Irgendwo im Nirgendwo
Wenn man von Egilsstaðir über die Straße 94 nach Norden fährt, kommt man, irgendwo im Nirgendwo auf halbem Weg ans Ende der Welt, an dieser teilweise nicht asphaltierten Straße, an einem kleinen grünen Kasten vorbei - das ist der Coke-Sjálfsali, der Cola-Automaten von Kristinn G. Kristmundsson.
Kristinn, den alle nur Kiddi nennen, ist auf seine Art eigentlich ein typischer Isländer - er ist gelernter Zimmermann, aber er hat u.a. schon als DJ gearbeitet, eine Videothek in seinem Elternhaus betrieben, er fertigt Särge und näht die Kissen und Decken für die Verstorbenen, außerdem putzt er im Altersheim in Egilsstaðir.
Und irgendwann hatte er die Idee, an der Straße von Egilsstaðir nach Bakkagerði am Borgarfjörður eystri einen Selbstbedienungs-Automaten aufzustellen. Das Land gehört sowieso Kiddis Bruder. (Wenn man weiß, dass der Borgarfjörður eystri eine der abgelegensten Ecken Islands ist, und in Bakkagerði gerade mal knapp 80 Leute wohnen, fragt man sich schon, wie viel Kundschaft hier wohl so vorbei kommt - abgesehen von den in- und ausländischen Touristen im Sommer.)
Irgendwo im Nirgendwo an der 94 |
Den Selbstbedienungs-Automaten betreibt Kiddi hier autark - es gibt ein Solarpaneel für gutes Wetter und eine kleine Windmaschine, damit kann er seine Batterie aufladen, die dann wieder auf Knopfdruck seinen Verkaufsautomaten im Innern des kleinen grünen Häuschen antreibt. Neben dem Automaten gibt es übrigens noch eine kleine, einigermaßen windgeschützte knatschgelbe Sitzgruppe für die Gäste. Sogar mit Blumentopf.
Kiddi erklärt uns stolz den Gebrauch seines Automaten:
Erst muss man einen Schalter betätigen, um den Automaten wieder in Gang zu setzen. Dann sucht man sich aus, was man haben will, gibt die entsprechende Nummer ein und wirft das Geld in den Schlitz - und dann fällt die ausgewählte Ware auch schon ins Fach.
Die Auswahl ist überschaubar, es gibt - natürlich - Cola, einige andere Getränke und Süßigkeiten. Mein Mann und ich suchen uns ein "Prins Póló" aus (nachdem wir am Vortrag noch den isländischen Sänger "Prins Póló" getroffen hatten). Unser 8-jähriger Sohn entscheidet sich für eine Capri-Sonne - die kennt er immerhin, da kann er sogar lesen, was drauf steht. Er freut sich.
Neben Getränken und Süßigkeiten kann man bei Kiddi auch noch Klebetattoos kaufen - mit mächtigen Herzen und Blümchen für die Mädchen, erklärt uns Kiddi, und wilden Totenköpfen für die Jungen. Immerhin, ein Totenkopf-Klebetattoo möchte unser Sohn doch nicht haben!
An der Wand neben der Eingangstür hängt alles voller Klebezettel mit fröhlichen Nachrichten, Kommentaren, Grüßen und teilweise auch Beschwerden, wenn der Automat doch mal nicht so richtig funktionierte.
Zum Abschluss macht mein Mann noch ein Foto von Kiddi und mir, extra für meinen Blog. Es hat Spaß gemacht, sich mit Kiddi zu unterhalten, wir radebrechen fröhlich zwischen Englisch und Isländisch und seine Freude und Begeisterung sind einfach ansteckend. Unser Sohn findet, er hätte noch nie einen so fröhlichen Mann kennen gelernt.
Ein bisschen surreal ist es ja schon, dieses kleine grüne Automaten-Häuschen irgendwo im Nirgendwo im einsamen Ostisland, und auch Kiddi ist eindeutig ein Original. Ich habe mich gefreut, die beiden kennen lernen zu können!