachgewiesen werden, durch die die Hinterlassenschaften dann nach draußen gelangten. Vermutlich wurden die Fäkalien wohl als Dünger verwendet. (Durch einen dieser beiden Abwassergräben soll als Gaukur seinerzeit vor dem wütenden Ehemann seiner Liebsten geflüchtet sein...)



Hier hinten auf der rechten Seite ging es früher wohl in die búr, die Vorratskammer. Hier wurden nicht nur Vorräte aufbewahrt, sondern auch Milchprodukte hergestellt - u.a. auch damals schon Skyr, 


Nachdem wir uns innen ausführlich umgeschaut und dann noch draußen einmal rund ums Haus gelaufen sind, ...


...mit einem Blick über die weite Landschaft (die mich hier irgendwie an Wildwest-Cowboy-Filme erinnert hat)... 


...gingen wir weiter. Erst noch in die Schlucht Gjáin, dann wieder zurück zu unserem Auto. 



Hier mal ein richtig rauschendes Fest feiern, mit ganz vielen lieben Menschen und leckerem isländischem Essen, das man mühsam bis hierher ran gekarrt und hergeschleppt hat - das wär's doch, oder?!? Hach ja, man wird ja noch träumen dürfen...


Die entsprechenden sanitäre Einrichtungen gäbe es übrigens auch in der Nähe, am Parkplatz. 


Allerdings war jetzt schon alles winterfest, verrammelt und abgesperrt, als wir im Oktober hier waren. Verständlich - gefrorene und geborstene Wasserleitungen braucht kein Mensch, und mit Frost muss man ja spätestens ab Mitte Oktober hier ernsthaft rechnen.


Der Weg nach Stöng zur Ausgrabungsstätte war übrigens, wie oben bereits erwähnt, für isländische Verhältnisse auf der Schotterpiste recht gut befahrbar. 


Als wir 2015 schon einmal herwollten, waren wir mit unserem Auto schon nach den ersten paar 100 Metern gescheitert, aber mittlerweile ist der Weg auch mit normalen Fahrzeuge bei besonnener Fahrweise ohne echte Probleme passierbar. Bisschen staubig war es allerdings - dafür sah man kommenden Gegenverkehr schon von weitem!


Stellenweise war die Strecke zwar auch gut vereist... 


...und wahrscheinlich habe ich als Beifahrer auch mal einen ganz kleinen, spitzen Schrei ausgestoßen, aber es hat doch alles gut geklappt. 

Anschließend haben wir noch einen kurzen Stopp beim Hof Þjóðveldisbær gemacht, etwa 5 km weiter die Straße entlang.


Der Hof stellt eine möglichst originalgetreue Rekonstruktion des Wikinger-Hofes Stöng dar, bestehend aus drei Gebäuden, dem Langhaus, der Stube und der kleinen Kirche. 

Mit dem Nachbau wurde 1974 anlässlich der 1100-Jahr-Feier der Besiedlung Islands begonnen, der Bau des Langhauses wurde 1977 fertig gestellt. Die kleine Kirche wurde im Jahr 2000 errichtet. 




Überzeugten "Game of Thrones"-Fans könnte dieses kleine, nachgebaute Kirchlein hier mit dem kleinen Wasserfall im Hintergrund übrigens zu Recht bekannt worden - hier wurde in Staffel 4 eine Szene gedreht, wo Wildlinge der Thenn eine Siedlung in der Schenkung angreifen und nur der Junge Olly dem Massaker entgehen kann. 

Ehrlich gesagt - ich habe mir bisher weder die komplette Serie noch die Szene hier im "Dorf" angeschaut, aber es soll ein ganz besonders brutale und blutige Szene gewesen sein.


Ist das Licht hier nicht herrlich?!? Ich liebe die leuchtenden Farben
im isländischen Herbst, wenn mal die Sonne scheint! 

Wir waren 2015 schon einmal mit unseren Kindern hier gewesen, im Sommer - da war der Nachbau geöffnet und wir konnten uns auch von innen alles anschauen. 

 




Hie der Blick in die Vorratskammer, in der bei den Wikingern auch die Milchprodukte hergestellt wurden. 


Und hier der nachgebaute Webstuhl. 


Auf Isländisch nennt man diesen Webstuhl einen "kljásteinsvefstóll", also einen Webstuhl mit klackernden Steinen, die beim Weben immer gut hörbar aneinander stießen. 

Auf Deutsch spricht man von einem "Gewichtswebstuhl" - ein stehender Webrahmen, bei dem die Kettfäden senkrecht herunterhängen und am Ende mit Webgewichten beschwert wurden. Dabei wurden normalerweise Gewichte aus Ton oder, wie hier auf Island, aus Stein verwendet. 

Archäologen konnten nachweisen, dass solche Gewichtswebstühle bereits in der Jungsteinzeit vor etwa 30.000 Jahren in Gebrauch waren. Im 10. Jahrhundert begann sich dann in Europa der horizontale Webstuhl den Gewichtswebstuhl abzulösen. In abgelegenen Gegenden wie z.B. Island oder auch den Färöer wurden Gewichtswebstuhle allerdings noch länger, bis in das 20. Jahrhundert hinein, verwendet. 

Insgesamt habe ich unseren Ausflug hier in die isländische Vergangenheit sehr genossen! Irgendwann müssen wir noch mal im Sommer herkommen, wenn richtig Betrieb und das Museum geöffnet ist!