Baden mit 60° Temperaturunterschied - Island im tiefsten Winter
Mittlerweile sind die Temperaturen auf Island wieder im üblichen Bereich, aktuell schwankt die Anzeige auf unserem Thermometer um den Gefrierpunkt herum, aber von Anfang Dezember bis Mitte Januar gab es eine extrem lange Kälteperiode, bei uns war es wochenlang unter -10° und oft auch bis -20° kalt.
Die örtlichen Schwimmbäder in der Region hatten geschlossen, zumindest die Außenpools, weil es einfach nicht genug warmes Wasser gab zum Heizen und das Wasser nicht ausreichte für eine vernünftige Badetemperatur.
Das private Schwimmbad Fontana in Laugarvatn hatte auch in dieser Eiseskälte geöffnet, aber in Laugarvatn gibt es viel geothermische Energie, heiße Quellen in und am See, die auch zum Beheizen der Pools und zum Betreiben des Dampfbades genutzt werden. Laugarvatn ist ein kleiner Ort mit gut 200 Einwohnern, aber es gibt eine Tankstelle mit kleinem Supermarkt, Hotels, Ferienhäuser und einen Camping-Platz sowie ein Schwimmbad und das private Geothermalbad Fontana.
Wir waren im Sommer 2020 schon einmal im "Fontana" baden, da wollten wir es jetzt auch einmal im tiefsten Winter erleben. Wir haben allerdings drei Anläufe gebraucht, bis wir es Anfang Januar tatsächlich bis zum Schwimmbad geschafft haben: Beim ersten Versuch sprang das Auto nicht an und rutschte dann in den Graben. Als wir das zweite Mal los wollten, sollte unsere Straße eigentlich im Laufe des Tages geräumt werden, aber bis 18 Uhr war sie immer noch unpassierbar, irgendwann haben wir den Ausflug dann verschoben. Beim dritten Anlauf hat es aber geklappt - mit Schaufeln haben wir uns "ausgegraben" bzw. den Weg für unser Auto zumindest so weit freigelegt, dass wir es bis zur Hauptstraße geschafft haben - und dann weiter über die Straßen Nr. 35 und Nr. 37 nach Laugarvatn.
Wir hatten einen wirklich kalten Tag erwischt, das Autothermometer zeigt -18° an, als wir losfuhren, und bis wir ankamen, war es noch kälter geworden.
Es war aber strahlender Sonnenschein, wirklich schönes Wetter - bis wir uns Laugarvatn näherten und eine große Nebenwolke direkt über dem Ort hing, über dem warmen Wasser dort.
Von der Hauptstraße im Ort fährt man ein kurzes Stück runter zum See, wo auch das Schwimmbad Fontana liegt - und es war wirklich ein ganz spezielles Erlebnis, wie es einfach immer nebliger und nebliger wurde, mitten im Ort, und man gefühlt nur noch in eine weiße Wand fuhr...
Am Parkplatz ging es dann aber schon wieder - unten hing der Nebel, darüber war strahlender Sonnenschein.
Wir hatten keine Tickets bestellt, weil wir ja vorher nicht wussten, ob wir es mit dem Auto auch bis nach Laugarvatn schaffen würden. Aber es war jetzt nicht so viel Betrieb, die Automassen auf dem Parkplatz vom "Fontana" waren noch überschaubar.
Und schön gelegen ist das "Fontana" auf jeden Fall..!
Die Becken hier im Schwimmbad haben unterschiedliche Temperaturen, von 34° bis zu 40° in den richtig schön warmen Hot Pots.
Ganz ehrlich - es war schon genial, bei -18° Außentemperatur tiefenentspannt und wohlig-warm im 40° warmen Wasser zu liegen...
Allerdings war bei den Bedingungen ganz schnell auch jedes Temperaturempfinden hinüber. Kind 4 wollte sich einen Spaß daraus machen, den Schnee vom Beckenrand zu kratzen und die kalte Masse uns dann auf den Rücken zu tun - aber wir haben es echt nicht gemerkt. Vielleicht ein bisschen feucht, war da was..? Mehr haben wir wirklich nicht gespürt. Ich sag ja - jedes Temperaturempfinden war hinüber.
Irgendjemand hatte hier sein nasses Handtuch über das Geländer gehängt - und in kürzester Zeit war es steifgefroren und mit einer dicken Schicht Raureif bedeckt vom heißen Dampf aus den Wasserbecken. Abtrocknen konnte man sich mit dem Eisbrocken jedenfalls nicht mehr!
Ein paar Mutige trauten sich auch, in den See zu gehen, mein Mann hatte auch den Ehrgeiz. Auf dem See war auch Eis, trotz der heißen Quellen an den verschiedenen Stellen. Und der Weg dahin war so kalt, dass einfach nur noch alles weh tat und schmerzte. Hinterher stellte mein Mann fest, dass er sich dabei am Zeh verletzte hatte - er hatte allerdings nichts davon gemerkt vor lauter Kälte....
Zwei Schwierigkeiten gab es allerdings noch:
Erstens - zwischen den Becken war es stellenweise wirklich saumäßig glatt. Man musste sich vorsichtig von einem Becken über die Steine zum nächsten Becken schleichen, ich habe mindestens zwei Leute gesehen, die dabei gefallen sind, ein älterer Mann hatte auch eine ordentliche frische Platzwunde am Knie. Ich habe versucht (als niemand hinschaute - hoffe ich!), die kurze Strecke über das Eis direkt auf dem Hintern zurückzulegen - auch keine gute Idee! Es war rumpelig und dauernd bin ich festgefroren... ich kann es nicht empfehlen!
Nach kurzer Zeit kam allerdings eine Mitarbeiterin, die auf den Wegen streute, und nachdem das Eis dann getaut war, konnte man wieder ohne große Unfallgefahr zwischen den verschiedenen heißen Becken wechseln.
Das zweite Problem: Die nassen Badesachen froren an den Metallstangen am Einstieg fest! Ich hatte (blöderweise!) ein Badekleid an - Notiz an mich selber: Nie wieder, bei solchen Temperaturen ist das eine wirklich blöde Idee! Der nasse Stoff friert nämlich beim Ein- und Aussteigen sofort an den Metallstreben der Leitern fest und dann hängt man da fest und zieht verzweifelt, um wieder frei zu kommen - aber bloß nicht zu fest ziehen, um nicht unvermutet halbnackt da zu stehen... Mein Sohn mit seiner Badeshorts hatte ähnliche Probleme. Es gibt Sachen, an die denkt man vorher einfach nicht..!
Hier sieht man noch einmal das Dampfbad, für das sich unser Jüngster dieses Mal sehr begeistern konnte. Das Bad wird tatsächlich mit dem heißen Dampf der geothermalen Quellen hier betrieben.
Hinter dem Dampfbad steht auch das Regal für die Wasserschuhe, mit denen man normalerweise in den See gehen kann - im Moment wäre es allerdings aussichtslos gewesen, wenn man versucht hätte, diese Eisblöcke an die Füße zu ziehen!
Anschließend wurde uns sogar noch eine kulinarische Spezialität geboten - das Schwimmbad Fontana ist berühmt für sein Roggenbrot, das hier direkt in der heißen Erde am Seeufer gebacken wird.
Der Brotteig wird nach traditionellem Rezept zubereitet, dann kommt der Teig in einen Metall-Kochtopf und der Topf wird für 24 Stunden in die heiße Erde eingegraben. Es werden auch Führungen angeboten für aktuell 2.500 ISK pro Person, bei denen man zuschauen kann, wie das Brot vorbereitet und eingegraben wird bzw. das Brot vom Vortag wieder ausgegraben, dabei kann man das Roggenbrot natürlich auch probieren, mit etwas geräucherter Forelle. Bestimmt ein lohnendes Erlebnis, wir haben allerdings an einer solchen Tour noch nicht teilgenommen. Das Brot kann man auch im Restaurant des Schwimmbads probieren.
Wir haben unseren Tag im Freibad bei -18° Außentemperatur auf jeden Fall rundum genossen. Schon etwas ganz Besonderes, das man nicht oft erleben kann - nicht einmal auf Island...
P.S.: Ja, ich weiß, dass etliche Leute, die das alte Schwimmbad am See hier kannten, von dem neuen Spa enttäuscht sind. Hier beim Ort Laugarvatn wurde bereits 1929 an den heißen Quellen am See eine Bäderanlage gebaut, die bis 2007 in Betrieb war. Das heutige Schwimmbad wurde 2011 eröffnet. Es hat definitiv nicht mehr den verwunschenen Charme der früheren Anlage, dafür ist es komfortabel, gut ausgestattet und auch für großen Besucherandrang heutzutage geeignet. Ab und zu komme ich wirklich gerne hierher...
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